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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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ich ein Paradine bin?»
    «Ach!» erwiderte Susan erschreckt. «Ich wollte dich nicht kritisieren — nur halten wir in meiner Heimat nicht viel von erblichen Titeln.»
    Mark fragte: «Glaubst du an die Familie?»
    «Sogar sehr», antwortete Susan. «Ich liebe meine Familie.»
    «Ich meine an die Bedeutung der Familie. In meinem Land ist die Familie sehr wichtig, in deinem nicht.»
    Susan blickte den jungen Mann erstaunt an und sagte: «Mark, ich glaube, du bist richtig zornig.»
    «Ja, das bin ich», erwiderte er.
    Sie atmete tief und sagte reumütig: «Mark, es tut mir leid.»
    Er antwortete: «Es braucht dir nicht leid zu tun. Ich bin weder stolz auf meine Familie, noch schäme ich mich ihrer — es hat Zeiten gegeben, da beides der Fall war — , aber wir sind nun einmal die Familie Paradine. Wir leben in England, besitzen ein kleines Stück Grund und Boden und haben seit vielen Jahrhunderten die englische Geschichte mitbestimmt. Als Familie haben wir Bedeutung und Bestand, so gut oder schlecht die einzelnen Mitglieder auch sein mögen.»
    Susan fehlten die Worte, so bestürzt war sie. «Mark, oh, ich wollte nicht…»
    Der junge Mann fuhr fort: «Laß mich das klarstellen, Susan. Ich liebe dich, seit ich dich zum erstenmal sah, aber ich gehöre gern zur Familie Paradine. Ich hoffe, ein würdiger Vertreter meines Geschlechts zu werden. Es ist fast so wie bei einem Stafettenlauf, wo man die Fackel an den nächsten weitergibt — nur läuft man nicht allein, sondern paarweise. Ich habe dich gebeten, meine Gefährtin zu sein und mit mir zusammen die Flamme weiterzureichen, wenn unsere Zeit um ist. Ich wünschte mir, dich an meiner Seite zu haben. Das ist alles, was ich zu sagen habe.» Damit stand er auf und entfernte sich. Susan blickte ihm nach; es war ihr zumute, als hätte er ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen und sie ihres Glücks beraubt.
    Er war noch nicht außer Sicht, da stand sie auf und rief: «Mark — ach, Mark!»
    Er hielt inne und drehte sich um. Wie sie so verloren dastand, war nichts mehr von der kühlen Überlegenheit und Selbstsicherheit zu entdecken, die sie sonst zur Schau trug. Susan Marshall war nur noch ein verängstigtes und verlassenes junges Mädchen.
    Er schritt langsam und zögernd auf sie zu. Es war nicht leicht für ihn, den Weg zu ihr zurück zu finden. Noch schwerer war es für sie, ihn zurückzurufen, aber sie waren beide jung und verliebt.
    «Mark», sagte sie mit einer Wehmut, die ganz neu war an ihr, «ich bin soeben wieder zurechtgewiesen worden.» Dann fügte sie leise hinzu: «Diesmal hatte ich es nicht ungern.»
    Er kam näher, bis nur noch wenige Meter sie trennten. Sie blickten sich über den Abgrund hinweg an, der noch Augenblicke zuvor unüberbrückbar erschienen war.
    «Mark», flüsterte Susan, «ich bin froh, daß du ein Paradine bist. Darf ich bitte auch eine werden?»
    Da trennte sie nichts mehr; ihre Herzen flogen sich zu, und sie umarmten sich selig vor Glück.

23

Unter Mitwirkung von Johann Sebastian Bach

    Alexander Hero nahm Mrs. Taylors Warnung ernst. Ganz abgesehen von der veränderten Atmosphäre im Schloß, deutete das Gefühl einer bevorstehenden Entscheidung, das ihn seit seinem Gespräch mit der Witwe erfüllte, darauf hin, daß als nächstes, falls den Ereignissen eine gewisse Logik zugrunde lag, eine Brandstiftung zu erwarten war. Mr. Jellicot hatte diese Möglichkeit bei Tisch in aller Öffentlichkeit diskutiert und sie als letzten Schritt der Poltergeist-Manifestationen bezeichnet. Noreen würde bestimmt kein Feuer legen, und der Poltergeist im westlichen Flügel war ebenfalls unschädlich gemacht. Doch wie stand es mit dem dritten Gespenst, das Paradine Hall immer noch heimsuchte?
    Hero bat Lady Paradine um ihr Schlüsselbund und ging daran, das alte Schloß vom Dach bis zum Keller gründlich zu untersuchen, wobei er den unteren Regionen seine besondere Aufmerksamkeit schenkte.
    Er inspizierte die Vorratsräume, Wäscherei, Heizung, Holz- und Kohlenkeller, die durch ein Labyrinth dunkler Gänge miteinander verbunden waren. Es war nicht ganz leicht, sich zu orientieren und immer genau festzustellen, wo man sich befand — jetzt unter der großen Halle, dann unter dem Gesellschaftszimmer, der Bibliothek oder dem Musikzimmer. Ein Kellerraum war als Schreinerei eingerichtet und enthielt eine Drehbank und elektrische Bohrer. , dachte Hero. Er konnte nichts

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