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Imagica

Imagica

Titel: Imagica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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»Da wir Fremde an diesem Ort sind. Alle beide.« Pie sprach seltsam gestelzt. Er schien mehr sagen zu wollen, in diesem Zusammenhang aber mit sich zu ringen.
    »Wir benötigen... Hinweise.«
    »Ach?« Tick Raw musterte seine beiden Begleiter.
    »Tatsächlich?«
    »Wer ist der Autokrat?« fragte Gentle.
    »Er herrscht von Yzordderrex aus über die zusam-253

    mengeführten Domänen. In Imagica hat niemand größere Macht.«
    »Und er kommt hierher?«
    »So heißt es«, bestätigte Tick Raw. »Die Vierte entzieht sich ihm allmählich, und das weiß er. Deshalb hat er beschlossen, selbst zu erscheinen. Offiziell hat er nur einen Besuch in Patashoqua angekündigt, aber vermutlich steckt mehr dahinter.«
    »Glauben Sie, er kommt wirklich?«
    »Wenn nicht... Dann erfährt ganz Imagica, daß er sich davor fürchtet, hier sein Gesicht zu zeigen. Nun, das gehört natürlich zu der Aura des Geheimnisvollen, die ihn umgibt. Seit vielen Jahren gebietet er über die Domänen, aber kaum jemand weiß, wie er aussieht. Jetzt nützt ihm auch die Faszination des Mysteriösen nichts mehr. Wenn er eine Revolution vermeiden will, muß er sein Charisma beweisen.«
    »Wird man Vorwürfe gegen Sie erheben, weil Sie Hammeryock gegenüber behaupteten, wir seien Ihre Freunde?«
    erkundigte sich Gentle.
    »Vielleicht. Wie dem auch sei: Man hat mir Schlimmeres zur Last gelegt. Außerdem entspricht es fast der Wahrheit. Hier ist jeder Fremde ein Freund von mir.« Tick Raw sah Pie an. »Das gilt auch für einen Mystif«, fügte er hinzu. »Die Leute in diesem Dunghaufen sind völlig poesielos. Oh, ich weiß - ich sollte mehr Mitgefühl für sie aufbringen. Bei den meisten von ihnen handelt es sich um Flüchtlinge. Sie haben ihr Land verloren, ihre Häuser, ihre Heimat. Doch sie sind so sehr mit ihren eigenen kleinen Sorgen beschäftigt, daß sie nicht an die wichtigeren Dinge denken.«
    »Und woraus bestehen die wichtigeren Dinge?« fragte Gentle.
    »Ich schätze, darüber sollten wir besser hinter verschlossenen Türen sprechen«, erwiderte Tick Raw und gab keine weiteren Auskünfte mehr - bis sie schließlich seine Hütte 254

    erreichten.
    Es wäre untertrieben gewesen, die Hütte als spartanisch zu bezeichnen. Decken auf einem Brett dienten als Matratze, und ein weiteres Brett fungierte als Tisch, vor dem einige staubige, von Motten zerfressene Kissen lagen.
    »So weit ist es mit mir gekommen«, sagte Tick Raw zu Pie'oh'pah, als sei dem Mystif klar, wie sehr er sich gedemütigt fühlte. »Vielleicht könnte ich heute ein besseres Leben führen, wenn ich weitergezogen wäre. Aber diese Möglichkeit blieb mir natürlich verwehrt.«
    »Warum?« fragte Gentle.
    Tick Raw bedachte ihn mit einem verwunderten Blick und sah Pie an, bevor er seine Aufmerksamkeit erneut auf Zacharias richtete.
    »Ich dachte, das sei offensichtlich«, sagte er. »Ich muß auf meinem Posten bleiben - bis ein besserer Tag heraufdämmert.«
    »Und wann rechnen Sie damit?«
    »Keine Ahnung.« Jetzt schwang so etwas wie Bitterkeit in Tick Raws Stimme mit. »Von mir aus kann's schon morgen soweit sein. Dies ist kein Leben für jemanden, der das Gewebe der Magie spinnt. Ich meine, sehen Sie sich nur um!« Er deutete durch den Raum. »Im Vergleich mit einigen anderen Bruchbuden bin ich hier sogar von Luxus umgeben. Es gibt Leute, die in ihren eigenen Exkrementen hocken und ständig hungern. Und das in unmittelbarer Nähe einer der reichsten Städte aller Domänen! Unerhört! Ich habe wenigstens einen vollen Magen. Und ich genieße Respekt. Niemand will sich meinen Zorn zuziehen. Man kennt mich als Beschwörer, und deshalb bleibt man auf Distanz. Selbst Hammeryock. Er haßt mich mit der ganzen Kraft seines Herzens, aber er wagt nicht, den Nullianac auszuschicken, um mich zu töten - weil er fürchtet, daß ich überlebe und es ihm heimzahle. Wozu ich durchaus imstande wäre. Oh, ich würde ihm mit Freuden eine Lektion erteilen, die er nie vergißt. Aufgeblasener Mistkerl.«
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    »Sie sollten einfach aufbrechen und sich irgendwo in Patashoqua niederlassen«, sagte Gentle.
    »Bitte.« Tick Raw schnitt eine Grimasse. »Können wir nicht auf diese Spielchen verzichten? Ich habe meine Integrität bewiesen, oder? Indem ich Ihnen das Leben rettete.«
    »Wofür wir sehr dankbar sind«, erwiderte Gentle.
    »Ich will keine Dankbarkeit«, hielt ihm Tick Raw entgegen.
    »Was wollen Sie dann? Geld?«
    Der Mann stand ruckartig auf, und sein Gesicht lief rot an.
    Zorn blitzte in den

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