Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
Verfassung, als Ihr ihn verlassen habt?“
„ Oui, es ging ihm den Umständen entsprechend. Euer Vater hat im Kampf einen Arm und dadurch sehr viel Blut verloren. Wenn sich die Wunde nicht entzündet, wird er in einigen Monaten heimkehren.“
Die Nachricht traf Valandra wie ein Fausthieb in die Magengrube. Sie schwankte leicht im Sattel und glaubte, den alles verzehrenden Schmerz am eigenen Leib zu spüren.
„Oh, mein Gott“, hauchte sie und fürchtete einen Moment lang, sich übergeben zu müssen. Doch sie schluckte hart und straffte tapfer die Schultern. Jetzt war nicht die richtige Zeit, um sich dem Mitleid für ihren Vater zu ergeben. Später, wenn sie allein war, durfte sie den Tränen freien Lauf lassen.
„Mein Vater lebt. Das ist alles, was zählt.“ Valandra hob stolz den Kopf und erklärte mit fester Stimme: „Ihr und vier Eurer Männer seid willkommen auf Walkmoor Castle. Die anderen werden ihr Lager hier vor den Burgmauern aufschlagen, bis ich sicher bin, dass ich Euch vertrauen kann.“
Ranulf schüttelte entschieden den Kopf. „Ich werde keinen meiner Männer hier zurücklassen. Die Reise war lang, und sie sind geschwächt. Einige bedürfen der Pflege, weil ihre Wunden wieder aufgebrochen sind. Die anderen werden zur Verteidigung der Burg beitragen.“
Als er sah, wie sich die kleine Gestalt versteifte, fügte er etwas freundlicher hinzu: „Euer Vater sagte mir, dass er Euch kaum Krieger beließ. Ihr werdet meine Männer brauchen, falls erneut Eindringlinge auftauchen.“
Damit hatte er natürlich Recht. Dennoch sträubte sich alles in Valandra dagegen, so viele fremde Soldaten aufzunehmen. Sie waren deutlich in der Überzahl, und es wäre ihnen ein Leichtes, Walkmoor Castle ohne große Gegenwehr an sich zu reißen. Besonders ihr Anführer, dieser Ranulf de Bretaux, wirkte nicht gerade Vertrauen erweckend.
Allein die Art, wie er selbstsicher vor ihr aufragte, ließ keinen Zweifel daran, dass er ein Mann war, der es verstand, seinen Willen durchzusetzen. Die Tatsache, dass er sie fortwährend mit grimmiger Entschlossenheit anstarrte, trug auch nicht gerade dazu bei, ihr die Entscheidung zu erleichtern.
Valandra reckte sich noch ein Stück mehr und beschied streng: „Ich werde Eure Männer erst einlassen, wenn ich mir sicher bin, dass Ihr wirklich von meinem Vater geschickt wurdet. Ihr hättet die Nachricht auch abfangen und Euch nun für diesen Lord de Bretaux ausgeben können.“
Ranulfs Geduld näherte sich bedrohlich dem Ende. Er dachte nicht daran, seine Männer hier ungeschützt zurückzulassen. Keinen Einzigen von ihnen. Obwohl er bezweifelte, dass Malven ihnen auf den Fersen war, so wollte er doch kein Risiko eingehen. Er war selbst einmal Zeuge gewesen, wie sein betagter Freund sieben kriegserprobte Männer umgebracht hatte, und das in der Zeitspanne, die sie zum Überqueren eines schmalen Bachlaufs benötigt hätten. „Euer Vater warnte mich bereits vor Eurem Misstrauen...“ Er fluchte insgeheim und fühlte sich wie ein elender Narr, als er gezwungen war, die nächsten Worte auszusprechen. Ein Glück, dass seine Männer nicht in Hörweite waren. Ranulf räusperte sich unwillig. „Liebe überlebt jeden Sturm und lindert den Schmerz der Einsamkeit.“
Valandra griff sich unwillkürlich an die Brust, wo unter ihrem Panzer das Amulett mit genau dieser Aufschrift ruhte. Im nächsten Augenblick hätte sie beinahe laut aufgelacht, als sie erkannte, wie der finstere Riese bei diesen Worten errötete. Augenscheinlich war er es nicht gewohnt, mit lieblichen Phrasen aufzuwarten. Die vorwurfsvolle Kälte in seinen verblüffend blauen Augen bestätigte diese Annahme.
„Also?“, herrschte er sie unfreundlich an, und seine Lippen bildeten einen grimmigen Strich.
Valandra zögerte noch immer. Schließlich nickte sie jedoch und gab dem Torwächter das Zeichen, die Zugbrücke erneut herunterzulassen. Sie wandte sich an Ranulf. „Mylord, Ihr und Eure Männer seid auf Walkmoor Castle willkommen. Leider sind die Vorräte knapp, doch das, was wir haben, werden wir gern mit Euch teilen.“
Kapitel 3
Die Hufschläge hallten wie Donnergrollen von den dicken Burgmauern, als Ranulf mit seinen Männern über die Zugbrücke ritt. Vor ihnen tat sich ein beeindruckender Burghof auf, der rund um den massiven Haupttrakt führte. Hier befanden sich diverse Ställe, eine Schmiede, eine Brauerei und allerlei andere kleine Gebäude, die direkt aus der Umfriedungsmauer zu sprießen schienen. Zur rechten
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