Im Zeichen des Zorro
Wahrheit,
Senorita. Schenkt mir Eure Gunst. Vermögt Ihr denn nicht, mich mit
Freundlichkeit zu betrachten? Vermögt Ihr nicht, die Hoffnung in mir
zu nähren, ich werde Euer Herz und Eure Hand gewinnen?«
»Capitán Ramón,
das ist würdelos«, sagte sie. »Das ist nicht das
geziemende Verhalten und das wisst Ihr auch. Bitte verlasst mich jetzt.«
»Ich warte auf Eure
Antwort, Senorita.«
Ihr verletzter Stolz schlug
nun in Empörung um. Warum nur wollte man nicht um sie werben wie um
andere Senoritas auch, so wie es der Anstand verlangte? Warum nahm sich
dieser Mann solche Kühnheiten heraus? Warum trat er die guten Sitten
mit Füßen?
»Ihr müsst mich
auf der Stelle verlassen«, sagte sie mit Nachdruck. »All dies
ist nicht richtig und das ist Euch wohl bewusst. Wollt Ihr meinen Namen in
den Schmutz ziehen, Capitán Ramón? Stellt Euch vor, es kommt
jemand herein und sieht uns so - allein?«
»Es wird niemand
kommen, Senorita. Wollt Ihr mir nicht antworten?«
»Nein!«, rief sie
und machte sich daran aufzustehen. »Es ist nicht recht, dass Ihr das verlangt.
Ich versichere Euch, mein Vater wird von diesem Besuch erfahren!«
»Euer Vater«,
spottete er. »Ein Mann, der sich den Zorn des Gouverneurs zugezogen
hat. Ein Mann, den man ausnimmt, weil er kein Gespür für Politik
hat. Ich fürchte Euren Vater nicht. Stolz sollte er sein, dass Capitán
Ramón seine Tochter überhaupt anschaut.«
»Senor!«
»Lauft nicht weg«,
sagte er und ergriff ihre Hand. »Ich erwies Euch die Ehre, um Eure
Hand anzuhalten -«
»Ihr habt mir die Ehre
erwiesen?«, rief sie wütend, beinahe unter Tränen. »Eine
Ehre ist es, wenn eine Frau den Mann erhört.«
»Ich mag es, wenn du wütend
bist«, lachte er. »Setz dich wieder - hier neben mich. Und
jetzt antworte mir.«
»Senor!«
»Natürlich wirst
du mich heiraten. Ich werde mich beim Gouverneur für deinen Vater
einsetzen und er wird einen Teil seines Vermögens zurückerhalten.
Ich werde mit dir nach San Francisco de Asis fahren, zum Haus des
Gouverneurs, wo alles, was Rang und Namen hat, dich bewundern wird.«
»Senor! Lasst mich los!«
»Die Antwort, Senorita!
Ich musste lange genug warten.«
Sie wand sich von ihm los,
stand mit flammendem Blick vor ihm, die geballten Fäuste in die
Seiten gestemmt.
»Euch heiraten?«,
schrie sie. »Lieber bleibe ich mein ganzes Leben lang Jungfrau,
lieber heirate ich einen Indianer, lieber würde ich sterben, als Euch
zu heiraten! Ich werde einen caballero heiraten, einen Edelmann, oder gar
nicht! Und ich kann nicht behaupten, dass Ihr einer seid!«
»Hübsche Worte von
der Tochter eines Mannes, der so gut wie ruiniert ist.«
»Nicht einmal der Ruin
könnte dem Blut der Pulido etwas anhaben, Senor. Ich bezweifle, dass
Ihr das verstehen könnt, Senor, da Euer Blut ja offenbar bereits
besudelt ist. Don Diego wird hiervon erfahren. Er ist meines Vaters Freund
—«
»Und du willst dich dem
reichen Don Diego an den Hals werfen, was, um die Fehler deines Vaters
auszubügeln? Anstatt einen ehrenwerten Soldaten zu heiraten,
verkaufst du dich lieber —«
»Senor!«, schrie
sie auf.
Das war nicht länger zu
ertragen. Sie war allein, niemand war in der Nähe, auf die
Beleidigung zu antworten. Und so hieß ihr Blut sie, sich selbst zu rächen.
Wie der Blitz schoss ihre
Hand nach vorn und landete klatschend auf Hauptmann Ramóns Wange.
Dann sprang sie zurück, aber er hielt sie am Arm und zog sie zu sich
her.
»Das wirst du mit einem
Kuss bezahlen«, erklärte er. »Ein so zartes Frauenzimmer
kann man auch mit einem Arm in den Griff bekommen, den Heiligen sei Dank.«
Sie wehrte sich und schlug
und kratzte seine Brust, da sie sein Gesicht nicht erreichen konnte. Aber
er lachte nur über sie und hielt sie fester, bis sie erschöpft
und außer Atem war. Schließlich warf er ihren Kopf zurück
und sah in ihre Augen hinab.
»Einen Kuss als
Vergeltung, Senorita«, raunte er. »Es wird mir ein Vergnügen
sein, so ein wildes Fohlen zu zähmen.«
Sie versuchte noch einmal,
sich zu wehren, aber ohne Erfolg. Sie bat die Heiligen um Beistand, worauf
Capitán Ramón nur noch mehr zu lachen begann. Er beugte den
Kopf, und seine Lippen näherten sich den ihren.
Aber er kam nicht dazu, den
Kuss einzufordern. Lolita versuchte, sich von ihm loszureißen, und
er musste fester zupacken und sie an sich
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