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Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)

Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)

Titel: Im Zwielicht der Gefühle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Alge
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sie und sog scharf den Atem ein. „Du weinst?“
    Grundgütiger, was hatte sie nur angerichtet? Sie hatte ihre Schwester noch nie weinen gesehen. In ihren Augen war Valandra stets eine Art Übermensch gewesen. Eine Kämpfernatur, die nichts und niemand aus der Fassung bringen konnte und die immer alles unter Kontrolle behielt, egal wie hoffnungslos die Lage auch schien. Sie nun weinen zu sehen trieb ihr selbst die Tränen in die Augen.
    Valandra wischte sich die feuchten Wangen mit dem Handrücken trocken und lächelte leicht beschämt. „Dumm von mir, nicht wahr?“
    Dalvina schüttelte den Kopf. „Nein, Val, Gefühle zu zeigen ist niemals dumm.“ „Würdest du Lord Ranulf bitte ausrichten, dass heute keine Viehauktion stattfindet? Ich denke nicht daran, nach unten zu gehen und bei dieser Farce mitzuwirken.“
    Dalvina furchte verwirrt die Stirn. „Möchtest du denn keinen Ehemann?“ „Nein... doch... ich meine...“ Valandra hob den Blick gegen die Decke, damit Dalvina ihre neuerlichen Tränen nicht sehen konnte. „Natürlich möchte ich irgendwann heiraten und eine Familie gründen. Aber nicht so und ganz bestimmt keinen dieser habgierigen Lords, die sich in meiner Halle breit machen und nur hier sind, weil sie fette Beute wittern. Soll Ranulf doch selbst einen von denen heiraten, wenn er sie so wundervoll findet.“ Sie wandte sich um und schritt in ihrem Zimmer auf und ab. „Woher nimmt dieser Kerl die Arroganz, über mein Leben zu bestimmen? Er hat kein Recht dazu!“
    Dalvina zog erstaunt die Augenbrauen hoch, als ihr die Wahrheit über Valandras Niedergeschlagenheit dämmerte. Sie hatte ihre Wahl längst getroffen! Sie liebte Lord Ranulf! War es da ein Wunder, dass sie nichts mit ihren Gästen zu tun haben wollte?
    Dalvinas Herz tat einen freudigen Satz! Wie wunderbar! Endlich bekam sie die Möglichkeit, ihre eigenen Schandtaten wieder gutzumachen! Sie war plötzlich ganz aufgeregt. „Wir sollten uns jetzt für das Abendmahl fertig machen.“
    „Nein!“, zischte Valandra wütend, weil ihre Schwester anscheinend nicht verstand. „Ich werde mich nicht mit diesem arroganten, sturen und hinterhältigen Kerl an einen Tisch setzen. Von mir aus kann er warten, bis er grün im Gesicht wird!“
    Dalvinas Lippen hoben sich zu einem kleinen Lächeln. „Vermutlich hofft er genau auf diese Reaktion von dir.“
    Valandra blieb abrupt stehen und starrte ihre jüngere Schwester irritiert an. „Wie meinst du das?“
    Dalvinas Lächeln wurde noch breiter. „Was glaubst du, weshalb er ausgerechnet mich zu dir geschickt hat, um dich für das Abendessen abzuholen? Er weiß, dass ich keinerlei Einfluss auf dich habe. Wenn ihm also wirklich daran gelegen wäre, dass du unten erscheinst, wäre er selbst die Treppe heraufgestürmt, hätte dich über die Schulter geworfen und wie einen Sack Getreide nach unten geschleift.“ Dalvina schüttelte den Kopf. „Nein, Val, Ranulf möchte gar nicht, dass du diesen Heiratskandidaten gegenübertrittst. Ihm wäre es lieber, wenn du dich hier einschließen und ihnen niemals begegnen würdest.“
    „Das ergibt doch keinen Sinn.“
    „Und ob“, kicherte Dalvina aufgeregt. „Weil er dich liebt!“ Sie hob abwehrend die Hände. „Ich weiß, dass es unter den gegebenen Unständen seltsam klingt.“
    „Absurd wäre wohl die bessere Bezeichnung.“
    „Von mir aus auch das, aber ich bin mir ganz sicher, dass es die Wahrheit ist. Ich sehe doch, wie er dich mit den Augen verschlingt, wenn er sich unbeobachtet fühlt.“
    Valandra kämpfte den leisen, verräterischen Hoffnungsschimmer in ihrem Herzen nieder und lachte bitter auf. „Und weshalb sitzt er dann mit seinen erwählten Heiratskandidaten unten am Tisch? Zweifellos erzählt er ihnen von meinen überragenden Vorzügen und versucht ihnen eine Heirat mit mir schmackhaft zu machen.“
    „Aber er sieht dabei nicht glücklich aus“, erwiderte Dalvina. „Im Gegenteil. Ich habe zufällig einen dieser Männer dabei beobachtet, wie er sich heimlich bekreuzigte, nachdem Lord Ranulf ihm einen feindseligen Blick zugeworfen hatte.“
    Valandra versank in nachdenkliches Schweigen. Sie konnte der seltsamen Logik ihrer Schwester nicht viel abgewinnen. Ranulf war ein geradliniger Mann. Er hielt mit seiner Meinung selten hinter dem Berg und handelte stets entschlossen, manchmal sogar rücksichtslos, wenn es seinen Plänen diente. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er diese Nachbarlords gegen seine eigene

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