Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
hätte, die solche Raketen immer hinterlassen. Aber heute – nein, kein Rauch stieg vom Boden auf. Zu seiner Verteidigung standen dem Major lediglich Gebete und eine an den Tragflächen angebrachte Vorrichtung zur Verfügung, die im Notfall kleine Metallsplitter im Luftstrom hinter sich verwirbeln ließ, um das feindliche Radar zu foppen. Nicht einmal ein Störsender, schimpfte er im Stillen. Aber es war Unsinn, sich Sorgen zu machen. Schließlich befand er sich im Luftraum seines eigenen Landes, zehn Kilometer von der VR China entfernt, und die Raketenbasen der Chinesen lagen wahrscheinlich noch ein gutes Stück weiter weg landeinwärts. Die Dinger hätten eine ganz schöne Strecke zu fliegen, um ihn zu erwischen. Außerdem konnte er immer noch nach Norden abdrehen, ein paar Kilo geschreddertes Aluminiumblech ablassen und die Beine in die Hand nehmen, während die Rakete Schnitzeljagd spielte. Doch diese Überlegungen stellten sich als müßig heraus, denn nichts geschah. Seine Mission beinhaltete vier komplette Flüge über das Grenzgebiet und dauerte 90 ansonsten ziemlich langweilige Minuten, bevor er die M-5 für die Rückkehr zum alten Jagdfliegerstützpunkt in der Nähe von Taza programmierte.
Das Bodenpersonal für diesen Einsatz war ebenfalls aus dem Gebiet um Moskau hierher verlegt worden. Sobald die M-5 zum Halten gekommen war, wurden die Kassetten mit den Filmen entladen und zur Entwicklung in ein mobiles Labor gebracht. Die Bilder waren noch feucht, als sie bei der Auswertungsmannschaft ankamen. Sie konnte zwar nur einige wenige Panzer entdecken, dafür aber sehr viele Kettenspuren im Boden, und das war alles, was sie zu sehen brauchte.
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ENTWAFFNUNG
»Ich weiß, Oleg. Soweit ich es sehe, haben wir die Nachrichten in Washington erhalten und dann auf der Stelle an deine Leute weitergeleitet«, erklärte Reilly seinem Freund.
»Du musst stolz darauf sein«, bemerkte Prowalow.
»Das FBI hatte damit nichts zu tun«, erwiderte Reilly. Den Russen stieß es bestimmt sauer auf, dass ausgerechnet die Amerikaner sie mit solch heiklen Informationen versorgten. Vielleicht hätten die Amerikaner genauso reagiert.
»Und was werdet ihr jetzt unternehmen?«
»Wir versuchen, seine elektronischen Brieffreunde ausfindig zu machen. Ihre E-Mail-Adressen haben wir schon, und sie sind alle bei russischen Providern registriert. Wahrscheinlich hat der FSS sie mittlerweile bereits identifiziert.«
»Wann wollt ihr sie verhaften?«
»Wenn sie sich mit Suworow treffen. Wir haben genug Material, um die Verhaftungen schon jetzt durchführen zu können.«
Reilly war sich dessen nicht so sicher. Suworows Leute konnten immer noch behaupten, dass sie lediglich seiner Einladung gefolgt waren, ohne den Zweck des Treffens zu kennen. Den damit verbundenen begründeten Zweifel würden die Geschworenen dann noch dem unerfahrensten Junganwalt abkaufen. Es war besser, wenn man abwartete, bis sie sich alle durch Taten belasteten, und dann einen von ihnen unter Druck setzte, damit er als Kronzeuge gegen die übrigen aussagte. Aber hier waren die Gesetze und die Gerichte nun einmal anders.
»Anatoli, worüber denken Sie nach?«, fragte Golowko.
»Ich denke daran, dass Moskau plötzlich gefährlich geworden ist, Genosse Vorsitzender«, antwortete Major Schelepin. »Die Vorstellung, dass ehemalige Mitglieder der Spetsnaz einen Verrat von diesen Ausmaßen planen, erschüttert mich. Nicht nur wegen der Gefahr, sondern auch wegen der Niedertracht, die damit verbunden ist. Diese Männer waren in der Armee meine Kameraden, sie wurden zu Hütern des Staates ausgebildet, genau wie ich.« Der gut aussehende junge Offizier schüttelte seinen Kopf.
»Nun, als diese Einrichtung noch der KGB war, haben wir mehr als einmal mit so etwas zu tun gehabt. Es ist unangenehm, ja, aber das ist die Realität. Menschen sind nun einmal korrumpierbar. Das liegt in ihrer Natur«, sagte Golowko beruhigend. Außerdem betrifft die Drohung diesmal nicht mich . Vielleicht ein unwürdiger Gedanke, aber auch das war menschliche Natur. »Was macht Präsident Gruschawois Sondertruppe im Augenblick?«
»Schwitzen, würde ich vermuten. Wer kann sagen, ob nur ein Attentat geplant wird? Was, wenn dieser Bastard von Kong noch mehr Agenten in Moskau hat? Wir sollten auch ihn verhaften.«
»Das werden wir tun, wenn die Zeit reif ist. Er ist in der letzten Woche lediglich an einem Übergabeort beobachtet worden, und den kontrollieren wir – ja, ja, ich weiß«, fügte
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