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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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geradewegs aus dem Grab zu kommen schienen.
    Obschon sie gewußt hatte, was geschehen würde, versagten ihre Nerven, so entsetzlich war es. Sie wollte aufschreien, doch die Berührung der eisigen Hand lähmte sie derart, daß nur ein schwaches Röcheln über ihre Lippen drang.
    Dann ließ die Hand sie los, und jemand flüsterte: «Jetzt ist alles vorbei. Es tut mir leid, daß ich Sie so habe quälen müssen.» Hero streichelte beruhigend ihr Haar, und sie streckte vor Erleichterung ganz unbewußt die Arme nach ihm aus und hielt ihn in der Dunkelheit umschlungen. Er erwiderte ihre Umarmung, und dann kam, was sie erwartet hatte. Sein Mund fand den ihren, und sie verloren sich in einem Augenblick höchster Seligkeit ineinander.
    Bevor sie sich aber ganz vergaßen, lösten sie sich voneinander. Er streichelte zärtlich ihr Gesicht und flüsterte ihren Namen, und sie hatte nur den einzigen Wunsch, ihn nie mehr zu verlieren. Und dennoch fühlte sie, daß nicht alles war, wie es hätte sein sollen, daß sie nicht voll und ganz ja sagen konnte.
    Hero fand seine Selbstbeherrschung zuerst wieder. «Vielleicht sollten wir jetzt das Licht anzünden», flüsterte er, und Susan antwortete: «Ja, ich glaube auch.» Sie hörte ihn herumtasten und auf den Schalter der Nachttischlampe drücken, aber es wurde nicht hell.
    Hero fühlte, wie seine Kopfhaut zu prickeln begann und seine Nerven sich spannten. Er hatte das Experiment peinlich genau wiederholt, mit einer Ausnahme: Am elektrischen Licht hatte er nichts geändert. Er legte den Mund an Susans Ohr und flüsterte: «Ich habe es mir anders überlegt. Zünden Sie die Kerze an, wie Sie es in jener Nacht taten, aber ganz leise.» Susan tastete sich zum Kamin hinüber und zündete ein Streichholz und dann die Kerze an.
    Sie schauten sich ins Gesicht, wissend, daß sie soeben einen Augenblick der Liebe oder doch eines sehr ähnlichen Gefühls erlebt hatten. Dies machte sie keineswegs befangen und hinderte sie nicht, das Vorgefallene kritisch zu überdenken. Susan dachte:     Hero dachte:
    Er schob den Riegel vor, während Susan ihm mit weit geöffneten Augen zuschaute. Sie sagte: «Genauso war es. Sind Sie mit Ihrem Experiment zufrieden?»
    «Ja», sagte Hero. Er war blaß, und seine Augen glänzten im Kerzenlicht.
    «Und?» fragte Susan.
    Doch er legte einen Finger an die Lippen, und sie bemerkte, daß er wie gebannt auf den Türgriff schaute, der langsam und stetig niedergedrückt wurde. Susans Herz klopfte ungestüm, und sie wagte kaum zu atmen. Hero hob eine Hand und bedeutete ihr, sich absolut ruhig zu verhalten und keine Angst zu haben. Derselbe Vorgang wiederholte sich ein zweites Mal. Jemand oder etwas versuchte die Tür von außen zu öffnen.

13

Die gute Fee tritt auf

    Hero und Susan warteten gespannt, was weiter geschehen würde, und rührten sich nicht. Der Türgriff wurde nochmals niedergedrückt; dann vernahmen sie ein schwaches Knarren im Korridor, und es wurde wieder still. Draußen war die Nacht von ländlichen Geräuschen erfüllt, im Innern des Schlosses aber herrschte Ruhe.
    Hero schien nicht mehr zu lauschen, sondern seine Aufmerksamkeit etwas anderem zuzuwenden und zu warten. Die Lampe auf dem Nachttisch leuchtete plötzlich hell auf, und Susan stieß ein überraschtes «Oh!» aus. Hero dagegen seufzte erleichtert und sagte: «Gefahr vorüber.»
    So furchtlos und beherrscht Susan auch war, fühlte sie sich von dem jüngsten Erlebnis doch etwas mitgenommen und sagte kleinlaut: «Sind Sie wirklich davon überzeugt? Oh, Alexander, ich bin so froh, daß Sie bei mir waren. Was kann es wohl gewesen sein?»
    Hero betrachtete sie nachdenklich. «Nicht was», sagte er, «sondern wer? Ein hätte ohne weiteres hereinkommen können. Ein dagegen fand an dem inneren Riegel ein unüberwindliches Hindernis.»
    «Warum sind Sie ihm nicht gefolgt? Warum haben Sie die Tür nicht geöffnet? Sie hätten ihn bestimmt erwischt.»
    Hero fragte lächelnd: «Wer hätte wen erwischt?»
    Susan holte tief Atem. «Sie haben es also meinetwegen bleibenlassen? Sie hätten das Geheimnis lüften können, wenn Sie die Tür geöffnet hätten...»
    «Dazu hatte ich kein Recht», sagte

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