Im Zeichen des Zorro
essen und zu trinken.
Don Diego wusste sehr gut, was das zu bedeuten hatte. Die Verfolgung des Räubers
war abgeblasen, ihr Enthusiasmus hatte sich verflüchtigt. Sie würden
am Tisch seines Vaters sitzen bleiben und die ganze Nacht dem Wein
zusprechen, bis sie allmählich betrunken würden. Sie würden
schreien und singen und Geschichten erzählen und am folgenden Morgen
zurück nach Reina de los Angeles reiten wie so viele andere Helden
vor ihnen.
Das war allgemein so üblich.
Die Jagd nach Senor Zorro war nicht mehr als ein Vorwand für ein
geselliges Beisammensein.
Die Diener brachten große
Steingutkrüge voll von edlem Wein, die sie auf den Tisch stellten,
und Don Alejandro gab Order, auch Fleisch zu bringen. Die jungen
caballeros hatten eine Schwäche für diese Zusammenkünfte
bei Don Alejandro, denn die gute Frau des Don war schon seit einigen
Jahren tot, und abgesehen vom Personal gab es hier keine Frauen, weshalb
sie die ganze Nacht lang nach Herzenslust lärmen konnten.
Nach einer Weile legten sie
Pistolen und Degen ab und fingen an zu prahlen und zu protzen. Don
Alejandro ließ die Waffen von der Dienerschaft in einen abgelegenen
Winkel des Salons bringen, denn er wünschte keinen Streit unter
Betrunkenen, an dessen Ende womöglich ein bis zwei tote caballeros in
seinem Haus zurückblieben.
Eine Zeit lang trank und
sprach Don Diego mit ihnen, dann lehnte er sich zurück, als
langweilten ihn diese Dummheiten.
»Dieser Senor Zorro hat
bloß Glück gehabt, dass wir ihn nicht eingeholt haben«,
rief einer. »Von uns kann es schließlich jeder mit ihm
aufnehmen. Wenn die Soldaten gestandene Männer wären, dann hätte
man ihn schon längst geschnappt.«
»Ha, wenn ich ihn bloß
einmal zu fassen kriegte!«, schrie ein anderer. »Wie der Wirt
unter der Peitsche doch gejault hat!«
»Ist er denn in diese
Richtung geritten?«, fragte Don Alejandro dazwischen.
»Da sind wir uns nicht
ganz sicher. Er ist über den Pfad nach San Gabriel, und dreißig
von uns sind ihm hinterher. Wir haben uns dann in drei Gruppen aufgeteilt,
und eine jede ist in eine andere Richtung geritten. Ich schätze, eine
andere Gruppe hat im Moment das Glück, ihn zu erwischen. Dafür
haben wir das unverschämte Glück, hier zu sein.«
Don Diego erhob sich vor der
Gesellschaft.
»Senores, Ihr werdet
mir sicherlich verzeihen, wenn ich mich zurückziehe«, sagte er.
»Ich bin ermattet von der Reise.«
»Zieht Euch um Himmels
willen zurück«, rief einer seiner Freunde. »Und wenn Ihr
Euch erholt habt, kommt wieder und unterhaltet uns.«
Darüber mussten alle
lachen, und als Don Diego sich umständlich verneigte, konnte er
beobachten, dass eine Reihe von ihnen kaum noch auf die Füße
kam, um sich ihrerseits zu verbeugen. Dann verließ der Spross des
Hauses Vega rasch den Raum, und hinter ihm lief der Taubstumme her.
Er betrat ein Zimmer, das
stets für ihn bereitet war und in dem auch jetzt bereits eine Kerze
brannte. Don Diego schloss die Tür hinter sich, während Bernardo
seinen massigen Körper vor dem Zimmer auf den Boden legte, um seinen
Herrn während der Nacht zu beschützen.
Im großen Salon wurde
Don Diego kaum vermisst. Sein Vater legte die Stirn in Falten und
zwirbelte seinen Schnurrbart, denn er hätte zu gerne einen Sohn
gehabt, der war wie andere junge Männer auch. In seiner Jugend,
erinnerte er sich, hatte er eine solche Gesellschaft niemals so früh
am Abend verlassen. Und wieder seufzte er und wünschte, die Heiligen
hätten ihm einen Sohn geschenkt, in dessen Adern rotes Blut floss.
Die caballeros sangen jetzt,
sie fielen in den Refrain eines beliebten Liebesliedes ein, und ihre
dissonanten Stimmen erfüllten den großen Raum. Don Alejandro lächelte
beim Zuhören, denn er erinnerte sich an seine eigene Jugend.
Zu beiden Seiten des langen
Tisches, auf den sie beim Singen mit ihren Bechern pochten, lagen sie auf
Stühlen und Bänken, und immer wieder brachen sie in schallendes
Gelächter aus.
»Wenn doch bloß
dieser Senor Zorro jetzt hier wäre!«, rief einer von ihnen.
Die Antwort erklang vom
Eingang her.
»Senores, er ist hier!«
25
EIN BÜNDNIS WIRD
GESCHLOSSEN
Das Lied erstarb; das Lachen
verstummte. Sie blinzelten und glotzten durch den Saal. Senor Zorro war
hinter der Tür stehen geblieben, durch die er von der Veranda her
eingetreten war, ohne dass sie es bemerkt
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