Im Zeichen der Sechs
auf die Station zu, schob sich Zoll für Zoll hinter einem niedrigen Stapel Baumwollballen voran. Kanazuchi behielt den geschäftigen Bahnhof im Auge; wenn er am Gewimmel der Reisenden vorbeischaute, sah er das Büro der Santa Fe, Prescott and Phoenix Railway, sein ursprüngliches Ziel. Aber sein Plan mußte vorläufig aufgeschoben werden, bis die Jagd auf ihn erlahmt war und er sich eine neue Identität geschaffen hatte.
Fünfzig Schritte weiter rechts waren Arbeiter dabei, die mit Planen bedeckte Ladung aus einem gedeckten Waggon auf Karren zu wuchten, die sie dann zu einem kleineren Zug auf einem benachbarten Gleis zogen. Ein großer, fetter Mann mit einer Feder am Hut stolzierte umher, aufgeplustert und geschäftig wie ein Gockel; er zeigte hierhin und dorthin und quäkte mit lauter Stimme, aber die Arbeiter hörten ihm nicht einmal zu.
Ein Schiffskoffer kippte von einem der Karren und öffnete sich beim Aufprall: fest gepackte Stapel von Männer- und Frauenkleidern, schwere Brokatmäntel, Haufen von Schuhen. Der Mann mit dem Federhut erhob sich auf die Zehenspitzen und beschimpfte den Schuldigen gnadenlos; der Arbeiter beachtete ihn nicht und schaufelte die Kleider achtlos in den Koffer zurück. Der Mann mit dem Hut zerrte sie wieder heraus und warf sie auf die Erde; dann forderte er den Arbeiter auf, die Sachen ordentlich zusammenzufalten, bevor er sie wieder einpackte. »Hey«
Kanazuchi wirbelte nach links: Ein Mann war hinter ihm herangekommen und stand zwei Schritt hinter ihm. Er trug eine blaue Uniform mit Mütze und ein Abzeichen vorn auf dem Rock. Einen endlosen Augenblick lang starrten sie einander an. Dann sah Kanazuchi, wie ein Ausdruck von Angst über die groben Gesichtszüge des Mannes kam; bevor er reagieren konnte, hatte der Mann eine Pfeife an den Mund gehoben und einen schrillen, durchdringenden Pfiff ausgestoßen. Mit der anderen Hand griff er nach dem Revolver im Halfter an seiner Hüfte, als Kanazuchi ihm das Genick brach und die Leiche hinter die Baumwollballen schleifte.
Vielleicht hat es niemand gesehen.
Doch: Zwei Männer in der blauen Uniform hatten den Pfiff gehört und kamen aus dem Bahnhof. Auf dem Bahnsteig deuteten Fahrgäste zu den Baumwollballen herüber. Die beiden Männer stießen ebenfalls in ihre Pfeifen, zogen ihre Revolver und kamen auf Kanazuchi zugerannt, der noch über dem toten Wachmann kauerte.
Neben seinem Kopf bohrte sich eine Kugel mit trockenem Klatschen in die Baumwolle. Zur Linken sah Kanazuchi einen dritten Wachmann, der mit gezückter Pistole das Gleis herunter auf ihn zurannte.
Die ganze Nacht hindurch, wenn sie nicht gerade selbst kurz und unruhig träumte, saß Eileen mit zurückgelehntem Kopf da und betrachtete Jacob Stern, während er schlief. Seine Augen bewegten sich hinter papiernen Lidern rasch hin und her, seine Stirn war gefurcht, und seine Lippen zuckten; zuweilen begleiteten leise Laute der Bedrängnis sein flaches Atmen. Sie weckte ihn nicht, aber die Widersinnigkeit dieses Anblicks beunruhigte sie; im Schlaf schien ihn mehr zu plagen als im Wachzustand.
Ein schräger Strahl der Morgensonne berührte ihr Gesicht; sie erwachte aus einem Traum und merkte, daß das Schaukeln des Wagens aufgehört hatte. Sie öffnete die Augen, und Jacob begrüßte sie mit warmherzigem Lächeln und funkelnden Augen, die sie gütig betrachteten.
»Sind wir da?« fragte sie.
»Wo immer wir sein mögen, es scheint, daß wir angekommen sind«, antwortete er.
»Frisch auf! Frisch auf, Freunde!« Bendigo Rymer schritt durch den Wagen und weckte seine Schauspieler, die stöhnend protestierten. »Dem mystischen Phoenix gleich, dessen Name diese schöne Stadt ziert, müssen wir uns erheben aus der Asche des todgleichen Schlummers und uns neu erschaffen nach dem Ebenbild eines neuen Tages!«
»Verpiß dich!« knurrte jemand.
Bendigo tat, als höre er ihre Beleidigungen nicht, verließ aber den poetischen Ansatz zugunsten einer geradlinigeren Argumentationsreihe. »Wir müssen einen anderen Zug erwischen, Ladys und Gents, und wenn Sie vorhaben, heute morgen Ihre Gagen zu kassieren, werden Sie Ihre Hinterteile unverzüglich von diesen Sitzen erheben und sie zusammen mit Ihrem Gepäck in den Bahnhof hinaustragen.«
Finanziellen Argumenten stets schutzlos ausgeliefert, setzten die Schauspieler sich murrend in Bewegung. Als Eileen von ihrem Platz aus nach oben blinzelte, sah sie zwei enorme Fasanenfedern, die wippend im Gang auf und ab wanderten. Er hat sich wieder
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