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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Nahrung gegeben?«
    Der Wärter erbleichte. Er hatte dem Adler Überreste des Wildbrets vorgeworfen, bis der Vogel satt war. Der Adler kreiste nun wild um die Baumwipfel. Dann flog er aufgeregt am Waldrand hin und her und erhob sich wieder in den Himmel.
    Ich spürte, wie Susanoo erstarrte. Als ich mich aus seinem Arm löste, hob ein gepresster Atemzug seine Brust. »Jetzt wo Kuchiko nicht mehr ist …«, sagte er halblaut, »weiche nicht von meiner Seite.«
    Wir ritten weiter. Die Warnung wurde deutlicher: Ich spürte sie im Vibrieren der Luft, im unmerklichen Beben der Erde. Es war nicht nur die Angst, die Schauer über meinen schwitzenden Körper rieseln ließ. Ich zitterte, weil jeder Schritt meines Pferdes mich jetzt einer Begegnung näher brachte, die ich mehr als alles andere auf der Welt fürchtete, mehr noch sogar als den Tod …
    Der Dunst lastete wie eine feuchte Decke auf den Hügeln. Mir war, als öffneten sich vor uns unsichtbare Tore und führten uns in eine geheimnisvolle fremde Welt.
    Eine Wolkenfront zog auf. Die unbewegliche, heiße Luft roch nach Schwefel und vermodertem Holz. Die Tungusen ritten in dichten Reihen hinter den Bannerträgern. Die Angriffslust der Männer wurde immer spürbarer. Ihre schmalen Augen durchforschten ständig die Gegend. Die Vorhut tauchte auf, galoppierte über einen Hügelkamm und entschwand dann wieder unseren Blicken.
    In der Ferne donnerte es, aber kein Luftzug regte sich. Der Geruch der schwitzenden Pferde war unerträglich. Plötzlich wurden sie unruhig: Ihre wippenden Ohren richteten sich auf. Die Augen leuchteten, die Nüstern bebten. Es war wie ein geheimnisvolles Signal, das sich unter den Tieren ausbreitete. Die Gesichter der Männer waren schweißüberströmt, ihre Augen lauernd. Die Reaktionen ihrer Tiere hatten die Reiter darauf aufmerksam gemacht, dass das Ungewöhnliche, die Drohung herannahte.
    Â»Wo bleibt die Vorhut?« Iris Stimme klang gereizt. Sein Fuchs wieherte rau und versuchte auszubrechen. Aber Iri hielt ihn mit eiserner Faust zurück. Er rief einen Befehl, den die Offiziere weitergaben. Sofort zogen alle Männer die Waffen. Die Schwerter blitzten wie ein Wald aus blankem Stahl.
    Die Wolkenfront stieg höher. Wieder grollte der Donner und der Himmel leuchtete schwefelgelb auf. Das Herz hämmerte mir bis zum Hals. Susanoos Gesicht war ungewöhnlich angespannt.
    Immer noch kein Windhauch. Der Wolkenstrudel kreiste langsam über unseren Köpfen.
    Ich sah auf die Hügel vor uns. Die steil abfallenden Hänge waren dicht mit Tannen bedeckt. Felsgrate und -zacken stachen wie bleckende Raubtierzähne aus dem schwarzen Dickicht.
    Iri hielt sein Pferd an und beobachtete die Reiterabteilungen, die bis an den Waldrand auf beiden Seiten ausschwärmten. Susanoo brachte seinen Hengst neben ihm zum Stehen.
    Iri wiederholte grimmig: »Wo bleibt denn die Vorhut? Ich bin überzeugt, dass man sie in einen Hinterhalt gelockt und ihnen die Kehlen aufgeschlitzt hat. Aber dieses Mal werden uns die Ainu nicht davonlaufen!«
    Â»Das werden sie sicher nicht.« Susanoo verzog keine Miene. »Sie warten auf uns.«
    Iris Augen blitzten ihn an. »Und was wäre Euer Rat, Hoheit?«
    Â»Umkehren, Majestät.« Susanoos Stimme klang gleichmütig. »Die Toten kann niemand mehr aufwecken.«
    Iri streichelte zärtlich das nasse Fell seines Fuchses. »Die Ainu haben uns drei Monde lang schwere Verluste beigebracht. Bei allen Geistern, jetzt werden wir es ihnen heimzahlen! In der Ebene können unsere Reiter mit voller Kraft zuschlagen.«
    Â»Und auch sehr schnell davongaloppieren, um die eigene Haut zu retten. Manchmal allerdings nicht schnell genug.«
    Iri öffnete die Lippen und lächelte schadenfroh. »Soll das heißen, dass sich der Herrscher von Izumo vor der Übermacht der Feinde fürchtet?«
    Â»Nicht vor den Ainu, Majestät.«
    Susanoos sanfte Worte wurden von einem felsenharten Blick begleitet.
    Iri wandte die Augen ab und beobachtete die Wolken. »Ein Gewitter zieht sich zusammen.«
    Â»Ja … aber nicht nur oben am Himmel.«
    Ein Lichtschein zuckte auf. Die Luft knisterte. Eine violette Flamme zuckte über die Hügel und tauchte die Landschaft in gespenstische Helle. Der Himmel schien zu bersten. Eine blendende Zickzacklinie teilte die Wolken und schoss auf die Erde herunter: Mit scharfem Knall schlug der

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