Immer wieder Samstag Reloaded
niemals eintreffen würde.
***
Nachdem Eva panisch das Weite gesucht und hoffentlich gefunden hatte, sammelte Tristan unsere Sachen zusammen und streifte sich sein Shirt über. Er faltete die Decke, nachdem er sie kräftig geschüttelt hatte, ganz der Sauberkeitsfreak, der er war, und baute den Sonnenschirm ab. Zum Glück benahm er sich nicht so pingelig, wenn es unsere Körpersäfte betraf.
Ich hockte derweil auf einem Stein in der untergehenden Abendsonne, tötete ein paar nervige Mücken, beobachtete ihn grüblerisch und wusste, dass der Sturm noch nicht vorüber war.
Denn er redete nicht mit mir. Er scherzte auch nicht oder lächelte mich an. Er war angespannt. »Tristan …«, seufzte ich und versteckte mich hinter meinen Händen. »Du weißt, dass ich Angst habe, wenn es um meinen Vater geht. Sie wollte ihm das Video zeigen ...«
Seine aussagekräftige Mimik machte mir klar, dass ich ihn – mit seinen Worten – jetzt bloß nicht ficken sollte.
Erneut seufzte ich, während er sich die Sporttasche mit dem eingeklemmten Sonnenschirm über die Schulter schmiss und auffordernd zu mir schielte. Mit einer leichten Bewegung seines Kinns forderte er mich auf, voranzugehen, und ich gehorchte widerstandslos.
Dies war weder die rechte Zeit noch der rechte Ort um ihn weiter zu reizen.
Auf dem Kiessand hatte ich mit den Flip Flops so meine Schwierigkeiten, denn er half mir nicht wie auf dem Hinweg.
Alle Nase lang erklang ein »Aua! Ah! Aua! Ah!« Anfangs ignorierte er mich, aber irgendwann war es für ihn anscheinend zu stressig und er legte grummelnd seinen Arm um meine Taille, presste mich an sich, hielt mich aufrecht, so wie immer.
Ich lächelte in mich hinein.
»Das ist kein verdammter Grund zum Grinsen«, wurde ich sofort angemotzt.
Ich schmollte. »Wieso hast du das ganze Grauen überhaupt mitgemacht, wenn du wusstest, dass da was nicht stimmt?« Damit hätte er mir einigen Kummer ersparen können.
Tristan überraschte mich wie immer. Denn mit einem Ruck blieb er stehen und ich zwangsläufig auch. Er drehte mich zu sich, sodass er mich direkt anblicken konnte. Mit dem Kopf im Nacken schaute ich zu ihm hoch, unmittelbar in seine blitzenden, offenen Augen.
»Wieso, gottverdammte Scheiße, vertraust du mir nicht?«
Woah ... mit der Gegenanklage hätte ich jetzt wirklich nicht gerechnet. Ich runzelte angestrengt meine Stirn und wollte gerade zur Verteidigung ansetzen, als er mir zuvorkam. »Ja, ich weiß. Ich habe dir oft wehgetan und dich bloßgestellt. Ich habe dich gedemütigt und missachtet. Ich habe dich nicht respektiert. Aber jetzt ist alles anders. Ich liebe dich, ich respektiere dich, ich verehre dich und ich will nichts anderes tun, als dich glücklich zu machen. Ich habe bis jetzt nicht oft geliebt. Du weißt, dass ich meine verdammte Familie auch liebe. Aber dich liebe ich auf einer ganz anderen Ebene. Für dich trage ich auch eine andere Verantwortung. Ich weiß, mein Vater und meine Brüder können auf sich selber aufpassen. Aber du nicht. Meine Familie ist stark, du bist schwach. Ich will dich immer in Sicherheit wissen, indem du bei mir und ein Teil meines Lebens bist. Aber wie soll ich dich beschützen, wenn du mich abschirmst vor dir, vor deinem Leben? Ich bin fucking hilflos und es kotzt mich an! Wie du siehst, kann ich auch anders, als alles nur durch rohe Gewalt zu klären. Denn ganz bestimmt hätte ich Eva nicht ein einziges ihrer hässlichen Haare gekrümmt! Wenn du von mir denkst, dass ich nur eine Sache von der Scheiße, die ich da abgelassen habe, getan hätte, dann kennst du mich nicht!«
W.O.A.H.
Ich war sprachlos. Wirklich sprachlos.
Tristan funkelte mich gequält an und ich blinzelte verwirrt zurück. Was sollte ich darauf antworten?
»Okay«, war alles, was mir dazu einfiel. Mein Schädel war leer gefegt durch seine Rede.
Tristan zog eine markante Braue nach oben und ein leichtes Schmunzeln zierte seine Lippen – die erste Entspannung seines Kieferbereichs seit Stunden.
»Okay, was?«
Ich grinste mit, verhinderte aber ansonsten jegliche Mimik. »Okay, du darfst mich beschützen.« So was wie heute Nachmittag wollte ich einfach nie wieder durchmachen.
Tristan entspannte sich jetzt merklich und ich mich damit auch.
Die Last der letzten Ereignisse verließ mich und ich hatte den Eindruck zu hören, wie die Brocken auf den Boden krachten. Sein Ausdruck spiegelte Ähnliches wider. Gleichzeitig realisierte ich, wie wichtig es ihm war, mich wahrhaftig kennenzulernen, weil
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