Immer wieder du: Roman (German Edition)
auf den Knopf, um einen anderen Aufzug zu holen, und springe hinein, sobald sich die Türen öffnen. Die schwarze Mappe wiegt schwer in meinen Händen. Ich werfe einen Blick darauf und bin kurz davor, sie aufzuschnüren, um rasch einen Blick hineinzuwerfen, als der Aufzug in der vierten Etage anhält und jemand einsteigt. Wir fahren weiter bis in die sechste, und ich steige aus, aber niemand wartet auf dem Treppenabsatz. Ich zögere einen Moment und beobachte die rot leuchtende Anzeige über dem Aufzug, den der Fotograf genommen hat. Er ist jetzt in der zehnten Etage. Ich schaue zur Tür von Marbles und trete ein. Da ich weiß, dass die Redaktionsassistentin krank ist, kann ich niemanden ansprechen. Jonathans Büro ist am anderen Ende des Raums. Befangen gehe ich an den schicken Zeitschriftenleuten vorbei. Durch die Glasscheibe sehe ich Jonathan zusammen mit dem Leiter der Fotoabteilung, Guy Jenson, am Schreibtisch sitzen. Ich klopfe an und öffne die Tür.
»Verzeihung«, sage ich, als sie mich fragend anschauen. »David Snide, der Termin um elf Uhr dreißig, hat das hier vergessen.« Ich lege das Fotobuch auf den Tisch.
»Ah, danke, Lily«, sagt Jonathan. Wir schauen durch die gläserne Trennwand und erblicken einen nervösen Mr Snide, der gerade die Räume von Marbles betritt. Panisch schaut er sich um.
»Ich hole ihn«, sage ich grinsend.
Jonathan zwinkert mir zu.
Als Jonathan am nächsten Tag zur Arbeit erscheint, geht er direkt auf den Empfangstisch zu und betrachtet mich mit entschlossenem Gesichtsausdruck.
»Guten Morgen«, sagt er strahlend.
»Guten Morgen«, zwitschere ich zurück, schaue ihn prüfend an und frage mich, was das werden soll.
»Lily, unsere Redaktionsassistentin Bronte hat eine Blinddarmentzündung und wird die ganze Woche und womöglich auch nächste Woche fehlen.«
Ich spüre Nicolas neugierige Blicke. Mel macht zum Glück gerade Tee.
»Sie machen mir einen sehr kompetenten Eindruck«, fährt Jonathan fort. »Wären Sie bereit, für Marbles zu arbeiten, bis Bronte wieder gesund ist?«
»Aah«, zögere ich. »Das muss ich erst mit meinem Chef abklären.« Damit meine ich den Personalchef Darren Temper. Er überlässt uns gern uns selbst, mit Nicola als Vorarbeiterin.
»Ich hoffe, es stört Sie nicht«, fährt Jonathan fort. »Ich kenne Darren gut und habe ihn gestern Abend schon gefragt. Er hat kein Problem damit, wenn es Ihnen recht ist.«
Die Chance, bei einer Zeitschrift zu arbeiten – einer richtigen Zeitschrift mit einem Mitarbeiterstab aus Fotografen, Bildredakteuren … Er steht da und wartet auf eine Antwort.
»Wenn das so ist – herzlich gern!«, strahle ich. Scheiße, wird Mel mich umbringen?
Sobald er fort ist, wende ich mich an Nicola und flüstere: »Meinst du, Mel hat was dagegen?«
»Ob ich wogegen was habe?«, will Mel wissen, als sie mit drei Bechern Tee auf einem kleinen Tablett zurückkommt.
»Gute Idee.« Ich deute auf das Tablett und schaue ihr wie ein sanftmütiges Lamm in die Augen. »Jonathan hat mich gebeten, seine kranke Redaktionsassistentin zu vertreten.«
»Mann, hast du ein Glück!«, ruft sie.
»Hast du nichts dagegen?«
»Natürlich nicht. Geh hin! Debbie kommt in ein paar Monaten zurück, bis dahin musst du möglichst viele Kontakte knüpfen.«
»Kommt Debbie denn auf jeden Fall wieder?« Mir wird ein bisschen schwer ums Herz, und Mel schaut mich mitfühlend an, als sie nickt.
»Das ist ziemlich sicher. Sie kann es sich nicht leisten aufzuhören. Also nichts wie ran – findest du nicht auch, Nicola?«
»Auf jeden Fall«, erwidert Nicola.
»Na schön.« Ich lächele die beiden zurückhaltend an und beginne, meine Sachen einzupacken.
Jonathan weist mir meinen vorübergehenden Arbeitsplatz am Eingang zu. Zum Glück sind die meisten seiner Mitarbeiter noch nicht da, so dass es nicht allzu demütigend ist, mir die Grundlagen erklären zu lassen. Vorerst soll ich nur auf Telefonanrufe und E-Mails reagieren und ihm zur Hand gehen, wenn er mich darum bittet. Alles andere käme mit der Zeit, meint er.
Nach und nach trifft der Rest der Belegschaft von Marbles ein. Manche übersehen mich, andere nicken und stellen sich vor. Nur eine junge Frau mit fröhlichem Gesicht fragt, ob ich Bronte vertrete, und sagt kurz darauf: »Hey, bist du nicht eine von den dreien unten am Empfang?«
»Ja«, antworte ich, und mir ist deutlich bewusst, wie unsichtbar wir Empfangsdamen für Leute sein können, obwohl sie uns jeden Tag sehen.
»Ich bin
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