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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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Vergrößerungsglas auf den Block.
    »Issac Brachman ist ein Kollege meines Vaters, er ist Rabbi in einer Chicagoer Synagoge –«
    »Und ein Sohar-Gelehrter?«
    »Einer der kundigsten. Kann sein, daß ich ihn auf dem Schiff schon einmal erwähnt habe, wenn auch nicht namentlich: Wir haben das Tikkunei Sohar, die Ergänzung zum Buch Sohar, für ihn und seine Studien erworben. Rabbi Brachman war Hauptveranstalter beim Parlament der Religionen im Rahmen der Columbianischen Ausstellung letztes Jahr in Chicago.«
    »Hat Ihr Vater an diesem Kongreß teilgenommen?« fragte Doyle.
    »Ja. Jede größere Religion der Welt war vertreten –« »Wann haben Sie zuletzt mit Rabbi Brachman gesprochen?«
    »Das weiß ich nicht mehr. Vor ein paar Wochen – jedenfalls vor meiner Abreise nach London.«
    »Sie müssen ihm auf der Stelle ein Telegramm schicken«, sagte Doyle.
    »Warum?«
    »Doyle vermutet, daß Ihr Vater vielleicht nach Chicago gefahren ist, um Rabbi Brachman zu besuchen«, sagte Sparks und tauchte aus seinem Nebel auf.
    »Ja, natürlich, das wäre möglich, nicht wahr?« Stern war plötzlich voller Hoffnung.
    Und einer Reihe von anderen Alternativen vorzuziehen, dachte Doyle.
    »Haben Sie das andere Buch, nach dem ich gefragt habe?« wollte Sparks wissen.
    »Ja, es ist hier«, sagte Stern. Er nahm ein Buch aus dem Schrank, das dem Gerona Sohar in Größe und Aufmachung glich, und legte es neben das Original auf den Tisch. »Eine Kopie des Sohar, fast nicht zu unterscheiden. Aber das hier ist eine ziemlich neue Nachahmung. Nur ein Gelehrter könnte sie auseinanderhalten.«
    »Vielleicht wollt ihr euch das hier mal anschauen«, sagte Innes, der vom Tisch zum Fenster spaziert war.
    »Was ist denn, Innes?« fragte Doyle.
    »Bin nicht sicher. Aber zwanzig sind es mindestens.«
    Im nächsten Augenblick standen sie zu viert am Fenster und schauten auf die Straße hinunter.
    Unten hatten sich die beiden Ganoven verzehnfacht, und ein weiteres Dutzend strömte die Straße herauf, um sich ihnen anzuschließen.
    »Straßenbande«, sagte Sparks.
    Einer aus der Meute blickte nach oben, sah die Umrisse der vier Männer im Fenster, zeigte auf sie und stieß einen scharfen Pfiff aus.
    Auf dieses Signal hin stürmte die Bande über die Straße auf die Tür des Hauses zu.
     
7
     
    Die Jagd nach dem mörderischen Chinamann nahm einen kläglichen Anfang und ging dann rasch bergab. Die Aufseher, die man aus dem Territorialgefängnis in Yuma herbeigerufen hatte, erzählten jedem, der es hören wollte, daß sie sich sehr viel besser auf den Umgang mit Verbrechern verständen, die bereits hinter Gittern seien und eine zuverlässige Neigung zeigten, an Ort und Stelle zu verbleiben; was sie über die Verfolgung Flüchtiger wüßten, könne man auf die Rückseite einer Briefmarke drucken. Auch seien sie nicht gerade in glänzendster Form, wenn der Befehl, in aller Hast zum Rangiergelände hinunterzustürmen, um fünf Uhr morgens käme, da die meisten von ihnen sich bis zwei Uhr früh bewußtlos gesoffen hatten.
    Die Eisenbahnbullen und die Pinkerton-Agenten, die das Eisenbahn-Massaker von Yuma – unter dieser Überschrift wurde es, der Natur des Journalismus im Westen entsprechend, unweigerlich bekannt – überlebt hatten, waren derart verzehrt von Schmerz, Schreck oder blinder Wut, daß die Aufgabe, aus ihnen eine zusammenhängende Milizeinheit zu bilden, die Möglichkeiten jedes Offiziers überstiegen hätte, der weniger Durchsetzungskraft besaß als Robert E. Lee. Ein Mann aber, den niemand jemals mit diesen Worten zu beschreiben versucht hätte, war Sheriff Tommy Butterfield.
    Sheriff Tommy war der höchste lokale Gesetzeshüter, der an diesem Morgen auf dem Schauplatz erschien. Die ersten zehn Minuten, nachdem er das Schlachtfeld zu Gesicht bekommen hatte, verbrachte er mit Kotzen, und die nächsten fünfzehn Minuten wanderte er benommen umher. Nicht, daß Tommy die Verwirrung, die im Lager tobte, noch vergrößert hätte, aber in einem Augenblick, wo diese Leute dringend einen Führer nötig hatten, der sie zusammentrommelte, ließ Tommy mit seiner Passivität zu, daß der Bürgerwehrimpuls unkontrolliert aus dem Ruder lief und ein Dutzend untereinander zerstrittener Splittergruppen entstehen ließ, von denen jede ihre eigenen Vorstellungen davon hatte, wie dieser Killer zu finden sei.
    Tommy war auf friedlicher Grundlage zum Sheriff gewählt worden – das Territorium strebte Staatsstatus an und war bemüht, sein Image zu säubern, um

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