Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
wenn sie sich vor Unwettern gefürchtet hatte.
Ja, dachte Valandra traurig, es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der sie gemeinsam gelacht hatten. Doch dann war Dalvina älter geworden und Eleanoras Einfluss immer stärker…
Vom Hof her drangen plötzlich aufgeregte Rufe in die Halle. Im nächsten Augenblick riss Owen die Tür auf und stürmte herein. „Mylady, wir haben Reiter gesichtet. Sie kommen von Osten und nähern sich mit großer Geschwindigkeit.“ „Hat das denn nie ein Ende?“, stöhnte Valandra ärgerlich auf.
Sie überlegte blitzschnell. McGregor konnte es nicht sein. Demnach musste es ein anderer habgieriger Lord aus der Umgebung sein. Aber vielleicht auch... Neue Hoffnung keimte in ihr auf.
„Du sagst, aus östlicher Richtung? Könnte es vielleicht mein Vater sein?“
Owen kratzte sich nachdenklich am Bart. „Die Männer sind noch zu weit entfernt, um Genaueres auszumachen. Aber es wäre wirklich höchste Zeit, dass der Lord endlich heimkehrt.“
Valandra sprang entschlossen von ihrem Stuhl hoch.
„Es ist besser, wir bereiten uns auf einen Angriff vor. Owen, bring die Männer in Alarmbereitschaft. Die Bogenschützen sollen ihre Posten einnehmen. Gib in der Küche Bescheid, Gweneth soll genügend Wasser erhitzen.“ Sie unterdrückte ein Schaudern und betete darum, dass sie nicht zu dieser Maßnahme greifen müsste. Allein die Vorstellung, kochendes Wasser über einen Menschen zu gießen, bereitete ihr Übelkeit.
Valandra durchmaß die Halle mit eiligen Schritten und blieb auf der Treppe stehen, die zu ihren Gemächern führte. „Halte mich auf dem Laufenden! Ich komme so schnell ich kann zur Brustwehr hinauf.“
Owen bewegte sich nicht vom Fleck. „Was habt Ihr vor? Ihr wollt doch nicht …“ „Doch, genau das!“
Valandra stürmte die Stufen zu ihrem Gemach hinauf und rief zugleich nach Detlef, ihrem jungen Kammerdiener.
„Himmel, weshalb gibst du denn keine Antwort?“, verlangte sie schwer atmend zu wissen, als sie die Türe aufstieß.
Detlef saß mit untergeschlagenen Beinen auf ihrem Bett und flocht sich seelenruhig kleine Zöpfchen ins hellbraune Haar. Er war ein schmächtiger, feingliedriger Bursche von sechzehn Lenzen. Natürlich wusste Valandra, dass es vollkommen unschicklich war, sich von einer männlichen ‚Zofe’ zur Hand gehen zu lassen, doch da Detlef nur dem eigenen Geschlecht zugetan war, sah sie darin kein wirkliches Problem. Sie mochte diesen Jungen mit den zarten Gesichtszügen und dem peniblen Ordnungssinn. Auch wenn sein Respekt meist arg zu wünschen übrig ließ.
Detlef hielt in seiner Tätigkeit inne und ließ die Hände sinken. „Ihr wisst ganz genau, dass ich dieses Herumgebrülle nicht leiden kann. Es schadet meiner Stimme und gibt mir außerdem das Gefühl, ein ungehobelter Rabauke zu sein“, antwortete er empört auf ihre Frage.
„Deine Klagen nehme ich später entgegen. Ich muss mich beeilen. Hol mir meine Rüstung. Owen erwartet mich an der Brustwehr“, erklärte Valandra, während sie hastig aus ihrem Wollkleid schlüpfte.
Detlef rührte sich nicht. „Weshalb? Weigert sich Lord McGregor zu verschwinden?“
Valandra stemmte vorwurfsvoll die Hände in die Hüften. „Du solltest dich weniger mit deinen Träumereien beschäftigen und dich mehr darum kümmern, was um dich herum geschieht. McGregor ist bereits seit mehr als einer Stunde abgezogen. Die Wachmänner haben jedoch einen neuen Rittertrupp gesichtet, der direkt auf uns zuhält.“
„Ritter!“ Detlefs Stimme nahm einen verträumten Klang an, bevor er Valandra mit einem strengen Blick maß. „Ihr schickt sie doch hoffentlich nicht wieder weg?“
Valandra verdrehte die Augen. „ Glaubst du denn immer noch, dass ein holder Ritter hoch zu Ross herbeigeeilt kommt, nur um dich hinfort zu tragen?“
Detlef warf ihr einen schmachtenden Blick zu. „Tun wir das denn nicht alle?“ Valandra öffnete den Mund, klappte ihn jedoch sogleich wieder zu. Es war sinnlos.
„Ich habe jetzt wirklich keine Zeit für deine romantischen Hirngespinste. Hilf mir lieber beim Anlegen der Rüstung.“
Detlef rutschte von der Bettkante und rümpfte angewidert die Nase. „Ich hasse dieses Ungetüm. Es lässt Euch plump und unförmig wirken.“
„Die Rüstung ist auch nicht sonderlich bequem. Dennoch ziehe ich sie einem Pfeil in meinem Fleisch bei weitem vor.“
„Glaubt Ihr denn, wir werden ernstlich angegriffen?“
Valandra zuckte unsicher mit den Schultern. „Vielleicht ist es auch mein
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