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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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verbissen und bat Kaja mit einem kurzen Blick um Entschuldigung. Sie hatte nichts bemerkt, vermutlich war sie schlimmere Ausdrücke gewohnt.
    »Tone-Marit«, kläffte er in den Hörer. »Schnapp dir den diensthabenden Juristen und komm her. Jetzt. Sofort!«
    Kaja war schon bei ihrer zweiten Zigarette.
    »Soll ich mitkommen?« fragte sie leise und blies Rauch aus ihrem Mundwinkel. »Soll ich mitkommen und Ihnen das Tuch zeigen?«
    18.05, Hauptwache
    Brage hatte sich bereit erklärt, bis Mittwoch in Untersuchungshaft zu bleiben, um den Bullen Zeit zum Nachdenken zu geben. Bisher hatten sie sich die Presse vom Leib halten können. Der Anwalt hatte mit Schadenersatzforderungen gedroht, wenn sie diese kurze Haft nicht geheimhielten. Zwei Tage lang konnten sie sich die Sache überlegen. Ob es einen Deal geben würde. Er hatte etwas, das sie haben wollten. Zwei Namen, Richard und seine Freundin. Es war idiotisch von Richard gewesen, die Kleine in diese Sache hineinzuziehen! Brage hatte sie gesehen, war ihr auf dem Weg zum Postamt gefolgt. Warum Richard die Waffe nicht behalten hatte, konnte er nicht verstehen. Vielleicht war die Kleine in Panik geraten. Rotzgöre, sie konnte doch nicht älter sein als vierzehn oder fünfzehn.
    Die Bullen waren total scharf auf die Namen. Dieser Heger war ziemlich überrascht gewesen, als er die ganzen Einzelheiten erzählt hatte. Deshalb wußten sie auch, daß er zwei wichtige Namen hatte.
    Brage Håkonsen trat in die Mitte der warmen, feuchten Zelle und legte sich auf den Betonboden. Dort machte er Liegestütze, ohne Pause, in raschem Tempo. Achtundneunzig, neunundneunzig.
    Hundert.
    Er setzte sich hin und schlang die Arme um die Knie. Er schwitzte nicht einmal besonders. Solange er die Namen hatte, würden die Bullen auf alles eingehen. Und ihn laufenlassen.
    22.30, Motzfeldts gate 14
    Liten Lettvik saß mit einem Jack Daniels in einem alten Sessel und vermißte das Gefühl von Erfolg. Es war immer so. Im ersten Moment ein kurzes, intensives Triumphgefühl, danach Leere. Man mußte weiter. Nichts war so tot und sinnlos wie die Zeitung von gestern. In einigen Monaten würde niemand mehr wissen, daß sie alles aufgedeckt hatte. Für einige Stunden war es wunderbar gewesen. Ruth-Dorthe in aller Öffentlichkeit fertigzumachen gehörte zu ihren besten Leistungen. Die halb anerkennenden, halb neidischen Blicke der Kollegen hatten gutgetan. Einige der jüngsten hatten ihr begeistert auf die Schulter geklopft und wissen wollen, wie sie dermaßen blitzschnell der Pharmamed auf die Spur gekommen war.
    Wenn die wüßten!
    Als sie daran dachte, spürte sie einen Stich unter ihrem Brustkorb. Ein Unbehagen. Sie starrte vorwurfsvoll in ihr Glas und preßte sich die linke Faust auf den Magen.
    Vielleicht hätte sie es nicht tun sollen. Sie hatte etwas ausgenutzt, das fast verjährt war und in gewisser Hinsicht … wertvoll. Sie hustete und stellte das Glas energisch auf den Tisch.
    Natürlich hatte sie es tun müssen. Niemand würde es erfahren, denn niemand hatte es je gewußt während dieser vielen Jahre … dreiunddreißig Jahre.
    Die Türklingel ging.
    Das Stechen unter ihrem Solarplexus verstärkte sich, Liten Lettvik krümmte sich vor Schmerz.
    Die Klingel rief noch einmal wütend ihr Ding-Dong. Liten Lettvik versuchte sich aufzurichten, zusammengekrümmt schleppte sie sich zur Tür, der Schweiß trat ihr auf die Stirn.
    »Liten Lettvik?«
    Sie brauchte nicht zu fragen, woher die beiden Männer kamen. Einen kannte sie, er arbeitete bei der Überwachungspolizei.
    »Ja«, stöhnte sie.
    »Wir würden uns auf der Wache gern eine Runde mit Ihnen unterhalten.«
    »Jetzt? Um halb elf Uhr abends?«
    Der hochgewachsene Mann lächelte, sie ahnte die Verachtung in seinen Augen und schaute schnell den anderen an. Der war jünger, kleiner, senkte seinen Blick jedoch nicht.
    »Ja. Sie wissen sicher, warum es so eilt.«
    Sie wäre fast in Ohnmacht gefallen. Unsicher griff sie nach dem Türrahmen und schloß die Augen, in der Hoffnung, daß das Zimmer dann aufhören würde, sich zu drehen.
    Sie wußten es, verdammt, sie wußten es.
    Als sie ihre große Tasche gepackt und ihren Mantel angezogen hatte, kam ihr ein Gedanke, den sie dann so schnell wie möglich wieder verdrängte.
    Sie dachte daran, wie wohl Benjamin Grinde zumute gewesen war.

Mittwoch, 23. April 1997
    17.30, Aker-Krankenhaus, Frauenklinik
    Hanne Wilhelmsen blickte in ein schrumpliges Gesichtchen.
    Die neugeborene Kleine kniff die Augen zu zwei

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