Im Zeichen des Zorro
aber er besitzt auch ungefähr genauso viel wahren Mut!«
Sargento Gonzales entspannte
sich wieder auf der Bank, und der Wirt schenkte ihm einen erleichterten
Blick, denn er machte sich allmählich Hoffnungen, dass in dieser
Regennacht keine Becher, Möbel oder Gesichter zerschlagen würden.
»Und trotzdem muss
dieser Senor Zorro sich doch irgendwann einmal ausruhen - er muss essen
und schlafen«, meinte der Wirt. »Es steht fest, dass er einen
Platz hat, an dem er sich versteckt und erholt. Eines schönen Tages
werden die Soldaten seinen Bau schon aufspüren.«
»Ha!«, erwiderte
Sargento Gonzales. »Gewiss muss der Kerl essen und schlafen. Und was
behauptet er jetzt schon wieder? Er sagt, er ist gar kein echter Dieb, im
Namen der Heiligen! Alles, was er macht, sagt er, ist die zu bestrafen,
die die Leute in den Missionen schlecht behandeln, sagt er. Der Freund der
Unterdrückten, wie? Kürzlich erst hat er in Santa Barbara einen
Anschlag hinterlassen, auf dem genau das zu lesen war, hab ich nicht
recht? Ha! Und was meint ihr ist die Antwort? Die frailes in den Missionen
beschützen ihn, sie verstecken ihn, geben ihm zu essen und zu
trinken! Man braucht doch bloß die Kutte von einem solchen Bruder zu
filzen, und schon hat man eine Spur, die schnurstracks zu diesem sauberen
Straßenräuber hinführt. Ein fauler Zivilist will ich sein,
wenn es anders ist!«
»Ich zweifle nicht an
der Wahrheit Eurer Worte«, erwiderte der Wirt. »Ich kann mir
gut vorstellen, dass die frailes dazu fähig sind. Möge uns nur
dieser Senor Zorro niemals hier heimsuchen!«
»Und warum nicht,
Fettwanst?«, brüllte Sargento Gonzales mit Donnerstimme.
»Bin denn nicht ich hier? Habe ich vielleicht keinen Säbel an
meiner Seite? Bist du etwa eine Eule und wir haben helllichten Tag, dass
du nicht mal bis zur Spitze deiner kümmerlichen, krummen Nase sehen
kannst? Bei allen Heiligen —«
»Was ich sagen wollte«,
erklärte der Wirt schnell und nicht wenig besorgt, »ist, dass
ich kein Verlangen danach habe, ausgeraubt zu werden.«
»Ausgeraubt? Was sollte
man dir denn schon stehlen, Fettwanst? Einen Krug gepanschten Wein und ein
Essen vielleicht? Bist du etwa reich, Narr? Ha! Lass den Kerl ruhig
kommen! Soll dieser kühne und gerissene Senor Zorro doch durch diese
Tür treten und sich vor uns hinstellen! Soll er doch seine Verbeugung
machen, das tut er ja angeblich immer, und soll er seine Augen doch unter
der Maske funkeln lassen! Nur einen Augenblick lang möchte ich diesen
Kerl ansehen — und dann gehört die fürstliche Belohnung,
die Seine Exzellenz ausgesetzt hat, endlich mir!«
»Vielleicht wagt er
sich nicht so nahe an die Garnison heran«, warf der Wirt ein.
»Mehr Wein!«, brüllte
Gonzales. »Mehr Wein, Fettwanst, und schreib ihn an! Wenn ich diese
Belohnung erst eingestrichen habe, dann werde ich alle Schulden zahlen.
Darauf hast du mein Wort als Soldat! Ha! Wenn doch jetzt bloß dieser
unerschrockene und verschlagene Senor Zorro, dieser Fluch von Capistrano,
hier hereinkommen würde —«
Plötzlich öffnete
sich die Tür.
2
IM GEFOLGE DES STURMS
Ein Schwall von Regen und
Wind drang herein und mit ihm ein Mann. Die Kerzen flackerten, und eine
von ihnen erlosch. Dieses plötzliche Eintreten inmitten der
Prahlereien des Feldwebels erschreckte sie alle, und Gonzales zog seinen Säbel
zur Hälfte aus der Scheide, während die Worte in seiner Kehle
erstarben. Schnell stemmte sich der Indianer gegen die Tür, um dem
Wind das Eindringen zu verwehren.
Der Neuankömmling drehte
sich um und betrachtete die Anwesenden; wieder seufzte der Wirt
erleichtert. Es war natürlich nicht Senor Zorro. Es war Don Diego
Vega, ein gut aussehender Jüngling von bester Herkunft und
vierundzwanzig Jahren, der den Camino Real entlang dafür bekannt war,
wie wenig Interesse er den wirklich wichtigen Dingen des Lebens
entgegenbrachte.
»Ha!«, rief
Gonzales und schleuderte seine Klinge zurück.
»Habe ich euch womöglich
ein wenig aufgeschreckt, Senores?«, fragte Don Diego höflich
mit schwacher Stimme, während er sich umsah und den Männern vor
sich zunickte.
»Falls das der Fall
gewesen sein sollte, Senor, dann allein, weil Ihr im Gefolge des Sturmes
eingetreten seid«, entgegnete der Feldwebel. »Eure Tatkraft
allein würde einen Mann wohl kaum aufschrecken.«
»Hm!«, brummte
Don Diego, als
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