Im Zeichen des Schicksals
warum?
Das Mädchen direkt vor mir drehte sich um und zwinkerte mir verschwörerisch zu. »Du wickelst die Jungs um den Finger, Celine! Du siehst auf diesen Fotos übrigens echt umwerfend aus.«
Ich ließ mir meine Überraschung nicht anmerken. »Ähm … danke.«
»Ruhe jetzt!« Peterson kam ins Klassenzimmer und machte dem Lärmen augenblicklich ein Ende. Ich klappte mein Englischbuch auf und warf einen raschen Blick in Ians Richtung. Es war ihm gelungen, jeden in der Klasse davon zu überzeugen, dass er an mir interessiert war, ich aber seine Gefühle nicht erwiderte. Er hatte einen Narren aus sich gemacht, damit die anderen der Lüge auf den Flugblättern keinen Glauben schenkten. Aber warum? Worauf wollte er hinaus?
Nach Ende der Stunde begab sich Ian in den Computerraum. Dieser Raum lag dem Zimmer, wo Josh seinen nächsten Kurs hatte, genau entgegengesetzt. Das bedeutete eine kleine Erleichterung für mich, aber die zweieinhalb Stunden bis zur Mittagspause waren dennoch quälend. Zu versuchen, Ian von Josh fernzuhalten, bis ich mir Klarheit über seine Pläne verschafft hatte, war schon schwierig genug, auch ohne auf den Unterricht aufpassen zu müssen. Außerdem gab es da noch eine weitere Kleinigkeit: Es galt, Sandra und ihren Hexen keine Beachtung zu schenken.
»Vielleicht solltest du sie einfach mit einem Fluch belegen oder so was«, murmelte Melissa, während sie mit ihrem Essenstablett hinter mir stand. Zwei kleine Mädchen kamen vorbei, machten einen großen Bogen um mich und bekreuzigten sich.
»Klar, wenn du mir verraten kannst, wie das genau geht?«
Ich griff mir ein Sandwich mit Roastbeef und warf einen Blick auf Melissas Müslischüssel. »Ist das dein ganzes Essen?«
»Natürlich nicht!« Sie verdrehte die Augen. »Die Hauptzutat fehlt noch.«
»Du weißt aber, dass das ungesund ist?« Lachend sah ich ihr zu, wie sie die Schüssel unter den Spender der Speiseeismaschine hielt.
»Fang mir nicht damit an«, mahnte Melissa, als wir zu unserem gewohnten Tisch hinübergingen. »Im Müsli ist ballaststoffreicher Weizen, und der gefrorene Joghurt versorgt mich mit Kohlehydraten, Eiweiß und Kalzium. Also enthält diese kleine Schüssel im Grunde eine durch und durch ausgewogene Mahlzeit.«
Es hatte nicht den geringsten Sinn, mit ihr zu streiten, daher setzte ich mein Tablett ab und sah mich um. So viele Augen, die jede meiner Bewegungen beobachteten, und alle redeten über die Schulschlampe . Oder war es die Schulsatanistin ? Verdammt, es sollte mir eigentlich völlig egal sein. Das Einzige von Belang war, Josh zu beschützen, aber der war nirgendwo zu sehen. Genauso wenig wie Ian.
Keine Panik. Der Unterricht hat erst vor ein paar Minuten aufgehört. Sie sind sicher bald hier.
»Also, zurück zu Ian«, begann Melissa, den Mund voller gefrorenem Joghurt. »Ich schätze mal, dein ganzer Englischkurs muss nach dieser Nummer vorhin eine wüste Klatsch-Offensive gestartet haben … Also im Ernst, könnten sie sich überhaupt noch auffälliger aufführen?«
Ich folgte Melissas Blick hin zu Sandra und ihren Kumpaninnen, die gerade voller Schwung und Elan die Mensa betraten. Dabei lachten und winkten sie, um auch ja sicherzustellen, dass ihre Anwesenheit bemerkt wurde. Und das wurde sie. Die Schüler an den Tischen um uns herum schauten jetzt von den drei beliebten Mädchen zu uns herüber und hofften wahrscheinlich, dass es irgendeine Art von Szene geben würde.
»Vergiss sie.« Ich zuckte die Achseln.
»Ja, ein reifer Mensch würde sich so verhalten. Aber mir hat bisher noch nie jemand unterstellt, ein reifer Mensch zu sein.« Melissa grinste, und Aufregung glitzerte in ihren Augen. »Also, ich kann immer noch nicht glauben, dass er allen erzählt hat, dass er dich küssen wollte, seit er dir zum ersten Mal begegnet ist. Und er ist so ein scharfer Typ!«
Ich schloss die Augen und stellte mir Ian vor. Mit seinem schwarzen Haar, das ihm über die dunkelblauen Augen fiel. Wie sich sein Kiefermuskel anspannte, bevor er sich vorbeugte und … Warum zum Teufel hatte er diese Knarre?
»Erde an Celine – Erde an Celine …« Melissa warf einen ihrer so hochgeschätzten Müslikrümel nach mir, um meine Aufmerksamkeit zu erregen.
»Tut mir leid, was hast du gesagt?«
»Ich habe gefragt, ob du ihn magst!«, wiederholte sie und musterte mich forschend.
Ob ich ihn mochte? Nein! Nein, das tat ich nicht. Konnte ich nicht. Ich kannte ihn ja nicht einmal. Das hatte mir nicht zuletzt diese Pistole vor Augen
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