Immortal 3 - Schwarze Glut
vorgekommen; jetzt konnte er sich kaum mehr daran erinnern, wie er ihn benutzen sollte. Er rieb mit dem Daumen über den Stiel, so dass die etruskischen Runen zum Vorschein kamen, die in das alte Holz geschnitzt waren. TARAN. Das war der Name gewesen, den er bei seinem Volk getragen hatte. Sie hielten ihn für einen Gott und bauten ihm zu Ehren sogar Tempel.
Seit Gerolds Tod hatte er diesen Namen nicht mehr gehört, und heute war er vollkommen bedeutungslos.
Stumm betrachtete er die Inschrift und hing seinen Erinnerungen nach. Schließlich verließ er den Kerker mit leeren Händen. 303
Kapitel 18
D unkelfeen.
Bäh!
Die Dinger stanken, waren hinterhältig und brutal. Auf der Strecke zwischen Nairn und Inverness hatte Mac drei von ihnen getötet, und jetzt fühlte er sich, als brauchte er eine mehrstündige Dusche. Der faulige Gestank von Dung und verrottendem Müll war unauslöschbar in sein Gehirn eingeätzt. Noch schlimmer waren allerdings die Erinnerungen, die der üble Geruch mit sich brachte und die Mac längst vergessen geglaubt hatte – Erinnerungen an das ängstliche Entsetzen eines Kindes, das von sabbernden Monstern umgeben war. Du bist kein Kind mehr! Mac biss die Zähne zusammen. Kalen hatte recht. Er war kein Kind mehr. Er war nicht hilfl os. Nein, er war ein verdammter Halbgott!
Es war weit nach Mitternacht, als er auf seiner Norton durch das Stadtrandgebiet von Inverness raste. Sein Handy bimmelte, aber er ignorierte es. Wenn er jetzt mit Niniane sprach, würde er sich höchstens mit ihr in die Haare kriegen. Er griff den Lenker seiner Norton so fest, dass Gummi und Stahl sich unter der Wucht seiner Verärgerung zusammendrückten. Erbärmlich, ja, das war er. Siebenhundertzwölf Jahre, und er hing immer noch am Rockzipfel seiner Mutter –
auch wenn er Niniane nie in etwas so Weltlichem wie einem Rock gesehen hatte.
Er fuhr in Richtung Stadtzentrum. Die Bank Street war verlassen bis auf ein Vampirtrio, das auf dem Gehweg vor der 304
Free North Church herumlungerte. Widerliche Kreaturen!
Weniger scheußlich als die Dunkelfeen, aber für Untote hatte Mac generell nicht viel übrig. Er schleuderte eine Ladung Elfenfeuer über ihre Köpfe, als er an ihnen vorbeibrauste. Die Vampire sprangen beiseite, duckten sich und brüllten ihm Verwünschungen nach. Mac grinste. Es war eine pubertäre Machtdemonstration, keine Frage, doch sie machte eben auch Spaß. Außerdem trieben sich viel zu viele Todeskreaturen herum, und Mac konnte sie nun einmal nicht leiden. Er raste über die Young Street Bridge und an Leannas Touristenladen vorbei. Dem Poster zufolge fand genau in diesem Moment eine Vorführung statt, was Mac schon wusste, weil Niall und Ronan es ihm erzählt hatten, als er sie vorhin anrief. Er hatte seine Cousins hingeschickt, damit sie bei der Show spionierten, während er die Gelegenheit nutzte, um sich in Leannas Hotelsuite umzusehen.
Vor dem Palace hielt er an und warf dem Nachtportier die Motorradschlüssel zu. Das Hotel war das beste, das Inverness zu bieten hatte, was Leanna natürlich nicht davon abhielt, sich dauernd zu beklagen. Sie war an das Connaught in London, das Concorde in Paris und das Intercontinental in Wien gewöhnt. Tja, diese Nobeladressen hatten ihr kein Glück gebracht. Sie waren zu weit von den Pforten Annwyns entfernt, der Quelle aller Sidhe-Magie. Deshalb war Leanna gezwungen gewesen, wieder nach Schottland gekrochen zu kommen, um ihre Kräfte zu erneuern. Was sie weidlich getan hatte. War einiges ihrer Macht auf Todesmagie zurückzuführen? Götter, er hoffte nicht!
Mac nickte dem Empfangsportier zu, als er das Hotel betrat – ein Mensch, den er schon einmal gesehen hatte, obwohl ihm momentan der Name nicht einfi el. Auf seinen Gruß hin 305
versteifte der Mann sich sichtlich, und Angst blitzte in seinen Augen auf. Mac runzelte die Stirn. Er hatte noch keinem Menschen ein Leid zugefügt. Das würde er nicht einmal im Traum machen. Leanna und ihre Halbblutfreunde hingegen waren da weniger zimperlich.
Der Fahrstuhl glitt lautlos in den obersten Stock. Leannas Suite war ganz am Ende des Flurs. Mac packte die Klinke und riss die Tür beinahe aus den Angeln. Wie er erwartet hatte, war niemand da. Er sah sich überall um, öffnete Türen, guckte in die Schränke und unter die Betten. Ihm graute vor dem, was er fi nden könnte. Verdammt, falls Leanna zur dunklen Seite gewechselt war, könnte er nicht umhin, sich teils mitschuldig zu fühlen! Immerhin war sie mit ihm
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