Im Zeichen des Zorro
er seinen Sombrero beiseitewarf und seinen durchnässten
Umhang abschüttelte.
»Eure Worte grenzen ans
Gefährliche, mein ungehobelter Freund.«
»Könnte es sein,
dass Ihr mich ins Gebet nehmen wollt?«
»Es ist wohl wahr«,
fuhr Don Diego fort, »dass man mir nicht nachsagt, ich würde
meinem Pferd die Sporen geben wie ein Wahnsinniger und dabei Kopf und
Kragen riskieren. Auch kämpfe ich nicht wie ein Narr mit jedem
Fremden oder spiele einfältig unter dem Balkon jeder dahergelaufenen
Dame die Gitarre. Und doch lege ich keinen Wert darauf, diese Dinge, die
Ihr als meine Schwächen anzusehen beliebt, zum Vorwurf gemacht zu
bekommen.«
»Ha!«, rief
Gonzales, halb im Ärger.
»Wir haben vereinbart,
Sargento Gonzales, dass wir nur so lange Freunde sind und ich die weite
Kluft in Geburt und Erziehung, die zwischen uns besteht, nur so lange
vergessen werde, wie Ihr Eure Zunge im Zaum haltet und Euch anständig
benehmt. Eure Prahlereien amüsieren mich, und ich zahle Euch den
Wein, nach dem Ihr verlangt — das ist ein hübsches Arrangement.
Aber macht Euch noch ein einziges Mal über mich lustig, Senor, sei es
in Gesellschaft oder allein, und die Vereinbarung ist hinfällig. Ich
darf wohl daraufhinweisen, dass ich ein klein wenig Einfluss besitze
—«
»Verzeiht mir,
caballero, bester Freund!«, rief der erschrockene Sargento Gonzales
jetzt. »Ihr wütet ja schlimmer als der Sturm da draußen,
und das nur, weil meine Zunge mir einen Streich gespielt hat. Sollte mich
hinfort jemand danach fragen, so werde ich antworten, Ihr wärt von
scharfem Verstand, hättet die Klinge schnell bei der Hand, wärt
jederzeit bereit zu kämpfen oder zu lieben. Ihr seid ein Mann der
Tat, caballero! Ha! Wagt es vielleicht irgendjemand zu widersprechen?«
Er blickte sich wild funkelnd
im Raum um, zückte noch einmal seinen Säbel zur Hälfte,
bevor er ihn wieder zurückschleuderte, den Kopf in den Nacken warf,
schallend lachte und Don Diego auf die Schultern schlug. Der dicke Wirt
brachte schnell neuen Wein herbei, da er wohl wusste, dass Don Diego Vega
die Zeche zahlen würde.
Denn diese seltsame
Freundschaft zwischen Don Diego und Sargento Gonzales war das Tagesgespräch
auf dem Camino Real. Don Diego entstammte einem edlen Geschlecht, das
über Tausende weiter Morgen Land, zahllose Pferde- und Rinderherden
und unermessliche Getreidefelder verfügte. Don Diego selbst herrschte
über eine Hacienda, die einem kleinen Reich gleichkam, auch besaß
er ein Anwesen hier in Reina los Angeles, und er sollte dereinst von
seinem Vater mehr als dreimal so viel erben wie das, was er im Augenblick
schon besaß.
Aber Don Diego war anders als
die anderen jungen Männer von adligem Geblüt dieser Zeit. Es
hatte den Anschein, als sei ihm die Tat verhasst. Seine Klinge schien
nichts als Schmuck und Zierde zu sein. Er war unerträglich höflich
zu allen Frauen und machte doch nicht einer den Hof.
Er saß in der Sonne,
lauschte den wilden Erzählungen der anderen Männer - und ab und
an lächelte er. Er war in jeder Hinsicht das Gegenteil von Sargento
Pedro Gonzales, und doch waren sie häufig zusammen. Es war, wie Don
Diego gesagt hatte. Er genoss die Prahlereien des Feldwebels und der
Sargento den kostenlosen Wein. So ließ das kleine Arrangement für
keinen von beiden viel zu wünschen übrig.
Nun trat Don Diego vor das
Feuer, um sich zu trocknen, und er hielt einen Becher Rotwein in der Hand.
Er war nur von mittlerer Größe, dafür aber wohlgeraten und
gut aussehend, und es brachte die stolzen duenas zur Verzweiflung, dass er
niemals einen zweiten Blick für die schönen Senoritas übrig
hatte, die sich in ihrer Obhut befanden und für die sie nach einer
guten Partie Ausschau hielten.
Gonzales, der fürchtete,
seinen Freund verärgert und sich damit um den kostenlosen Wein
gebracht zu haben, mühte sich nun, Frieden zu schließen.
»Caballero, wir
sprachen gerade von diesem berüchtigten Senor Zorro«, sagte er.
»Wir haben uns über diesen feinen Fluch von Capistrano, wie ein
scharfsinniger Narr diese Heimsuchung der Landstraße genannt hat,
unterhalten.«
»Was ist mit ihm?«,
fragte Don Diego, der seinen Weinbecher abstellte und ein Gähnen
hinter der vorgehaltenen Hand versteckte. Die ihn am besten kannten, erklärten,
Don Diego gähne täglich an die zwanzig Dutzend Mal.
»Wie ich anmerkte,
caballero«,
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