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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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wieder ins Regal zurückzustellen, wenn er sie benutzt hat, wie Sie sehen können.«
    Stern deutete mit weiter Geste auf Tische, Stühle und Stapel in dem niedrigen Kellerzimmer. Jeder Quadratzoll war von Büchern bedeckt. Doyle, ebenfalls ein hingebungsvoller Bibliophile, hatte noch nie eine so vielfältige und neiderweckende Sammlung gesehen.
    »Sein Katalogsystem ist, um es zurückhaltend auszudrücken, ein bißchen archaisch, und wenn er sich in seinen Nachforschungen verliert … nun, einmal hat er seine Bücher so hoch aufgetürmt, daß er nicht mehr zur Tür konnte. Er mußte ans Fenster klopfen und einen Passanten auf sich aufmerksam machen, damit er kam und ihn herausließ.« Stern deutete auf das Fenster, das nach oben zu einer Straße der Lower East Side hinausging, und schüttelte den Kopf in zärtlicher Erinnerung. »Als Vaters Assistent letzte Woche kam und ihn nicht antraf, hat ihn das nicht weiter beunruhigt – Vater hatte schon öfter Verabredungen versäumt, ohne Erklärungen abzugeben. Aber als er gestern wiederkam und den Raum genauso vorfand wie in der Woche zuvor, da sah die Sache schon anders aus.«
    Er liebt seinen Vater sehr, trotz aller Meinungsverschiedenheiten, dachte Doyle. Er versucht, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr die Abwesenheit seines Vaters ihn schmerzt.
    »Ist er schon öfter so verschwunden?« fragte Doyle.
    »Für einen Tag vielleicht, aber nie länger. Einmal ist er spazierengegangen und hat versucht, sich über irgendeinen biblischen Widerspruch klarzuwerden – er geht gern spazieren, wenn er nachdenken muß; das hält das Blut im Gehirn in Bewegung, sagt er –, und er hat ihn auch aufgeklärt, aber da war es bereits dunkel geworden, und er befand sich mitten im Botanischen Garten in der Bronx.«
    »Gibt es keine Freunde oder Verwandten, die er vielleicht besucht?«
    »Ich bin alles, was er an Familie hat. Mutter ist vor fünf Jahren gestorben. Es gibt andere Rabbis, die er kennt, Gelehrte, Kollegen – die meisten wohnen in der Nachbarschaft. Ich habe mit ihnen gesprochen; keiner weiß etwas. Soweit ich weiß, ist er noch nie aus New York City herausgekommen.«
    Innes tat einen Schritt nach vorn und wollte ein eigentümliches ledergebundenes Manuskript mit einer Inschrift, die ihm ins Auge gefallen war, in die Hand nehmen.
    »Nicht anfassen«, sagte Sparks scharf.
    Innes fuhr zurück, als hätte er sich die Hand an der Herdplatte verbrannt.
    »Fassen Sie nichts an. Die Antwort ist irgendwo hier im Zimmer.« Sparks ging langsam zwischen den Bücherregalen umher; sein Blick wanderte methodisch von einem Detail zum anderen und sammelte Informationen. Doyle beobachtete ihn aufmerksam bei der Arbeit; das wenigstens schien an ihm unverändert geblieben zu sein.
    »Wann haben Sie zuletzt von Ihrem Vater gehört?« fragte Doyle.
    »Er hat mir ein Kabel geschickt, bevor Rupert und ich London verließen. Vor zehn Tagen. Eine Routinemitteilung; er erkundigte sich nach unserer Ankunftszeit und nach Dingen, die mit dem Erwerb und dem Transport des Sohar zu tun hatten.«
    »Und Sie haben geantwortet?« »Ja.«
    »Gab es in Ihrer Antwort irgend etwas, das ihn hätte veranlassen können, fortzugehen?«
    »Ich wüßte nicht, was. Ich hatte ihm schon in der Woche davor ein identisches Kabel geschickt und alle Fragen beantwortet, die er mir da stellte. Er hatte es wahrscheinlich verloren. Das, was er ›die Buchhaltung‹ des Lebens nennt, im Kopf zu behalten, ist nicht eben seine Stärke – Sie wissen schon: Eingänge und Ausgänge. Rechnungen bezahlen. Das alles fällt größtenteils mir zu.«
    Sparks holte eine lange Pinzette aus der Rocktasche und zog damit ein gelbes Blatt Papier heraus, das einen Viertelzoll unter einem Stapel Bücher auf dem Tisch hervorragte.
    »Hier ist Ihr erstes Telegramm«, sagte er. »Ungeöffnet,
    ungelesen.«
    »Sehen Sie, was ich meine?« sagte Stern. »Wenn mein Vater im irischen Lotto gewänne, könnte der Scheck hier für zwanzig Jahre untergehen.«
    »Aber es ist eine überaus eindrucksvolle theologische Bibliothek«, stellte Doyle fest und ging zwischen den Bücherbergen hindurch. »Nie habe ich eine solche Anhäufung von seltenen Büchern in einer Privatsammlung gesehen -Quartbände, Folianten, Erstausgaben.«
    »Müssen ein Vermögen wert sein«, meinte Innes – eine der wenigen Bemerkungen, für die er in Sparks’ Anwesenheit bisher genügend Selbstvertrauen aufgebracht hatte.
    »Alles, was so im Laufe der Jahre an kleinen Geldsummen durch

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