Immer diese Gespenster
Kopfes an seinem Arm mußte unweigerlich zu Schwierigkeiten führen. Er war sich dessen bewußt, doch es kümmerte ihn nicht. Sein Verlangen begegnete dem ihren. Ihre geschmeidige, katzenhafte Weiblichkeit hatte etwas wunderbar Erregendes. — «Besser so?» erkundigte er sich.
«Ja, viel besser», sagte sie, machte aber keine Anstalten, ihm noch näher zu rücken. Hero fand das merkwürdig und verhielt sich abwartend.
«Alexander?»
«Ja, Vivyan.»
«Was ist das für eine Frau, die heute angekommen ist?»
«Lady Margaret Callandar? Die Tochter des Grafen von Heth, von Beruf Fotografin und Mitinhaberin des Ateliers von Mark Barbizon.»
«Ja, das weiß ich selber. Aber wie sie Sie angesehen hat — ich mag das nicht.»
Hero sagte: «Das ist mir gar nicht aufgefallen.»
«Nein», murmelte Mrs. Wilson, «Männer merken so etwas nie.» Und dann mit leidenschaftlicher Heftigkeit: «Aber wie ich Sie angesehen habe, das haben Sie gemerkt!»
«Ja, das habe ich.»
«Was sind Sie für ein Mann, Alex? Warum habe ich mich in Sie verliebt? Wie kommt es, daß sich die Frauen nach Ihnen verzehren? Sie sind jung — viel zu jung, um so selbstsicher zu sein — , und dennoch fürchten alle Sie ein bißchen.»
Hero überlegte und erwiderte sachlich: «Sie fürchten mich, weil sie wissen, daß ich die Wahrheit suche. Es gibt nichts Erschreckenderes als die Wahrheit.»
«Ich fürchte Sie auch ein wenig, Alex. Wollen Sie mir auch die Wahrheit vor Augen halten — daß ich nicht mehr jung bin, zu mager, zu ungeliebt, zu hungrig, zu albern?»
Hero legte seine Wange auf ihr weiches Haar und berührte mit den Lippen eine duftende Strähne. «Schscht», flüsterte er. «So etwas dürfen Sie nicht sagen.» In seinem Innern jedoch vernahm er die Stimme des Mannes, der er wirklich war. Aber er verschloß seine Ohren vor der warnenden Stimme.
Schritte näherten sich. Hero hatte eben noch Zeit, sich einige Schritte von Mrs. Wilson zu entfernen, bevor Isobel den Kopf durch die Tür steckte. «Ach», sagte sie, «sind schon alle zu Bett gegangen? Ich glaube fast, die Bridgespieler brechen auch auf.»
Eben kamen Susan, Beth, Mark und Sir Richard aus dem Salon herein. Die anderen vier waren schon früher gegangen. Auch die Billardspieler erschienen.
Wilson sagte zu seiner Frau: «Kommst du, Vivyan?»
«Ja, Liebling.» Sie erhob sich gehorsam. Hero vermied es, sie anzuschauen.
Vetter Freddie sagte sehr laut: «Hier schuldet mir jemand einen Shilling.»
Alles blickte ihn verständnislos an, und niemand erwiderte ein Wort. Schließlich fischte Hero eine halbe Krone aus der Tasche, warf sie Freddie zu und sagte: «Da sind zweieinhalb Shilling. Sie sind ein Musterknabe.»
Lord Paradine sagte: «Gute Nacht, meine Damen und Herren! Hoffen wir, daß wir eine ungestörte Nacht verbringen können. Wenn aber etwas passieren sollte, erwarte ich, daß Sie sich darum kümmern, Mr. Hero.»
Hero überlegte, ob er ihn warnen sollte, hielt es aber für besser, zu schweigen. Die Voraussetzungen würden sich dadurch ändern, und er wollte den Dingen ihren Lauf lassen.
Major Wilson öffnete seinen Haifischmund zu einem lautlosen Lachen und erklärte: «Das Gespenst soll sich hüten; ich habe meine Dienstpistole bei mir.»
Hero, der bereits unter der Tür stand, drehte sich um und sagte: «Ich würde sie wegschließen, Major Wilson. Auf Gespenster soll man nicht schießen.»
«Weshalb nicht, junger Mann?»
Hero zögerte und sagte dann mit einer Stimme, die klang, als versuche er, einem Kind ein verwickeltes Problem zu erklären: «Die Sache ist eben die, Major Wilson: wenn es sich um ein echtes Gespenst handelt, nützt es nichts, weil die Kugel einfach hindurchgeht und die Wand dahinter beschädigt.»
Der Major öffnete und schloß den Mund und fragte dann hinterhältig: «Und wenn das Gespenst nicht echt ist?»
«Nun, in diesem Falle», erwiderte Hero sanft, «besteht die Gefahr, daß Sie einen von uns erschießen.» Damit ging er nach oben und hoffte, Meg habe Zeit gefunden, ihre kleinen Apparate anzubringen. Wie lange würde es wohl dauern, bis sich alle zur Ruhe begeben hatten und sie die schwarzseidenen Auslöser befestigen konnte?
16
Alexander Hero bedauert...
Mr. Hero zog sich nicht aus, sondern verhüllte nur die Leselampe, so daß unter der Tür kein Licht durchschimmerte, setzte sich in den Lehnstuhl und gab sich seinen Gedanken hin. Er dachte, wenn sich nur eine einzige übersinnliche Manifestation oder
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