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Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Titel: Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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zu verbringen …“ Er streckte sich, seufzte und starrte hinauf zu den Balken. „Wird es einfacher?“
    Die Lüge lag ihr auf der Zunge, bereit, seine Ängste zu lindern. „Es wird noch schwerer.“
    „Dachte ich mir.“ Er presste die Lippen aufeinander, entspannte sich aber, als er sie ansah. „Danke für deine Ehrlichkeit. Du bist die Erste.“
    „Ich mag keine Geheimnisse. Und du brauchst die Wahrheit, um deine Entscheidung wegen der Weihung treffen zu können.“
    „Ich habe mich bereits entschieden, es nicht zu tun.“ Erneut wandte er sich der gescheckten Stute zu und fuhr damit fort, sie gründlich zu bürsten. „Fürs Erste.“

12. KAPITEL
    A lanka öffnete das kleine quadratische Fenster, machte sich auf die bitterkalte Luft gefasst und wartete darauf, dass Damen auftauchte.
    In den meisten Nächten, in denen es nicht schneite, rauchte er seine Pfeife auf der Brücke zwischen ihrem Haus und dem von Coranna. Zuerst hatte Alankas empfindliche Nase den beißenden Duft als störend empfunden, aber während des letzten Monats hatte sie das volle Aroma der brennenden Blätter schätzen gelernt.
    Normalerweise ließ sie ihn in diesen Augenblicken in Ruhe. Sein Blick schien dann nach innen gerichtet, so als würde Damen sich in ein fernes eigenes Reich zurückziehen. Vielleicht dachte er an die Familie, die er zurückgelassen hatte und von der sie nur wenig wusste. Er hatte Eltern und eine Schwester in Velekos, und die Mutter seines Kindes war nicht einmal seine Partnerin, schon gar nicht seine Frau.
    Auch wenn Alanka oft mit Damen und Coranna zusammen aß, hatte sie seit seiner Ankunft nicht einen Augenblick mit ihm allein verbracht. Die Gespräche am Esstisch hätten persönlicher werden können, aber trotz seiner freundlichen Art schien Damen etwas an sich zu haben, das ihn unerreichbar erscheinen ließ.
    In dieser Nacht wollte Alanka diese Grenze überschreiten, selbst wenn sie sich dabei die Finger verbrannte. Es war zu lange her, seit sie für einen Mann etwas anderes als Gleichgültigkeit empfunden hatte. Wenn sie sich mit Damen verbunden fühlte, dann würde sie sich selbst vielleicht auch wieder normaler vorkommen. Sie löste den Zopf und bürstete sich das Haar, bis es glänzte.
    Damen kam auf die Veranda. Er schüttelte den schweren Schnee von einem Pinienzweig, der über der Seilbrücke hing, und trat dann bis in ihre Mitte. Fröstelnd zog er sich den Mantel aus Bisamfell enger um die Brust. Seine Pfeife war bereits angezündet, und er lehnte sich zum Rauchen gegen die Brüstung.
    Das Mondlicht, hinter den Bäumen verborgen und doch in der Schneedecke gespiegelt, erhellte Damens Gesichtszüge. Genüsslich sog er den Rauch seiner Pfeife ein, schloss die Augen und entspannte sich.
    Alanka zögerte. Wahrscheinlich sollte sie ihn in Ruhe lassen und sich selbst gleich mit, wenn sie schon dabei war.
    Sie schloss das Fenster und öffnete die Tür.
    Damen zuckte zusammen, als er den Riegel klicken hörte, und schenkte ihr dann ein ehrliches, wenn auch zerstreutes Lächeln. „Alanka, hallo. Ich hatte dich nicht gleich gehört.“
    „Wolfgabe. Ich wollte dich nicht erschrecken.“
    „Ich war in einer anderen Welt, tief in Gedanken versunken.“ Er betrachtete sie mit zur Seite geneigtem Kopf. „Ist dir nicht kalt?“
    „Ich bin an das Wetter hier gewöhnt.“ Sie trat auf ihn zu und versuchte trotz des Windes, der durch ihr knielanges ärmelloses Unterkleid fuhr, nicht mit den Zähnen zu klappern.
    Er wischte eine dünne Schneeschicht vom Geländer der Brücke. „In Velekos schneit es bloß alle zwei oder drei Jahre einmal.“
    „Im Sommer muss es aber heiß sein.“
    „Vom Meer her weht immer eine Brise, deshalb ist es erträglich. Tiros ist am schlimmsten. Brennend heiß im Sommer, eiskalt im Winter. Nichts zu sehen außer Staub und Vieh. Ich weiß nicht, wieso irgendwer dort leben will.“
    Seine Sprache hatte sich der abgehackteren Art der Kalindonier angepasst, und sie fragte sich, ob er das absichtlich tat. Krähen konnten sich alle sehr gut anpassen. „Ich bin noch nie in Tiros oder Velekos gewesen. Ich habe mein Zuhause bis zur Schlacht in Asermos nie verlassen.“
    Er zog an seiner Pfeife und betrachtete ihr Gesicht. „Du hast gekämpft, nicht wahr?“
    Sie nickte und blinzelte gegen den Wind, der ihr Tränen in die Augen getrieben hatte.
    „Wie war das so?“, fragte er auf seine typisch untertriebene Art.
    „Schlimm.“ Sie starrte auf den Boden.
    Damen trat von einem Fuß auf den

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