Im Zeichen des Zorro
Strapazen nicht ertragen.«
Gonzales brummelte etwas in
seinen buschigen Schnurrbart und stand auf.
»Ich hege zwar keine
besondere Freundschaft für dich, fray, aber ich danke dir für
den exzellenten Wein«, sagte er. »Wir müssen wieder zu
Pferd. Der Dienst des Soldaten ist nie zu Ende, solange er lebt.«
»Sprecht nicht vom
Reiten!«, rief Don Diego. »Ich selbst muss morgen in den
Sattel steigen. Meine Pflichten auf der Hacienda sind erledigt und ich
kehre zurück nach Hause.«
»Lasst mich der
Hoffnung Ausdruck verleihen, bester Freund, dass Ihr die Strapazen überstehen
werdet«, erwiderte Sargento Gonzales.
18
DON DIEGO KEHRT ZURÜCK
Senorita Lolita musste ihren
Eltern natürlich berichten, was sich in deren Abwesenheit zugetragen
hatte, denn der despensero wusste Bescheid und würde es Don Diego bei
seiner Rückkehr mitteilen, und die Senorita war klug genug, zu
erkennen, dass es besser war, die Erklärung als Erste abzugeben.
Der despensero, der um den
Wein geschickt worden war, ahnte nichts von der Liebesszene, die sich
zugetragen hatte, und besaß nur die Information, Senor Zorro sei
überstürzt gegangen. Das schien nur allzu vernünftig, da
ihn die Soldaten verfolgten.
Daher erzählte die junge
Frau am nächsten Morgen, Capitán Ramón sei während
ihrer Abwesenheit vorbeigekommen und habe sich, allen Bemühungen des
Personals zum Trotz, Zugang zum großen Salon erzwungen, um sie zu
sprechen. Vielleicht hatte er zu viel Wein getrunken oder war seiner Wunde
wegen nicht ganz bei Sinnen, erklärte das Mädchen, jedenfalls
wurde er allzu keck und verfolgte sein Werben mit einer nicht mehr erträglichen
Leidenschaftlichkeit, bis er schließlich gar darauf bestand, geküsst
zu werden.
Woraufhin, fuhr die Senorita
fort, dieser Senor Zorro aus der Ecke des Zimmers getreten sei (wie er
dahin gekommen war, wisse sie auch nicht) und Capitán Ramón
zu einer Entschuldigung gezwungen habe, bevor er ihn dann aus dem Haus
warf. Im Anschluss — und hier nahm sie Abstand davon, die ganze Wahrheit zu berichten - habe Senor
Zorro sich galant verneigt und sei von dannen geeilt.
Don Carlos war dafür,
sich einen Degen zu besorgen, sofort in die Garnison zu gehen und Capitán
Ramón zu einem Duell auf Leben und Tod herauszufordern. Dona
Catalina war gefasster und machte ihm deutlich, dass dies nur dazu führen
würde, alle Welt wissen zu lassen, dass die Ehre ihrer beider Tochter
besudelt worden war. Außerdem würde es auch dem eigenen Los
nicht eben zuträglich sein, sollte Don Carlos mit einem Armeeoffizier
streiten; nicht zu vergessen, dass der Don nicht mehr der Jüngste
war, der Capitán ihn wahrscheinlich mit dem zweiten Hieb
durchbohren würde und Dona Catalina somit als trauernde Witwe
hinterließe, und das wolle sie nicht.
Also marschierte der Don im
großen Salon auf und ab, stieß Flüche und Verwünschungen
aus, wünschte sich zehn Jahre jünger oder wieder mit politischem
Einfluss versehen und schwor, wenn seine Tochter erst Don Diegos Frau wäre
und er selbst wieder eine angesehene Persönlichkeit, dann würde
er schon dafür sorgen, dass Capitán Ramón in Ungnade
fiele und ihm die Epauletten von den Schultern gerissen würden.
Senorita Lolita, die in dem
Zimmer saß, das man ihr zugewiesen hatte, lauschte den Ausbrüchen
ihres Vaters und sah sich in einer Zwickmühle. Selbstverständlich
konnte sie Don Diego jetzt unmöglich noch heiraten. Sie hatte ihre
Lippen und ihr Herz einem anderen Mann geschenkt, einem Mann, dessen
Gesicht sie nicht kannte, einem Verbrecher, der vom Militär verfolgt
wurde — und dass eine Pulido nur ein einziges Mal liebte, das war
die Wahrheit.
Sie versuchte vernünftig
zu sein. Sagte sich, es sei nur ein edelmütiger Impuls gewesen, der
sie veranlasst habe, dem Mann die Lippen darzubieten; sagte sich, es
stimme nicht, dass ihr Herz schon Feuer gefangen habe, als er auf der
Hacienda ihres Vaters während der
Siesta das erste Mal zu ihr gesprochen hatte.
Sie war nicht bereit, ihren
Eltern von der Liebe, die sich in ihr Leben geschlichen hatte, zu erzählen,
zu süß war das Geheimnis; außerdem fürchtete sie, es
wäre zu viel für ihre Eltern, und sie hatte nicht wenig Angst,
ihr Vater könne sie an einen Ort schicken, an dem sie Senor Zorro nie
wieder begegnen würde.
Sie trat an ein Fenster,
blickte hinaus auf die
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