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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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beider Augen sich auf gleicher Höhe.
    »Ich glaube, Sie lügen, Grinde«, sagte er leise.
    Als der Richter die Augen niederschlug, überraschte Billy T. ihn damit, daß er ihm die Hand unters Kinn legte, nicht hart, nicht einmal unfreundlich, sondern ungefähr so, wie er es bei seinen Söhnen machte, wenn sie seinem Blick auswichen. Es war eine ungeheure Respektlosigkeit, aber aus irgendeinem Grund ließ Benjamin Grinde sich diese Demütigung gefallen. Billy T. wußte, warum. Er hob den Kopf des Richters an und hielt ihn fest, als er sagte:
    »Ich glaube, Sie haben mir nicht die Wahrheit erzählt. Und wissen Sie was? Ich begreife nicht, warum. Ich bin ziemlich sicher, daß Sie Birgitte Volter nicht umgebracht haben. Aber Sie verschweigen etwas. Vermutlich etwas aus ihrem Gespräch. Etwas, das Licht in diese Mordsache bringen könnte.«
    Grinde hatte sich wieder gefaßt. Mit einer heftigen Bewegung befreite er sein Kinn aus Billy T.s Hand und trat einen Schritt zurück. Dann blickte er auf den Polizeibeamten hinab.
    »Ich habe gesagt, was ich in diesem Fall zu sagen habe.«
    »Sie geben also zu, daß Sie auch einiges nicht gesagt haben?«
    Billy T. ließ seinen Blick nicht los.
    »Ich habe gesagt, was ich zu sagen habe. Jetzt würde ich gerne gehen.«
    Er ging an dem hochgewachsenen Polizisten vorbei und bog unten an der Treppe ab, ohne sich auch nur einmal umzuschauen.
    »Scheiße«, flüsterte Billy T. vor sich hin. »Verdammte Scheiße.«
    Der Wachmann war niemand, dem Billy T., um ein wenig Kooperationsbereitschaft zu erwecken, unters Kinn gefaßt hätte. Ihn hätte er lieber übers Knie gelegt und windelweich geprügelt. Der Wächter war mürrisch und wirkte schrecklich nervös.
    »Haben Sie die Klinke angefaßt oder nicht?«
    Billy T. und der Wächter standen in dem kleinen Aufenthaltsraum zwischen dem Büro der Ministerpräsidentin und dem Besprechungszimmer.
    »Das habe ich doch schon tausendmal gesagt«, erwiderte der Wachmann wütend. »Ich habe die Tür nicht angefaßt …«
    »Aber wie erklären Sie sich dann, daß wir Ihre Fingerabdrücke dahinten«, Billy T. schwenkte seinen Zeigefinger vor einem kleinen Kreis am Türrahmen, »und dort gefunden haben? Auf der Klinke?«
    »Ich bin doch früher schon hundertmal hier gewesen«, antwortete der Wächter und verdrehte die Augen. »Haben Sie einen Zeitmesser für Fingerabdrücke oder was?«
    Billy T. schloß die Augen und fing an zu zählen. Bei zehn riß er sie wieder auf.
    »Was ist eigentlich los mit Ihnen? Kapieren Sie nicht, wie ernst die Sache ist?«
    Er schlug mit der Faust gegen die Wand.
    »Kapieren Sie das nicht?«
    »Ich kapiere, daß Sie glauben, ich hätte die Volter umgebracht, aber das hab ich nicht, verdammt noch mal!«
    Die Stimme schlug ins Falsett um, und die Unterlippe zitterte. Billy T. blieb stehen und starrte den Mann lange schweigend an. Dann tat er es doch. Legte ihm die Hand unters Kinn und zwang ihn zum Blickkontakt. Der Wächter versuchte, sich wegzudrehen, aber Billy T. hatte zu fest zugepackt.
    »Sie wissen nicht, was gut für Sie ist«, sagte Billy T. leise. »Sie kapieren nicht, daß wir uns gegenseitig helfen könnten. Wenn Sie mir erzählen, was an dem Abend passiert ist, wird es uns beiden danach bessergehen. Und noch eins: Wenn Sie Volter umgebracht haben, werde ich das herausfinden. Ich kann Ihnen auf Ehre und Gewissen versprechen, daß ich es herausfinden werde. Aber ich glaube nicht, daß Sie das waren. Sie müssen mir helfen. Kapiert?«
    Er hatte das Gesicht des Mannes jetzt so hart gepackt, daß sich um Billy T.s Finger weiße Flecken abzeichneten. Hinter ihm brummte der Polizeirat warnend.
    Aber Billy T. achtete nicht auf ihn. Er starrte in die braunen Augen des Wächters, die von ungewöhnlich langen Wimpern umkränzt waren. Billy T. sträubten sich die Nackenhaare, als er das Funkeln im Blick des Wächters erkannte: Die schiere Angst.
    Eine abgrundtiefe Angst.
    »Verdammt, vor mir haben Sie doch keine Angst«, flüsterte Billy T. so leise, daß nur der Wächter es hören konnte. »Wenn Sie etwas Grips hätten, dann würden Sie mir sagen, wovor Sie solchen Schiß haben. Denn den haben Sie. Warten Sie nur. Das finde ich auch noch raus.«
    Dann ließ er das Gesicht des Wächters mit einer heftigen, schmerzhaften Bewegung los.
    »Sie können gehen«, sagte er mürrisch.
    »Diese Frau lügt wenigstens nicht«, murmelte Billy T.
    Wenche Andersen hatte mit tränenerstickter Stimme bis ins kleinste

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