Zigaretten von Sir Richard und Dr. Paulson anzündeten, sah ich, wie Sie das Feuerzeug zuschnappen ließen und wieder anknipsten, bevor Sie Ihre eigene Zigarette anzündeten. Welche unsichtbaren Geister wollten Sie sich damit geneigt machen?»
Mrs. Wilson lachte belustigt auf, und der Major warf ihr einen strafenden Blick zu.
Hero fuhr fort: «Über der Küchentür ist ein Hufeisen angebracht, über dem Stalltor auch, und jede Tür im Schloß trägt ein Hexenkreuz. Ach, und dann noch das hier», schloß Hero und zog ein Spiel Karten aus der Tasche, das er mit der Fertigkeit eines Taschenspielers auffächerte und in die Höhe hielt, so daß alle es sehen konnten. Susan Marshall erkannte die Karten, die er am Nachmittag an sich genommen hatte.
«Das Tarock», sagte Hero, «Pforte zu den Geheimnissen der Zukunft. Sein Ursprung geht bis in die Antike zurück. Ich möchte gern wissen, was ein Spiel Karten, wie mitteleuropäische Zigeuner es zum Wahrsagen benutzen, in einem ehrbaren, normalen englischen Landschloß zu tun hat, dessen Bewohner nicht abergläubisch sind. Es würde mich auch interessieren, wem sie gehören, falls der Betreffende sie gern zurückhaben möchte.»
Lord Paradine bekam einen noch röteren Kopf. Er haßte es, Problemen gegenüberzustehen, die er nicht verstand. Er sagte: «Was bezwek-ken Sie damit, Sir? Ich dachte, Ihre Aufgabe wäre es, mit dieser Gespensterplage aufzuräumen. Nun scheint es mir, Sie glauben selber an Gespenster.»
Hero warf einen Blick auf den Kartenfächer in seiner Hand, schob ihn zusammen und ließ die Karten mit einer blitzschnellen Bewegung in der Tasche verschwinden. «In gewissem Sinne schon», erwiderte er. «Ich bin gezwungen, an Gespenster zu glauben oder mindestens an das, was man mir von ihnen erzählt hat, da ich noch nie das Glück hatte, einem zu begegnen.»
Das unterdrückte Gelächter, mit dem diese Bemerkung quittiert wurde, ärgerte und verwirrte Lord Paradine noch mehr, besonders als Vetter Freddie boshaft sagte: «Der zahlt’s dir aber heim, Onkel!»
Mrs. Wilson versuchte, die peinliche Situation zu retten und sagte: «Dann glauben Sie also nicht, daß eine unmittelbare Gefahr besteht?» Sie neigte sich vor, während sie sprach, und fixierte Hero mit ihren hungrigen Augen. Er fragte sich, ob die anderen wohl merkten, wie sehr sie sich für ihn interessiere.
«Das habe ich nicht gesagt», erwiderte er. «An der Grenze besteht immer Gefahr.»
«An welcher Grenze?» wollte Major Wilson wissen.
«Wo böswillige Geister den Menschen ins Zeug pfuschen — oder umgekehrt.»
Die Stille, die darauf folgte, wurde von Vetter Freddies Lachen unterbrochen. «Mit dem
meinen Sie vermutlich uns?»
Major Wilson lachte lautlos und meinte verächtlich: «Böswillige Geister! Und das will ein intelligenter und gelehrter Mann sein!»
Vetter Freddies Augen funkelten vor Schadenfreude über diese unverzeihliche Taktlosigkeit.
Hero antwortete liebenswürdig: «Wir vergessen nur zu leicht, daß die Gespenster oder Geister — falls es sie wirklich gibt — früher einmal Menschen waren und daher im wesentlichen die gleichen Charakterzüge aufweisen müssen. Ich glaube zum Beispiel nicht, daß Sie sich nach dem Tode stark verändern würden.»
Susan Marshall unterdrückte den Impuls, laut herauszulachen und empfand plötzlich eine warme Zuneigung zu Hero. Der Major schwieg, da er nicht sicher war, ob Heros allgemein oder persönlich gemeint war. Lord Paradine dagegen sagte ärgerlich: «Was soll dieses theoretische Geschwätz? Könnten Sie uns nicht endlich klaren Wein einschenken und sagen, ob Ihrer Ansicht nach im Schloß Paradine Hall ein Gespenst sein Unwesen treibt oder nicht?»
Hero betrachtete seinen Gastgeber kühl und wiederholte: «Ein Gespenst? Ich würde sagen, Gespenster — eine ganze Anzahl davon — , viel zu viele für meinen Geschmack.»
Vorsicht, Hero!
Am andern Morgen las Mr. Hero in seinem Zimmer die Sage von der Gespensternonne von Schloß Paradine Hall nochmals nach, und zwar in dem Band
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