Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
Vater.“ Urplötzlich wusste sie jedoch, dass dem nicht so war. Es war nicht ihr Vater, der da in vollem Galopp auf sie zupreschte, sondern die Gefahr, dieses unbestimmbare Gefühl, das Valandra seit Tagen verunsicherte.
Nun stand es vor den Toren von Walkmoor Castle.
Kapitel 2
Das Wetter hatte sich verschlechtert. Schwere Regenwolken verdunkelten den Himmel, und erste Blitze kündeten von einem nahen Sturm, als Valandra mit bangem Herzen neben Owen an die Brustwehr trat. Gewöhnlich verschwendete sie keinen Gedanken an ein drohendes Unwetter, schließlich waren diese in ihrer Heimat keine Seltenheit, doch jetzt erschienen ihr die düsteren Wolken wie ein böses Omen.
„Gibt es Neuigkeiten?“
Owen schüttelte den Kopf. „Zumindest keine guten. Die Reiter sind jetzt nah genug, um ihre Farben erkennen zu können. Das Banner ist uns fremd. Wir können nur abwarten.“
Valandras Blick glitt ebenfalls in die Richtung, in die Owen starrte, und ein leises Frösteln rieselte über ihren Rücken.
Das fremde Banner zeigte einen goldenen Löwen auf schwarzem Grund. Rote Flammen züngelten gespenstisch echt um das edle Tier und verliehen ihm auf unheimliche Weise ein Eigenleben.
Owen schüttelte grimmig den Kopf, als er den Blick über Valandras Körper gleiten ließ. „Ich hasse dieses Ding. Es gefällt mir nicht, dass Ihr ständig in dieser hässlichen Rüstung herumlauft.“
Valandra zwang sich zu einem kleinen Lächeln. „Ach Owen, du hast sie doch selbst für mich anfertigen lassen.“
„Aye, aber erst nachdem Ihr mich drei Tage lang auf Schritt und Tritt verfolgt habt, um mich von der Notwendigkeit zu überzeugen.“
Valandras Lächeln wurde breiter. „Und schließlich hast du dich meinen überzeugenden Worten beugen müssen und bist zur Einsicht gekommen. Du musst zugeben, dass ich Recht hatte.“
Owen schnaubte ärgerlich, konnte jedoch das verräterische Zucken um seine Mundwinkel nicht unterdrücken. „Das Einzige, was ich zugeben muss, ist, dass Ihr noch sturer als Euer Vater sein könnt, wenn Ihr etwas erreichen wollt.“ „Siehst du, dann kannst du mir nicht einmal böse sein. Anscheinend liegt es in meinem Blut.“
Valandra trat dichter an die Brustwehr und spähte den Männern entgegen. Es waren an die vierzig Reiter, die sich vor ihren Toren versammelten. Allesamt waren sie schwer bewaffnet. Ihre Rüstungen schimmerten matt und bedrohlich im düsteren Tageslicht.
„Sieh nur! Sie zügeln die Pferde!“ Valandra stützte die Hände auf die dicke Steinmauer und lehnte sich ein Stück weiter vor, um die Vorgänge weit unter sich besser beobachten zu können. „Sie halten an!“
„Freut Euch nicht zu früh, Mylady“, warnte Owen leise. „Die Fremden scheinen zumindest intelligent genug zu sein, um außerhalb der Schussweite unserer Bogenschützen zu bleiben.“
Valandras Brust zog sich vor Unbehagen zusammen.
Gebannt beobachteten sie, wie sich ein Reiter aus dem Trupp löste und selbstsicher auf Rufweite heranritt.
„Großer Gott“, haucht Valandra erschrocken. „Dieser Kerl muss ein Riese sein!“
Die Zügel seines Hengstes nur lose in der linken Hand, nahm Ranulf den Helm ab und rief mit dunkler, volltönender Stimme dem Torhüter zu: „Ich bin Ranulf de Bretaux und wünsche den Burgherrn zu sprechen. Ich bringe Nachricht aus Ägypten.“
Stille. Nichts bewegte sich auf der gewaltigen Festungsmauer, die die Burg umgab.
„Diese Schotten scheinen ebenso gastfreundlich zu sein wie ihr Wetter! Allah sei uns gnädig, aber ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so erbärmlich gefroren“, gestand Kasim missmutig, als er seinen Hengst neben Ranulf lenkte. „Niemand hat dich gebeten mitzukommen“, gab dieser frostig zurück.
Im Gegensatz zu Kasim hatte ihm Schottland auf Anhieb gefallen. Obwohl es ein karges, zerklüftetes Land war, besaß es doch ganz entschieden eine eigene, raue Schönheit. Der Schnee war vielerorts noch nicht ganz geschmolzen, doch jetzt schon zeigten sich Wiesen von solch saftigem Grün, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte. In den Wäldern hatte er Spuren von Rotwild und Hasen entdeckt, und die leuchtend gelben Ginsterbüsche, die ihre ersten Blüten trieben, waren eine wahre Wohltat für seine Augen - insbesondere nach all den Monaten in der Trostlosigkeit der Wüste.
Als die Minuten verstrichen und sich noch immer nichts auf der Burg tat, spürte Ranulf, wie seine Geduld schwand.
Verdammt noch mal, sie saßen nun seit Wochen auf den Pferden. Sie
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