Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)
dass du nicht eifersüchtig bist, weil wir immer noch Freunde sind.“
„Die Hochzeit und deine Schwangerschaft zeigen deutlich, wen von uns du gewählt hast.“
Sie wand sich und seufzte, und erst dachte er, das Gespräch wäre ihr unangenehm, aber dann wurde ihr Atem schnell und unregelmäßig.
„Was ist los?“, fragte er.
Rhia blieb einen langen Augenblick regungslos. „Mein Rücken.“
„Ich weiß.“ Erneut versuchte er die Muskeln zu lockern. „Kein Wunder, dass du so verspannt bist, wenn du den ganzen Tag nur daliegst …“
„Das ist es nicht.“ Sie klang angespannt. „Es ist ein anderer Schmerz.“ Schnell legte sie eine Hand auf den Unterleib und atmete scharf durch die Zähne ein. „Marek, ich glaube, das Kind kommt.“
Er erstarrte. „Nein. Nein, es kann noch nicht kommen. Es ist zu früh. Vielleicht sind das noch mehr Vorwehen.“
„Ich habe doch gesagt, es ist anders.“
Sein Kopf wurde mit einem Schlag leer. „Was sollen wir machen?“
„Geh nach nebenan und hol Zelia. Sie schickt jemanden, der Silina holt.“
„Richtig. Natürlich. Zelia.“ Er warf die Decke zurück und sprang aus dem Bett – nur leider nicht in der Reihenfolge. Seine Füße verfingen sich in den Laken, und er fiel mit dem Gesicht zuerst auf den Boden. „Aua!“
Rhia lachte schallend. „Ich wünschte, das hätte ich sehen können.“
„Das ist nicht lustig.“ Er befreite die Füße von der Decke und griff nach seinen Stiefeln. „Warum machst du dir keine Sorgen?“
„Das würde alles nur schlimmer machen. Außerdem habe ich dafür ja dich.“
Er stieß einen Fluch aus, der auch für ihn selbst keinen Sinn ergab, und rannte aus dem Haus.
Seine Knöchel waren vom Klopfen schon ganz wund, als Zelia endlich an die Tür des Krankenhauses kam. „Das Kind kommt“, brüllte er.
Schläfrig runzelte die Otterfrau die Stirn. „Bist du sicher?“
„Rhia ist sich sicher. Aber ist es nicht zu früh? Er hat sich noch nicht gedreht.“
„Vielleicht können wir die Wehen noch aufhalten. Ich bringe ihr Schneeballtee. In der Zwischenzeit soll sie auf der linken Seite liegen bleiben, und du versuchst sie zu beruhigen.“ Er wirbelte herum, um gleich zu Rhia zurückzurennen, als Zelia seinen Arm mit erstaunlich festem Griff umfasste. „Beruhige du dich auch“, sagte die Heilerin. „Auch wenn sie in den Wehen liegt, dauert es noch Stunden, wenn nicht Tage, bis das Kind kommt. Verschwende keine Kraft auf Sorgen.“
Marek wusste, dass er nicht gehorchen konnte.
Als er ihr Haus betrat, hatte Rhia die Lampe auf dem Tisch angezündet und ging, mit der Hand an der gegenüberliegenden Wand abgestützt, auf und ab.
„Nein!“ Er rannte auf sie zu und stützte sie, auch wenn ihre Beine kräftig schienen. „Du solltest im Bett bleiben. Zelia hat gesagt, wir können die Wehen vielleicht aufhalten. Sie brüht dir Schneeball auf.“
„Ich kann Schneeball nicht mehr sehen. Er schmeckt nach Borke.“
„Das liegt daran, dass es Borke ist.“
Sie nahm seinen Arm und brachte ihn dazu, ihr in die grünen Augen zu sehen. „Wenn ich der Meinung wäre, dass die Möglichkeit besteht, noch etwas aufzuhalten, würde ich. Aber ichspüre, dass es zu spät ist.“ Sie lächelte. „Lernen wir unseren Sohn kennen.“
Er atmete tief und rasselnd ein, schloss die Augen und lehnte die Stirn an ihre. Ich bin nicht bereit, dachte er. „Lernen wir ihn kennen.“
Mehrere Stunden vergingen, ohne dass etwas passierte. Als die Wehen immer regelmäßiger kamen, zog Rhia in eines der Zimmer im Krankenhaus, in dem es ein halb aufrechtes Bett für die Geburt gab, auf dem sie jetzt saß, um sich von Silina untersuchen zu lassen. Trotz des Befehls der Heilerin, dass er seine Kräfte sparen sollte, ging Marek unruhig auf und ab.
„Mach du dir keine Sorgen.“ Die Schildkrötenfrau legte einen fülligen Arm um Rhias Schultern. „Ich habe schon alles gesehen, und meine Kraft ist stärker als damals, als ich mit deiner Mutter zusammengearbeitet habe.“
Mareks Schultern entspannten sich etwas. Genau wie Zelia war Silina im letzten Jahr Großmutter geworden und damit in ihre dritte Phase eingetreten. Im Gegensatz zu Zelia strahlte Silina reine Weichheit und Trost aus. Mit diesen zwei Heilerinnen hatte Rhia in Asermos Zugriff auf viel bessere Pflege, als es in Kalindos der Fall gewesen wäre. Dennoch wurde Marek von Erinnerungen an die Vergangenheit geplagt.
Es klopfte an der Tür, und er war froh über die Ablenkung. Sie öffnete sich
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