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Immer wieder Dezember: Der Westen, die Stasi, der Onkel und ich (German Edition)

Immer wieder Dezember: Der Westen, die Stasi, der Onkel und ich (German Edition)

Titel: Immer wieder Dezember: Der Westen, die Stasi, der Onkel und ich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Schädlich
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mich herangetreten.
    Der Vater: Mich hatten sie ja auch schon gefragt, ob der »Fischhändler« bereit wäre, an so einer Unterhaltung teilzunehmen.
    Der Onkel: Ich habe gesagt, ich könnte bloß als »Briefträger« behilflich sein. Ich hab ihn angerufen und ihn gefragt, ob er es machen will.
    Der Vater: Was hat er gesagt?
    Der Onkel: Er hat sich gefreut. Der »Fischhändler« kommt am 16. Juni. Die Sache findet in einer großen privaten Gemäldegalerie statt, ein intelligent gewählter Ort.
    Der Vater: Beteilige dich lieber nicht an der Sache.
    Der Onkel: Nein, keine Sorge, ich werde nicht vorkommen.
    Er hätte sagen sollen, ich werde nicht hervorkommen. Denn diese Lesung vor ostdeutschen Ärzten wurde von ihm organisiert, das MfS wollte Details über Grass’ Aktivitäten in der DDR erfahren. Ich lese: »Allein die Tatsache der Verbindung zu Hans-Joachim Schädlich hätte für Grass die Gewähr geboten, daß diese Sache in Ordnung wäre.«
    Da es dem Onkel nicht gelang, zu den Ost-West-Schriftstellergesprächen eingeladen zu werden, war er auch beim dreizehnten Treffen nicht dabei, im Mai 1977 bei Edda Bauer, der besten Freundin, die alles mitmachte und sich in Gefahr begab.
    Schon die zehnte Zusammenkunft am 28. August 1976 war bei ihr gewesen. Günter Grass habe aus dem Butt das Kapitel »Henkersmahlzeit« gelesen, Nicolas Born neue Passagen aus Die erdabgewandte Seite der Geschichte, Günter Kunert Gedichte, Sarah Kirsch einen Reisebericht, Thomas Brasch einen Prosatext, der Vater Schwer leserlicher Brief, Rainer Kirsch ein Nachwort zu Karl Mickel, erzählt die Mutter.
    Von da an war die beste Freundin ins Visier des Staatssicherheitsdienstes geraten. Im Haus sollte ein Stützpunkt eingerichtet werden, aber das Vorhaben wurde nicht realisiert, weil die Treffpunkte zu oft wechselten. Abgehört haben sie trotzdem, die Fenster waren immer offen.
    Jetzt, neun Monate später, kamen in die kleine Wohnung in Friedrichshagen, das Wohnzimmer mit Stühlen vollgestellt, Jurek Becker, Elke Erb, Günter Grass, Rolf Haufs, Hans Joachim Schädlich, Christoph Meckel, Hans Christoph Buch, Klaus Schlesinger, Sarah Kirsch, Klaus Poche, Marianne Frisch, Nicole Casanova, Sibylle Hentschke, Johannes Schenk, Natascha Ungeheuer und Manfred Krug, der von seinem Freund Jurek Becker mitgebracht wurde.
    »Manfred Krug hatte vier Wochen zuvor seinen Ausreiseantrag gestellt und las an jenem Abend aus seinem Tagebuchmanuskript vor, das seine Erlebnisse seither schilderte. Danach entbrannte eine heftige Diskussion darüber, was Kunst ist und was sie leisten muss, und es herrschte große Aufregung«, erzählt die Mutter.
    In einem schmalen orangefarbenen Hefter von vor dreißig Jahren befinden sich noch ein paar wenige Notizen aus jener Zeit.
    »Haufs und Meckel gehen gegen 8 und 9 Uhr → hätten lieber über Probleme diskutiert, statt weiterzulesen.
    Essen: mittags: chinesisches Huhn auf Porree
    nachmittags Vanillekipfel, Apfeltaschen
    abends Pizza, griechischer Hering
    Nachbemerkung: Nach Aufbruch um 11 Uhr bekommen wir Anruf von Klaus Schlesinger um 1 Uhr – meinte: zu viel sei nicht zu Ende angesprochen, er hätte vor allem Jochens Geschichte nicht verstanden, sei ungerecht gewesen, man müsse sich treffen.
    Anruf von Rolf Haufs am 9. Mai um ½ 2 Uhr nachts: Der Krug-Text habe ihn kaputtgemacht, man hätte über Kunstprobleme reden müssen innerhalb der Gesellschaftsordnung und welche Mittel die richtigen seien. Er befürchte die Tendenz zur Kunstlosigkeit, zum Naturalismus. Man müsse sich treffen, Ende Mai, Anfang Juni.
    Am 17. Mai – Anruf von Günter – er gehe zu Krug, ob Jochen mitwolle – treffen sich um 15 Uhr Friedrichstraße – Krug liest Neues vor – Gespräch mit Lamberz – er habe in die offene Mündung gesehen – Vorschlag von L. – Du bist überarbeitet, mach doch mal Ferien, wie wär es denn mit einem Land wie Kuba oder Mosambique – Krug soll Antwort in einer Woche bekommen – Woche ist vorbei – keine Antwort.«
    In den Notizen der Mutter lese ich noch: »Um 19.30 sind Jochen und Günter hier, Günter schenkt uns ein Leseexemplar von ›Der Butt‹ – wir essen Butterreis und Fleisch à la Käte Reichel und Salat – reden über Kunst in dem und dem Land und über die Folgen. Große Depression bei Jochen, meint, Schuld zu haben an allem, was kommt, wir reden nicht mehr weiter, arbeiten. G. ist nach Wewelsfleth gefahren am Montag, 23.5. kommt er zurück wegen Pfingsten.«
    Verwirrende,

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