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Imagica

Imagica

Titel: Imagica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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einer Gesellschaft verbannen ließ. Nein, das Tragische steckte in der Gefahr, die nun seinem Werk drohte: Gewisse Kräfte wollten Imagica wieder in das Chaos stürzen, aus dem er die Domänen gerettet hatte. Um die subversiven Elemente zu neutralisieren, standen ihm nur begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung, und sein derzeitiger Aufenthalt im Palast von Kwem diente dazu, zwischen ihnen zu wählen. Die Ereignisse von Patashoqua deuteten auf neuerliche Verschwörungen hin und verlangten Gegenmaßnahmen vom Autokraten. Er konnte die Unruhen, Rebellionen und Aufstände auch weiterhin für kleine Ärgernisse halten und sich auf Repressalien beschränken, die Warnungen gleichkamen, wie zum Beispiel die Zerstörung des Dorfes Beatrix oder die Hinrichtungen von Vanaeph. Diese Strategie wies jedoch zwei Nachteile auf. Der jüngste Anschlag auf sein Leben mochte schlecht geplant und ungeschickt gewesen sein, aber er verriet eine besorgniserregende Entschlossenheit. Von jetzt an mußte er damit rechnen, ständig bedroht zu sein, bis die letzten Radikalen und Revolutionäre eliminiert waren. Außerdem: Die Umstände hatten ihn immer wieder gezwungen, hart durchzugreifen, und neuerliche Aktionen dieser Art machten wohl kaum einen Unterschied, oder? Vielleicht wurde es Zeit, der Unterdrückung einen größeren Raum zu geben: ganze Städte unter Kriegsrecht; eingekerkerte Tetrarchen, um ihre Korruption im Namen der Gerechtigkeit bloßzustellen; gestürzte Regierungen; rücksichtsloser Einsatz des Militärs der Zweiten Domäne.
    Vielleicht mußte Patashoqua ebenso niedergebrannt werden wie Beatrix. Oder wie L'Himby und die verdammten Tempel.
    Möglicherweise gelang es ihm, auf diese Weise einen Erfolg zu erzielen und den endgültigen Sieg über seine Gegner zu erringen. Wenn nicht, wenn seine Berater das Ausmaß der 523

    Unzufriedenheit im Volk und die Fähigkeiten der Anführer des Pöbels unterschätzt hatten..., dann schloß sich vielleicht der Kreis und brachte die Apokalypse jenes fernen Sommers zurück, damit sie sich hier entfaltete, im Zentrum seines gelobten Landes. Vielleicht brannte nicht Patashoqua, sondern Yzordderrex. Und wo sollte er dann Trost suchen? In England?
    Er fragte sich, ob das Haus in Clerkenwell nach wie vor existierte. Waren die Räume darin noch immer vom Zauber des Wunsches erfüllt? Oder hatten die Gehilfen des Maestros dort alles sauber gescheuert, bis hin zur letzten Diele und zum letzten Nagel? Diese Überlegungen übten einen nicht unbeträchtlichen Reiz auf ihn aus. Neugier regte sich im Autokraten - mehr nicht, nur Neugier -, als er daran dachte, nach fast zweihundert Jahren festzustellen, wie es in der abgetrennten Domäne zuging.
    Er hob den Kopf, als sich jemand näherte: Rosengarten.
    Ironie hatte ihn veranlagt, dem Mann ausgerechnet diesen Namen zu geben, denn er schien die Personifizierung des Unfruchtbaren zu sein. Der Mann war scheckig aufgrund einer Krankheit aus den Sümpfen von Loquiot, und das gleiche Leiden hatte ihn während eines Anfalls von Raserei dazu veranlaßt, sich selbst zu entmannen. Rosengarten lebte allein für die Pflicht. Im Gegensatz zu anderen Generälen versündigte er sich nie mit irgendwelchen Exzessen gegen die strenge Einfachheit dieser Kammern. Er sprach und bewegte sich leise; er roch nicht nach Parfüm; er trank nicht und aß nie Kreauchee.
    Er war leer - und der einzige Mann, dem der Autokrat vorbehaltlos vertraute.
    Rosengarten brachte Neuigkeiten und erzählte sie mit knappen Worten. Bei einer Rebellion in der Irrenanstalt von Chzercemit waren fast alle Wächter getötet worden - unter Umständen, die noch geklärt werden mußten -, und viele Gefangene hatten die Flucht ergriffen, angeführt von einem gewissen Scopique.
    524

    »Wie viele entkamen?« fragte der Autokrat.
    »Ich habe eine Liste, Sir«, erwiderte Rosengarten und öffnete den Aktenordner. »Einundfünfzig Personen werden vermißt, die meisten von ihnen religiöse Dissidenten.«
    »Frauen?«
    »Nein.«
    »Wir hätten sie nicht einsperren, sondern hinrichten sollen.«
    »Einige Häftlinge wären gern den Märtyrertod gestorben, Sir. Das wurde bei der Entscheidung berücksichtigt, die betreffenden Leute zu inhaftieren.«
    »Jetzt kehren sie vermutlich zu ihren Gemeinden zurück, um erneut Revolution zu predigen. Dem müssen wir vorbeugen.
    Wie viele Entflohene sind früher in Yzordderrex aktiv gewesen?«
    »Neun. Unter ihnen auch Pater Athanasius.«
    »Athanasius? Was hat es mit ihm auf

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