Imperator 02 - König der Sklaven
Strudel aus Luftblasen und Treibholz im Meer versank. Die Sklaven waren nicht von den Rudern losgemacht worden, und ihre verzweifelten, heiseren Schreie waren so lange zu hören, bis das Wasser ganz von dem Schiff Besitz ergriffen hatte. Er wusste, dass auch seine eigene Karriere mit der Accipiter versenkt worden war.
Der Kampf war entsetzlich gewesen. Man hatte sie in die Zange genommen, und die Piraten hatten schließlich den Großteil seiner Männer überwältigt oder getötet. Wieder und wieder ließ Gaditicus den kurzen Kampf vor seinem inneren Auge vorüberziehen, auf der Suche nach Möglichkeiten, wie er ihn hätte gewinnen können. Jedes Mal zuckte er dann irgendwann mit den Schultern und kam zu dem Schluss, dass er die Niederlage einfach anerkennen musste. Trotzdem wollte ihn die Erniedrigung nicht loslassen.
Er hatte bereits daran gedacht, sich das Leben zu nehmen, um die Piraten um das Lösegeld für ihn zu bringen und seiner Familie die Schande zu ersparen. Aber wahrscheinlich würde sie sowieso nicht genug Geld für ihn aufbringen.
Es wäre leichter für sie, wenn er mit der Accipiter untergegangen wäre, wie so viele seiner Männer. Stattdessen saß er nun zusammen mit zwölf überlebenden Offizieren hier in seinem eigenen Dreck. Auch Cabera war noch bei ihnen, weil er den Piraten seine Heilkünste angeboten hatte. Es gab immer Verletzte, deren Wunden sich nicht schließen wollten, oder Männer, die von den Huren in entlegenen Häfen hartnäckige Krankheiten mitgebracht hatten. Der alte Mann war seit der Schlacht pausenlos beschäftigt, und man erlaubte ihm nur einmal am Tag, die Wunden und Verbände seiner eigenen Kameraden zu versorgen.
Gaditicus lehnte sich zur Seite und kratzte sich ausgiebig, denn schon in der ersten Nacht in dieser engen, dreckigen Zelle hatte er sich Läuse und Flöhe eingefangen. Irgendwo über ihnen auf dem Deck der Trireme stolzierten die Männer umher, die sie hier gefangen hielten. Ihr Schiff hatte nun die Truhe mit dem Silber aus dem Laderaum der Accipiter an Bord, dazu eine stattliche Anzahl Geiseln, für die man hohes Lösegeld verlangen konnte. Das Risiko hatte sich für die Piraten durchaus gelohnt, und bei dem Gedanken an ihr Triumphgehabe und ihre Arroganz verzog Gaditicus angewidert das Gesicht.
Einer der Männer hatte ihm ins Gesicht gespuckt, als er bereits an Händen und Füßen gefesselt gewesen war. Bei dem Gedanken daran wurde Gaditicus jetzt noch rot vor Zorn. Der Mann war auf einem Auge blind und sein stoppeliges Gesicht war mit alten Narben überzogen gewesen. Das milchige Auge schien den römischen Kapitän anzustarren, und sein meckerndes, höhnisches Gelächter hätte Gaditicus beinahe dazu verleitet, seiner Wut freien Lauf zu lassen und sich durch hilfloses Zerren an den Fesseln noch mehr zu erniedrigen. Stattdessen hatte er ihn nur ausdruckslos angestarrt und leise geächzt, als der kleine Mann ihm auch noch in den Magen trat und dann davonging.
»Wir sollten versuchen zu fliehen«, flüsterte Suetonius und beugte sich so dicht zu Gaditicus hinüber, dass dieser seinen Atem riechen konnte.
»Wir können Cäsar im Augenblick nicht mitnehmen, also schlag dir das aus dem Kopf. Es dauert garantiert ein paar Monate, bis die Lösegeldforderungen in Rom ankommen, und dann vergehen noch ein paar weitere Monate, bis das Geld hier eintrifft – wenn es überhaupt kommt. Damit bleibt uns mehr als genug Zeit, um Fluchtpläne zu schmieden.«
Auch Prax war von den Piraten verschont geblieben. Ohne seine Rüstung sah er viel gewöhnlicher aus. Aus Sorge, die schwere Schnalle könnte als Waffe benutzt werden, hatte man ihm sogar seinen Gürtel abgenommen, so dass er ständig seine Bracae hochzog. Er war derjenige unter ihnen, der diesen Wechselfall des Schicksals offensichtlich mit dem geringsten Unmut hinnahm. Seine natürliche Gelassenheit wirkte auf sie alle ausgleichend und beruhigend.
»Aber der Junge hat Recht, Kapitän. Wahrscheinlich schmeißen sie uns einfach über Bord, sobald sie das Silber aus Rom kriegen. Oder der Senat beschließt, uns zu vergessen und zwingt unsere Familien, nicht zu zahlen.«
Gaditicus fuhr ihn empört an. »Du vergisst dich, Prax. Auch der Senat besteht aus Römern, auch wenn du keine gute Meinung von ihm hast. Sie werden schon dafür sorgen, dass man uns nicht vergisst.«
Prax zuckte die Achseln. »Wir sollten uns trotzdem etwas überlegen. Wenn diese Trireme hier auf eine andere römische Galeere trifft, die Anstalten
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