Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
ich verstehe. Was hat Ranulf diesmal angestellt? Er kann manchmal ausgesprochen schwierig sein.“
„Ich habe nicht gesagt, dass von ihm die Rede ist.“
„Nein, aber Ihr habt auch nichts Gegenteiliges behauptet.“
Valandra konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. „ Du hast mich ausgetrickst!“
Die Krieger hatten sie inzwischen eingeholt, und Valandra setzte ihren Ausflug in gemütlichem Tempo fort. „Wie kannst du nur mit diesem Kerl befreundet sein? Er ist so... so...“
„Anstrengend? Schwierig? Verschlossen?“, half Kasim ihr freundlicherweise aus.
Auf Valandras Nicken hin legte sich etwas wie Bedauern auf Kasims hübsches Gesicht. „Das ist er. Aber er trägt sein Herz am rechten Fleck, obwohl er das natürlich niemals zugeben würde.“ Er schwieg einige Augenblicke, bevor er leise fortfuhr. „Die Vergangenheit formt einen Menschen, Lady Valandra. Ranulf hat schon viele Schlachten geschlagen – auf Schlachtfeldern und auch mit seiner Seele. Letztere sind sehr schmerzhaft und machen einsam.“
Einsam? Einsam war dieser Kerl ganz bestimmt nicht, fuhr es Valandra unvermittelt durch den Kopf, und ihre Finger schlossen sich fester um die Zügel. Vermutlich vertrieb er sich gerade in diesem Augenblick die Zeit mit Bell oder einer anderen Magd. Dieser Mistkerl!
Kasim musste ihren Ärger gespürt haben. „Verurteilt ihn nicht, Lady Valandra“, bat er. „Ihr kennt ihn nicht.“
„Wie sollte ich auch? Er ist so verschlossen und unzugänglich... Ich kenne kaum mehr als seinen Namen!“
„Habt Geduld. Es kommt der Tag, an dem Ihr alles erfahren werdet.”
Das wagte sie zu bezweifeln. In wenigen Wochen würde Ranulf Walkmoor Castle den Rücken zukehren und vermutlich auf immer verschwinden.
Dieser Gedanke tat ihr seltsam weh. Auch wenn sie sehr wütend auf diesen dummen Riesen war, hätte sie wirklich gern mehr über ihn erfahren. „Wie hast du Ranulf eigentlich kennen gelernt? Ich weiß zwar, dass du ihm das Leben gerettet hast, aber du hast nie erzählt, wie es dazu gekommen ist. Mir scheint, es gefällt ihm nicht, wenn du ihn als dein Eigentum bezeichnest.“ Kasim grinste jungenhaft. „Es macht ihn sogar ausgesprochen wütend! Aber es ist ein ausgezeichneter Vorwand, um ihn begleiten zu können. Wenn er meine wahren Gründe kennen würde, hätte er mich schon längst an irgendeinen Baum gebunden und wäre davongeritten. Ranulf hasst Dankbarkeit.“ „Jetzt bin ich wirklich neugierig.“
Kasim lehnte sich bequem im Sattel zurück und begann mit seinem Bericht. „Ich traf Ranulf vor drei Jahren in der Wüste meiner Heimat. Es waren unruhige Zeiten. Sklavenfänger machten meinem Stamm das Leben schwer. Sie plünderten, töteten und entführten unsere Frauen, um sie in die Sklaverei zu verkaufen. Ich zog mit einigen meiner Stammesbrüder aus, um die Kerle zu jagen, doch wir fanden nur ihren verlassenen Lagerplatz. Auf dem Rückweg entdeckte ich plötzlich einen Reiter.“
„Ranulf.“
Kasim nickte. „Ich hielt ihn für einen Späher der Sklavenfänger und pirschte mich an ihn heran. Mein Speer verfehlte sein Herz nur um Haaresbreite und durchbohrte seine linke Schulter.“
Valandra fühlte, wie ihr übel wurde.
„Als ich meinen Irrtum erkannte, schafften wir den halbtoten Ranulf in unser Zeltlager. Meine Mutter und meine Schwestern pflegten ihn, obwohl niemand daran glaubte, dass er überleben würde. Aber Ranulf war ein zäher Brocken und erholte sich von der Verletzung.“
„Du musst sehr erleichtert gewesen sein.“
Kasim sah sie seltsam an. „ Anfangs ja, doch dann bekam er Fieberträume... Er kämpfte mit den Dämonen seiner Vergangenheit... und mir wurde klar, dass ich ihm einen größeren Dienst erwiesen hätte, wenn ich ihn in der Wüste hätte sterben lassen.“
„Das kann nicht dein Ernst sein!“, rief Valandra empört. Wie konnte er nur so etwas Hässliches sagen?
„Doch, Lady Valandra! Allahs Wille ging jedoch andere Wege, und Ranulfs Zustand besserte sich. Eines Nachts, er war noch sehr geschwächt, kamen die Sklavenfänger zurück und raubten unsere Frauen.“
„Wie schrecklich“, flüsterte Valandra mitfühlend. „Deine Mutter?“
Kasims Lippen bildeten einen grimmigen Strich. „Und meine acht Schwestern. In meinem Zorn wollte ich ganz allein den Sklavenfängern nachreiten, um mich an ihnen zu rächen.“
„Das wäre Selbstmord gewesen!“
Kasim lachte leise auf, und seine Augen nahmen einen entrückten Glanz an, ganz so, als wäre er wieder
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