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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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allem. Kaja könnte erzählen, was wirklich am 4. April 1997 am frühen Abend im fünfzehnten Stock des Hochhauses geschehen war, und wenn er ein bißchen mehr bohrte und stocherte, würde sie ihr Wissen mit ihm teilen. Aber Billy T. war nicht sicher, ob er die Kraft dazu hatte.
    Er dachte daran, daß Hanne Wilhelmsen bald in die USA zurückkehren würde. Das hatte sie an diesem Morgen gesagt, in einem Nebensatz, mit dem Mund voller Cornflakes, sie hatte Sehnsucht nach Cecilie.
    Ein weiteres Bild, das er energisch zu verdrängen versuchte, zeigte Truls’ wütende Mutter beim Anblick des kreideweißen Gipsverbandes mit den schwarzen Namenszügen der älteren Brüder; hilflose Buchstaben, die der Kleine seiner Mutter stolz hingehalten hatte, dieser Frau mit ihrem schwarzen, vorwurfsvollen Blick.
    »Was liegt im Schrank, Kaja?« fragte er dann.
    »Das Tuch«, murmelte sie und stand auf. »Das Tuch, das die Ministerpräsidentin getragen hat, als sie ermordet wurde.«
    Billy T. fuhr auf, sein Schreibtischstuhl rollte zur Wand, und Billy T. hatte vergessen, daß er müde war und alles satt hatte. Wirklich alles.
    »Das Tuch! Du hast das Tuch? Hat der Wächter Frau Volter umgebracht? Hör mir zu, Kaja! Hat Richard die Ministerpräsidentin umgebracht?«
    »Haben Sie denn nicht zugehört?« schluchzte sie. »Richard war das nicht. Der wollte nur … der Alarm wurde ausgelöst, und dann ist er allein nach oben gegangen, der andere schlief, glaub ich …«
    Sie wischte sich mit dem Handrücken die Augen ab, aber der Tränenstrom ließ sich nicht zum Versiegen bringen.
    »Er hat den Revolver genommen. Er ist verrückt nach Waffen, aber … die Frau war schon tot, als er gekommen ist. Er schießt total viel, er hat haufenweise Zeitschriften und Bücher darüber … Richard ist total verrückt nach Waffen. Er … da lag der Revolver, ja, und die Frau war tot, und er lag auf diesem Tuch, und er hat ihn mitgenommen und … Scheiße, danach hatte er eine Sterbensangst … ich hab ja gemerkt, wie komisch er war, als ich an einem Abend …«
    Jetzt wurde sie rot, und ihre blauen Augen sahen jünger aus denn je.
    »Sagen Sie es Papa nicht«, bettelte Sie. »Ich darf nicht zu Richard gehen. Versprechen Sie mir, daß Sie Papa nichts sagen.«
    »Scheiß auf deinen Vater«, kläffte Billy T. »Willst du mir erzählen, daß Richard einfach die Waffe eingesackt hat, die neben der erschossenen Ministerpräsidentin lag? War er total verrückt, oder was?«
    »Ich hab dann die Idee gehabt, sie mit der Post zu schicken. Ich dachte, wenn ihr den Revolver hättet, dann könntet ihr vielleicht auch den Mörder finden. Wir haben ihn abgewischt, und dann bin ich damit zur Post gegangen und habe … die Briefmarken vergessen. Aber ich hatte Handschuhe an.«
    »Aber das Tuch«, rief Billy T. »Warum habt ihr das nicht auch geschickt?«
    Kaja rutschte in ihrem Sessel hin und her und starrte sehnsuchtsvoll den Tabak an, den sie aus ihrem Rucksack gefischt hatte, der aussah wie ein naiver Pandabär, der sich an ihren Rücken klammerte.
    »Rauch du nur«, sagte Billy T. und knallte ihr einen riesigen Aschenbecher aus orange glasierter Lava auf den Tisch. »Warum habt ihr nicht auch das Tuch geschickt?«
    »Richard hat gesagt … ein Tuch läßt sich doch nicht so leicht abwischen. Er hatte Angst, er könnte Spuren hinterlassen haben, solche, die man nicht entfernen kann. Er hat gesagt, daß man vielleicht Fingerabdrücke finden würde. Und wir konnten das Tuch auch nicht wegwerfen, weil … in Filmen und so untersuchen die Bullen immer den Müll, und da war es doch sicherer, das Tuch erst mal aufzubewahren. Richard wollte nach Deutschland gehen und mich dann nach einer Weile holen … Papa hat Richard gehaßt, wirklich …«
    Der Gedanke an ihren Vater brachte die Tränen wieder zum Fließen, Kajas Gesicht verzog sich zu einer schmerzhaften Grimasse.
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Billy T. jetzt ruhiger. »Ich kümmere mich um deinen Vater. Ich verspreche dir, daß er dir keinen Ärger machen wird.«
    Er wußte nicht, ob das Lächeln, mit dem er sie zu beruhigen versuchte, irgendeine Wirkung hatte, er hatte keine Zeit, sich davon zu überzeugen. Jetzt würde er den Durchsuchungsbefehl erhalten, den er so oft verlangt hatte. Und zwar sofort. Er schnappte sich das Telefon und wollte Polizeiinspektor Håkon Sand sprechen.
    »Tut mir leid«, sagte die Vorzimmerdame freundlich. »Der ist im Krankenhaus. Die Geburt hat eingesetzt.«
    Billy T. fluchte

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