Immer diese Gespenster
die freundliche Einladung von Mrs. Vivyan Wilson nicht annehmen zu können...>
Irgendwo im Schloß ertönte plötzlich ein entsetzliches Krachen, als wäre ein schweres Möbelstück umgestürzt. Darauf folgte ein unterirdisches Ächzen und dumpfes Rollen.
Mrs. Wilsons Augen weiteten sich vor echter Angst, als sie flüsterte: «Alexander, was war das?»
Er sagte: «Still!», blickte auf die Uhr und murmelte: «Auf die Minute pünktlich.» Nun war es Zeit für die Nonne, umzugehen. Nun war der Augenblick gekommen, da Megs kleine Apparate in Funktion treten konnten. Aus der Gegend des Ostflügels drang ein Lärm herüber, als hätte jemand einen Kaminbock samt allen Feuerhaken die Treppe hinuntergeworfen, und sofort folgte der durchdringende Schrei einer Frauenstimme. Mr. Hero unterdrückte ein Lächeln, denn es war ihm eben der Gedanke gekommen: Doch der Major schlief nicht mehr. Er tauchte plötzlich in Morgenrock und Pantoffeln im Gang auf. Seine Augen waren rot, sein Haar wirr, in der einen Hand hielt er eine Stablampe, in der anderen seine Webley-Dienstpistole. Er war verschlafen, verwirrt und zornig. Hero und Mrs. Wilson hatten sich beim ersten Geräusch voneinander getrennt, lange bevor er erschien; doch der Major preßte böse die Lippen unter seinem buschigen grauen Schnurrbart zusammen. Er fragte: «Was machst du hier, Vivyan? Was, zum Teufel, haben Sie mit meiner Frau vor, Hero?»
Hero sandte ein kleines Dankgebet zum Himmel und dachte bei sich: Laut sagte er: «Mrs. Wilson hörte ein Geräusch vor ihrer Tür, sah nach und erblickte die Nonne. Sie kam sofort zu mir, um mich zu warnen.»
«Eine fadenscheinige Erklärung», sagte der Major. «Sie haben meiner Frau Augen gemacht, seit Sie hier sind. Glauben Sie denn, ich sei blind und blöd?»
Mrs. Wilson unterbrach ihn scharf: «Howard, benimm dich nicht so lächerlich. Ich sah die Nonne und wollte nachschauen, ob Mr. Hero noch auf war.»
Der Major wurde unsicher. Er wußte nicht genau, ob er sie bei etwas Ungehörigem überrascht hatte oder nicht. Hero war ganz offensichtlich angezogen; ob aber seine Frau gerade erst gekommen war oder bereits wieder gehen wollte, konnte er nicht entscheiden. Er wußte nicht, wie lange er geschlafen hatte und wie lange sie schon abwesend war. Er konnte sich darüber keine Klarheit verschaffen und fürchtete, sich lächerlich zu machen. Er war wütend, eifersüchtig und gefährlich. «Geh in dein Zimmer zurück, Vivyan», sagte er barsch. «Mit dir rede ich später. Was Sie betrifft, Sir...»
Hero unterbrach ihn kühl: «Ich rate Ihnen dringend, ebenfalls in Ihr Zimmer zurückzukehren und die Pistole wegzulegen. Es geht etwas vor im Schloß, und ich habe Sie schon einmal gewarnt, nicht auf Gespenster zu schießen. Wenn ein Unglück passiert, haben Sie es sich selber zuzuschreiben. Ich wünsche, daß dieser Korridor geräumt wird. Gehen Sie in ihr Zimmer.»
Die Bestimmtheit, mit der Hero sprach, hatte Erfolg. Der Major drehte die Pistole um, faßte sie am Lauf, betrachtete sie und sagte zu Hero: «Wenn ich wüßte...»
Damit schlurfte er hinter seiner Frau her.
Eine Tür schlug zu, und Hero vernahm die Stimmen Lord Paradines, der brüllte: «Was, zum Teufel, ist mit dem Licht los?»
Hero erschauerte und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Mrs. Wilsons Parfüm hing immer noch in der Luft, aber jetzt wurde ihm fast übel davon. Der Schreck über das knappe Entrinnen saß ihm noch in den Gliedern, und er war plötzlich nicht mehr so überzeugt, die richtigen Vorkehrungen getroffen zu haben. Er hatte den nächtlichen Aufruhr erwartet, aber nicht vorgehabt, der Ursache nachzugehen; denn es lag ihm sehr daran, Megs kleinen Kameras nicht in die Quere zu kommen. Er überlegte: Susans Zimmertür war verriegelt, sie befand sich also in Sicherheit. Außerdem war ja auch noch Sir Richard da, der auf sie acht gab. Und dennoch fühlte sich Hero plötzlich beunruhigt, besonders als er eilige Schritte in Richtung auf die Zimmer der Familie und Gäste vernahm. Eine Frauenstimme schrie auf — wenn nur Susan nichts zugestoßen war...
Er nahm kurzentschlossen eine Stablampe zur Hand und schlich den Korridor entlang. Das erste Zimmer, an dem er vorbeikam, gehörte Beth. Die Tür stand offen, und er leuchtete hinein. Niemand lag in dem zerwühlten Bett — das Zimmer war leer. Eine innere Unruhe trieb ihn zur Eile. Sir Richards
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