Imperator 02 - König der Sklaven
seinem Tod nach Blutrache schreien werden, sollte die Wahrheit je ans Tageslicht kommen. Ein falsches Wort von dir zu jemand anderem, der es wiederum einem guten Freund erzählt, und noch vor dem nächsten Morgengrauen stehen die Wachen vor dem Tor, um Cornelia und das Kind zur Folter abzuholen.«
»Ich sage niemandem etwas«, schwor sie flüsternd und sah ihn lange an. Schließlich senkte sie den Blick, und er seufzte schwer.
»Jetzt fang noch einmal ganz von vorne an und lass nichts aus. Schwangere Frauen haben oft eine rege Phantasie, und bevor ich alles aufs Spiel setze, was mir lieb und teuer ist, muss ich absolut sicher sein.«
Eine ganze Stunde lang saßen sie da und unterhielten sich mit gedämpften Stimmen. Am Ende der Unterredung zeigte die Hand, die sie ihm auf den Arm gelegt hatte, trotz des hässlichen Themas, das sie miteinander zu besprechen hatten, den Beginn einer verhalten aufkeimenden Anziehung an.
»Eigentlich hatte ich vor, mit der nächsten Flut schon wieder auf See zu sein und nicht an einer Parade teilzunehmen«, hatte Gaditicus verärgert gesagt.
»Aber da hast du mich noch für tot gehalten«, hatte Statthalter Paulus erwidert. »Da ich nun, wenn auch schwer angeschlagen, noch am Leben bin, halte ich es für überaus wichtig, zu zeigen, dass mir die Unterstützung Roms weiterhin sicher ist. Das wird weitere … Anschläge auf meine Würde entmutigen.«
»In dieser Festung muss sich jeder junge Krieger dieser Insel versteckt gehalten haben, dazu eine beträchtliche Anzahl vom Festland. Die Hälfte der Familien in der Stadt betrauern den Tod des Vaters oder eines Sohnes. Wir haben ihnen sehr deutlich gezeigt, was es bedeutet, Rom gegenüber ungehorsam zu sein. Sie werden sich nicht wieder gegen dich erheben.«
»Glaubst du?«, hatte Paulus mit einem trockenen Lächeln erwidert. »Wie wenig du diese Menschen doch kennst. Seit Athen der Mittelpunkt der Welt war, kämpfen sie gegen ihre Eroberer. Jetzt sind die Römer hier, und sie kämpfen weiter. Diejenigen, die gestorben sind, haben Söhne zurückgelassen, die zu den Waffen greifen, sobald sie dazu in der Lage sind. Das hier ist eine sehr schwierige Provinz.«
Die Disziplin hatte Gaditicus von weiteren Einwänden abgehalten. Er sehnte sich zurück aufs Meer und auf das Deck der Accipiter , aber Paulus hatte darauf bestanden, hatte sogar befohlen, dass vier Legionäre zu seinem Schutz auf der Insel zurückblieben. Bereits bei diesem Befehl wäre Gaditicus um ein Haar auf sein Schiff zurückgegangen, doch ein paar ältere Männer hatten sich freiwillig gemeldet, weil sie diese einfache Pflicht der Piratenjagd vorzogen.
»Vergesst nie, was mit den letzten Wachen geschehen ist«, hatte Gaditicus sie gewarnt. Aber das war nur eine leere Drohung, wie sie sehr wohl wussten. Der Scheiterhaufen, auf dem die Rebellen verbrannt worden waren, hatte eine dicke schwarze Rauchwolke in den Himmel geschickt, die noch Meilen entfernt gut zu sehen gewesen war. Bei dieser Aufgabe hier würden sie bis zu ihrer Verabschiedung aus der Armee mit Sicherheit ein vergleichsweise ruhiges Leben führen.
Gaditicus fluchte leise vor sich hin. Im kommenden Jahr würde er nur sehr wenige gute Männer zur Verfügung haben. Es hatte sich herausgestellt, dass der alte Mann, den Cäsar mit an Bord gebracht hatte, sehr geschickt im Versorgen von Wunden war. Damit konnten vielleicht einige ihrer Verletzten vor zu früher Entlassung und Verarmung bewahrt werden. Aber auch Cabera konnte keine Wunder bewirken, so dass sie zumindest die Versehrten unter seinen Männern im nächsten Hafen absetzen mussten, wo sie auf ein langsames Handelsschiff warten konnten, das sie zurück nach Rom brachte. Die Zenturie der Galeere hatte in Mytilene ein Drittel ihrer Männer verloren. Man würde zwar einige Beförderungen aussprechen müssen, doch auch das ersetzte ihm nicht die siebenundzwanzig Mann, die im Kampf gefallen waren. Vierzehn von ihnen waren tüchtige Hastati gewesen, die seit mehr als zehn Jahren auf der Accipiter gedient hatten.
Gaditicus seufzte leise. Nur um ein paar junge Hitzköpfe auszuräuchern, die nach den Geschichten ihrer Großväter zu leben versuchten, hatte er gute Männer opfern müssen. Er konnte sich die Reden, die sie geschwungen hatten, sehr gut vorstellen. Aber die Wahrheit war, dass Rom ihnen die Zivilisation gebracht hatte, und einen kleinen Ausblick auf das, was der Mensch erreichen konnte. Alles, wofür die Rebellen gekämpft hatten, war das Recht, in
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