Im Zeichen des Zorro
erläuterte der Feldwebel, »erscheint dieser
feine Senor Zorro niemals in meiner Gegenwart, und ich hoffe daher, die
guten Heiligen lassen mir eines schönen Tages doch noch die Gnade
zuteilwerden, ihm gegenüberzutreten, sodass ich die Belohnung, die
der Gouverneur ausgesetzt hat, für mich einfordern kann. Senor Zorro,
wie? Ha!«
»Sprechen wir nicht länger
über ihn«, bat Don Diego, der sich vom Kamin abwandte und eine
Hand abwehrend von sich streckte. »Ist es denn mein Schicksal,
niemals von etwas anderem zu hören als von Blutvergießen und
Gewalt? Sollte es einem Mann denn in diesen stürmischen Zeiten überhaupt
nicht mehr möglich sein, tief empfundene Worte über Musik oder
Dichtung zu vernehmen?«
»Maisbrei und
Ziegenmilch!«, prustete Sargento Gonzales mit gewaltigem Abscheu.
»Wenn dieser Senor Zorro seinen Hals riskieren will, soll er doch.
Es ist schließlich sein Hals, im Namen der Heiligen! Ein
Wegelagerer! Ein Dieb! Ha!«
»Mir ist durchaus
Bemerkenswertes über seine Arbeit zu Ohren gekommen«, fuhr Don
Diego fort. »Dem Burschen ist es zweifellos ernst mit seinem
Anliegen. Er hat niemanden beraubt als Staatsbeamte, die von den
Missionsstationen und den Armen gestohlen
hatten, hat niemanden bestraft als Rohlinge, die die Indianer misshandeln.
Er hat niemandem das Leben genommen, soweit ich weiß. Warum also gönnt
Ihr ihm nicht einfach das bisschen öffentliches Aufsehen, das er
verursacht, mein lieber Sargento.«
»Lieber gönne ich
mir die Belohnung!«
»Verdient sie Euch«,
sagte Don Diego. »Fasst den Mann!«
»Ha! Tot oder lebendig
heißt es auf der Ausschreibung des Gouverneurs. Ich habe es selbst
gelesen.«
»Dann bietet ihm die
Stirn und erstecht ihn, wenn es das ist, was Euch Spaß macht«,
erwiderte Don Diego. »Und hinterher erzählt Ihr mir dann alles
- aber verschont mich jetzt.«
»Eine hübsche
Geschichte wird das!«, rief Gonzales. »Und jede Einzelheit
sollt Ihr erfahren, caballero, Wort für Wort! Wie ich mit ihm
gespielt habe, wie ich über ihn gelacht habe, während wir kämpften,
wie ich ihn nach einer Weile zurückgedrängt und erstochen habe
—«
»Hinterher — aber
nicht jetzt!«, rief Don Diego wütend. »Wirt, mehr Wein!
Das einzige, womit man diesen heiseren Aufschneider zum Verstummen bringen
kann, ist, seinen dicken Hals so lange mit Wein zu schmieren, bis kein
Wort mehr genug Halt findet, um den Weg hinauf zu schaffen!«
Schnell füllte der Wirt
die Becher. Don Diego nippte an seinem Wein, wie es sich für einen
Edelmann gehört, während Sargento Gonzales den seinen in zwei kräftigen
Schlucken hinunterstürzte. Und dann trat der Spross des Hauses Vega
auf die Bank zu und griff nach Sombrero und Umhang.
»Was?«, rief der
Feldwebel. »Ihr wollt uns zu so früher Stunde schon verlassen,
caballero? Ihr wollt Euch dem Zürnen dieses rasenden Sturms stellen?«
»Zumindest dazu habe
ich den Mut«, antwortete Don Diego mit einem Lächeln. »Aber
ich bin wegen eines Topfes Honig hergekommen. Diese Narren hatten zu
viel Angst vor dem Regen, um mir heute einen von der Hacienda zu holen.
Bring du mir einen, Wirt.«
»Ich werde Euch sicher
durch den Regen nach Hause geleiten!«, rief Sargento Gonzales, denn
er wusste sehr gut, dass Don Diego dort hervorragende alte Weine lagerte.
»Ihr bleibt hier vor
dem lodernden Feuer«, erklärte Don Diego ihm streng. »Ich
brauche keine Abordnung von Garnisonssoldaten, um die Plaza zu überqueren.
Ich gehe mit meinem Sekretär die Bücher durch, und wenn wir
damit fertig sind, werde ich womöglich noch einmal in die Taverne
kommen. Den Topf Honig wollte ich nur, um etwas zu essen zu haben bei der
Arbeit.«
»Ha! Und warum habt Ihr
dann nicht Euren Sekretär geschickt, um den Honig zu besorgen,
caballero? Wozu ist man denn reich und hat Personal, wenn man das dann in
einer so stürmischen Nacht nicht zu Besorgungen schickt?«
»Er ist ein alter Mann
und schon sehr schwach«, erklärte Don Diego. »Er dient
auch meinem alten Vater als Sekretär. Der Sturm würde ihn
umbringen. Wirt, versorge alle hier auf meine Rechnung mit Wein. Wenn
meine Bücher in Ordnung gebracht sind, komme ich vielleicht noch
einmal zurück.«
Don Diego Vega griff den Topf
Honig, schlug den Umhang um die Schultern, öffnete die Tür und
stürzte sich in den Sturm und die Dunkelheit.
»Da geht ein
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