Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
und das schlichte Nachthemd klebte schweißnass an ihrem Körper.
„Dem Himmel sei Dank! Es war nur ein Albtraum“, flüsterte sie bebend und sah sich erleichtert in ihrem Gemach um. Es war bereits heller Tag.
„Nur ein Albtraum“, wiederholte sie leise, doch das Grauen saß ihr noch immer in den Gliedern. Auch wenn sie sich nur noch an wenige Bruchstücke erinnern konnte, wusste sie, dass Ranulf in ihrem Traum eine Rolle gespielt hatte.
Ihr Blick glitt zögernd zum Bärenfell vor dem Kamin. Er hatte sie geküsst... Sie holte zitternd Atem. Es war unbeschreiblich schön gewesen - sinnlich und berauschend.
Doch dann hatte sich der Traum verändert, und alles war plötzlich sehr verwirrend und beängstigend gewesen. Sie fand sich in einem Wald wieder, umgeben von tiefer Nacht und Finsternis… Sie stand auf einer kleinen Lichtung, umgeben von Fackeln tragenden Soldaten, und suchte verzweifelt nach Ranulf, doch sie konnte ihn nirgends finden. Ohne ein Wort des Abschieds hatte er sie verlassen. Sie weinte, rief nach ihm, flehte, doch er kehrte nicht zu ihr zurück. Wenige Herzschläge später entdeckte sie ihn. Er verharrte mit ausgebreiteten Armen auf einem Hügel. Ihm gegenüber stand ein Fremder mit gespanntem Bogen, gewillt, ihn jeden Augenblick zu töten.
Valandra schrie und stürmte den Hügel hinauf. Sie rannte so schnell, dass sie kaum mehr den Boden unter den Füßen spürte. Doch sie kam zu spät und musste das Unfassbare mit ansehen. Während sie Ranulf erreichte, sank dieser in sich zusammen. Der Pfeil hatte ihn mitten ins Herz getroffen.
Ranulf war tot…
Valandra bekreuzigte sich schnell und dankte Gott, dass es nur ein böser Traum gewesen war. Dennoch wollte sie das dumpfe Gefühl von Gefahr nicht sogleich verlassen. „Nun mach dich nicht verrückt, Mädchen!“, schalt sie sich energisch. „Deine überschäumende Fantasie hat dir wieder einmal einen Streich gespielt. Das ist alles.“
Sie sprang aus dem Bett und fühlte sich gleich etwas besser. Die vertraute Umgebung und das tröstliche Tageslicht besänftigten ihre Nerven.
Sie ging zur Waschschüssel, goss frisches Wasser aus dem Krug hinein und wusch sich das Gesicht. Dabei wurde ihr bewusst, dass ihre Muskeln kaum mehr schmerzten. Vielleicht sollte sie kurz bei Ranulf vorbeischauen. Natürlich nur, um ihm für seine etwas befremdliche Hilfe in der vergangenen Nacht zu danken. Bestimmt nicht, um sich zu vergewissern, dass es ihm auch wirklich gut ging.
Von diesem Gedanken beruhigt, erledigte Valandra eilig ihre Morgentoilette, band das widerspenstige Haar lose im Nacken zusammen und schlüpfte in ein schlichtes dunkelgrünes Wollkleid. Dann schob sie das Fell von der fensterähnlichen Öffnung und spähte in den Burghof hinunter.
„Seltsam.“
Zu ihrem Erstaunen befehligte Owen die Krieger. Von Ranulf fehlte jede Spur. Auch in der großen Halle war er nicht anzutreffen. Eine unbestimmbare Furcht erfasste sie, und obwohl sie sich selbst eine Närrin schimpfte, beschleunigten sich ihre Schritte, bis sie beinahe rannte. Hatte er Walkmoor Castle verlassen? War er einfach weggeritten, ohne ein Wort des Abschieds? Ein unerwarteter Schmerz erfasste sie bei diesen Gedanken.
In der Küche wäre sie Detlef vor Erleichterung beinahe um den Hals gefallen, als dieser ihr erklärte, Ranulf habe sich gleich nach dem Frühstück in seine Gemächer zurückgezogen.
Ein wenig und mit klopfendem Herzen stieg Valandra die Stufen zum oberen Stockwerk wieder hinauf. Seltsam, Müßiggang sieht ihm gar nicht ähnlich.
Sie klopfte leise an seine Türe.
Nichts.
Vielleicht fühlt er sich nicht wohl und hat sich schlafen gelegt, überlegte sie und spürte, wie ihre Sorge um ihn wuchs.
Sie klopfte erneut - diesmal fester.
Die Sekunden verstrichen und schienen zu einer Ewigkeit zu werden, bis sie endlich seine tiefe Stimme hörte.
„Herein!“
Valandra öffnete die Türe, trat ein - und erstarrte im selben Augenblick. Die Szene, die sich vor ihren Augen abspielte, überstieg ihr Fassungsvermögen und lähmte ihren Verstand.
Keine zwei Schritte von ihr entfernt saß Ranulf nackt in einem riesigen Bottich und genoss ein Bad. Aber das tat er nicht allein! Dieser elende Lüstling! Hinter ihm kniete eine ebenso nackte Bell. Man stelle sich das vor! Ausgerechnet Bell, die kecke Küchenmagd, die es mit jedem männlichen Wesen auf der ganzen Burg trieb. Es hieß, sie sei so unersättlich wie eine Katze, und heute stand offensichtlich Ranulf auf ihrem
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