Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)
Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“
„Wie lautet der Plan?“, fragte sie.
„Ich denke, sie wollen die Fähigkeiten unseres Volkes erforschen.“ Galen trat an den Herd und goss drei Becher dampfenden Chicorée-Aufguss ein. „Wenn Filip Magie erlangen konnte, dann halten sich die Geister vielleicht an einem Ort auf, nicht in einer Person, und das würde bedeuten, dass unser Volk in ihrem Land vielleicht seine Gaben verliert. Wenn dem so ist, müssen die Nachfahren sich fragen, was geschieht, wenn einer von uns sein ganzes Leben in Ilios verbringt.“
„Sie benutzen unsere Säuglinge, um Experimente zu veranstalten?“ Sie erschauerte.
Galen legte Rhia eine Hand auf die Schulter. „Das bedeutet, er schwebt nicht in unmittelbarer Gefahr, und damit gewinnen wir Zeit.“
Sie nahm einen Becher Chicorée und war Galen dankbar dafür, weil er verstand, dass sie etwas brauchte, um sich wachzuhalten,nicht zur Beruhigung. „Alanka hat gesagt, das Boot, das sie gesehen hat, war klein, wahrscheinlich nicht seetüchtig. Also müssen die Entführer in Velekos anlegen und auf ein anderes Schiff umsteigen.“
„Und wenn sie nachts anlegen“, fügte Galen hinzu, „kann Marek sich und Nilik unsichtbar machen, was ihm bei der Flucht behilflich sein wird.“
Rhia dachte an die anderen zwei asermonischen Kinder an Bord. Würde er sie zurücklassen, nur um sich und ihren Sohn zu retten? Sie bat die Geister um Vergebung, weil sie hoffte, dass es so war.
„Wenn die Velekonier sie nicht aufhalten“, sagte sie, „gehe ich selbst nach Leukos.“
Abwehrend hob Galen die Hand. „Wir schicken andere. Du bist unsere einzige Krähe.“
„Ich bin auch Niliks einzige Mutter und Mareks einzige Frau. Ich gehe.“
„Du hast auf diesem Gebiet keinerlei Erfahrung.“
„Du auch nicht, aber du würdest gehen, wenn sie deinen Sohn genommen hätten.“
Während Galen und Rhia miteinander diskutierten, starrte Arcas gedankenverloren durch die Wand, während seine breite Hand die gespitzte Kohle über das Pergament führte. In seiner Größe, seiner Dunkelheit und seiner breiten Statur trug er noch immer den Schatten des Bärengeistes, den er sein Leben lang gewollt hatte, den Geist, der nicht bei seiner Weihung erschienen war.
Galen räusperte sich. „Ich kann dich nicht davon abhalten, zu versuchen, deine Familie zu retten. Aber nimm dir Unterstützung mit. Ich zweifle nicht daran, dass dir viele Asermonier ihre Hilfe anbieten werden.“
Sie wusste, dass diese Hilfe nichts mit bloßer Freundlichkeit zu tun hatte. „Weil sie denken, Nilik ist das Rabenkind.“
„Könnte sein.“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich nehme die mit, von denen ich weiß, dass sie helfen wollen, weil sie uns gernhaben und nichtwegen irgendeiner Prophezeiung. So bin ich mir sicher, dass sie der Sache gewachsen sind.“
„Dennoch werde ich dafür sorgen, dass die Velekonier wissen, wie wichtig das Kind ist, das sie morgen Nacht retten werden.“
„Wie ist es hiermit?“
Sie drehten sich um und sahen, dass Arcas aus seiner Spinnentrance erwacht war und ein Stück Pergament hochhielt. Rhia nahm es an sich und wollte weinen. Es zeigte das perfekte Abbild von Mareks Gesicht.
„Wie hast du das gemacht?“, fragte sie.
Arcas zuckte mit den Schultern. „Ich kenne das Gesicht sehr gut. Ich habe viele Nächte damit verbracht, über ihn nachzudenken und mir zu erklären, wieso du es diesem vorziehst.“ Er deutete mit den Fingerspitzen auf sein eigenes Gesicht und schenkte ihr dann ein grimmiges Lächeln. „Tut mir leid. Jetzt ist nicht die Zeit für Scherze.“
Galen betrachtete das Bild über Rhias Schulter hinweg. „Schaffst du vor Sonnenaufgang noch drei weitere?“, fragte er seinen Sohn. „Ich möchte alle vier Tauben schicken, um sicherzugehen, dass die Nachricht ankommt.“
„Ich tue mein Bestes.“ Arcas griff nach einem Messer, um seinen Kohlestab anzuspitzen. „Ich wünschte, ich wäre Nilik mehr als einmal begegnet, um auch sein Bild zeichnen zu können. Für mich sehen alle Säuglinge gleich aus.“
„Die Nachfahren können die Kinder einfacher verstecken als Marek“, sagte Galen. „Die Velekonier werden nach einem Schiff Ausschau halten, auf dem er sich befindet.“
Als Arcas in eine weitere Trance gefallen war, flüsterte Rhia Galen zu: „Woher wussten die Nachfahren, wo die Neugeborenen zu finden waren? Es muss einen Spion in unseren Reihen geben.“
„Das stimmt. Und ich habe vor, diesen Spion zu finden.“ Galen nahm die
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