Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
tatsächlich in einem erstaunlich guten Zustand, besser als diejenigen, auf denen sie ausgebildet worden waren. Das kam den zurückgekehrten Soldaten gleichzeitig seltsam und selbstverständlich vor, denn die Rote Armee hatte schon zu ihrer Zeit wenig Logisches an sich gehabt. Die meisten dachten gern an ihren Wehrdienst zurück, aus den üblichen Gründen: die Möglichkeit, zu reisen und einmal etwas anderes zu sehen, die Kameradschaft mit Männern ihres Alters, jene Zeit, in der man Neues und Aufregendes ausprobierte. Das miserable Essen, die schlechte Bezahlung und den anstrengenden Dienst hatten sie weitgehend vergessen, obwohl der Anblick des rollenden Materials ihnen einige Geräusche und Gerüche der Vergangenheit wieder ins Gedächtnis rief. Die Panzer hatten alle innen liegende Treibstofftanks, aber an den Hecks waren zusätzlich Öltonnen mit Sprit angebracht, die die Männer bei dem Gedanken an das Schlachtfeld hatten schaudern lassen. Ein paar gezielte Schüsse konnten jeden Panzer in eine Feuersäule verwandeln, also sah man zu, dass man diesen Treibstoff zuerst verbrauchte, damit man die verdammten Tonnen abwerfen konnte, sobald es richtig losging.
Wer auf den Anlasserknopf der Panzer drückte, erlebte die angenehmste Überraschung. Man musste lediglich ein paar Sekunden lang warten, bis das wohlvertraute Brummen ertönte. Das Klima in der Höhle war für diese zwar alten, aber im Grunde unbenutzten Panzer gut gewesen. Sie sahen brandneu aus, wie frisch vom Montageband der riesigen Fabrik in Nishnij Tagil, die jahrzehntelang die Waffenschmiede der Roten Armee gewesen war. Etwas allerdings hatte sich doch verändert: Alle konnten sehen, dass der rote Stern auf der Frontplatte durch eine viel zu auffällige Version der neuen, weiß-blau-roten Flagge ersetzt worden war. Wie eine Zielscheibe , dachten sie. Schließlich mussten sich die Panzermänner von den Fahrzeugen losreißen, denn die jungen Reserveoffiziere, die ein wenig beunruhigt wirkten, riefen sie zum Appell zusammen. Dann wurden Reden gehalten, und die Reservisten erfuhren, worum es ging.
»Die ist aber verdammt hübsch«, sagte der FSS-Offizier und stieg in den Wagen. Sie waren dem zu beschattenden Mann wieder einmal zu einem Edelrestaurant gefolgt, wo er allein gespeist hatte, dann in die Bar gegangen war und innerhalb von fünf Minuten eine Frau ins Visier genommen hatte, die auch allein war und in ihrem schwarzen Kleid mit roten Streifen (das anscheinend den Stil eines italienischen Modeschöpfers kopierte) wunderschön aussah. Und nun befand sich Suworow /Koniew auf dem Rückweg zu seiner Wohnung, mit insgesamt sechs Wagen auf den Fersen, von denen drei einen Knopf auf dem Armaturenbrett hatten, mit dem man nachts die Einstellung des Fahrlichts verändern konnte. Der Polizist in einem dieser Autos fand, dass dies ein besonders raffiniertes Ausstattungsmerkmal war.
Suworow fuhr ganz gemächlich. Er hatte es nicht nötig, durch Raserei seinen Mut unter Beweis zu stellen. Stattdessen blendet er das Mädchen durch sein Auftreten als Mann von Welt , dachten die Ermittler. Der Wagen bog langsam um eine Ecke, rollte eine Straße mit alten, schmiedeeisernen Laternen hinunter und wechselte dann die Richtung, zwar nicht abrupt, aber unerwartet.
»Mist, er fährt zum Park«, fluchte der leitende FSS-Offizier und griff nach seinem Funkgerät, damit alle es hörten. »Er muss irgendwo ein Signal entdeckt haben.«
Und so war es auch, doch zuerst setzte Suworow/Koniew eine sehr enttäuscht wirkende Frau am Straßenrand ab, die als Trost ein paar Scheine in der Hand hielt. Einer der FSS-Wagen fiel zurück, um sie aufzusammeln und zu befragen, während die anderen die Verfolgung fortsetzten. Fünf Minuten später geschah es. Suworow/Koniew stellte sein Auto neben dem Park ab und schlenderte über den dunkler werdenden Rasen zur anderen Seite hinüber. Dabei blickte er mal hierhin, mal dorthin und bemerkte nicht, dass fünf Wagen den Park ständig umkreisten.
»Da! Er hat es an sich genommen.« Suworow war zwar geschickt vorgegangen, aber das nutzte nichts, wenn man wusste, wonach man Ausschau halten musste. Nun ging er zu seinem Wagen zurück. Zwei der Verfolgerautos machten sich sofort auf den Weg zu seiner Wohnung, die anderen drei fuhren einfach weiter, während er sich in den Verkehr einfädelte.
»Er sagte, er würde sich plötzlich unwohl fühlen. Ich habe ihm meine Karte gegeben«, erzählte die junge Frau den Männern, die sie
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