Imperator 04 - Die Götter des Krieges
Einfallsreichtum. Julius hatte sie zuerst niederbrennen lassen wollen, doch als er das Plateau auf dem Hügel erreicht hatte, beschloss er, sie als Denkmal für die Gefallenen stehen zu lassen. Es war durchaus angebracht, ihnen hier in dieser trostlosen Landschaft, wo selbst blutiger Staub rasch im alles reinigenden Wind verschwand, etwas zu hinterlassen. In ein paar Tagen, wenn die Legionen weggeschickt worden waren, würde das Fort ein Unterschlupf für wilde Tiere werden, bis Alter und Verfall es schließlich schleifen würden.
Die Tore standen offen, Julius ritt darauf zu. Tausend Soldaten seiner Zehnten hatten sich zusammen mit ihm an den Aufstieg gemacht. Er hörte sie hinter sich keuchen, als er zwischen den Mauern hindurchritt und die mustergültige Ordnung in Pompeius’ letztem Lager betrachtete.
Kochgruben und Zelte lagen unbewacht da, so weit das Auge reichte. Es war ein einsamer Ort, und Julius schauderte bei dem Gedanken daran, wie viele Männer, die dieses Lager heute Morgen verlassen hatten, jetzt kalt dort unten auf der Ebene lagen. Vielleicht hatten sie viel früher gewusst, dass sie sich ihm ergeben würden, doch ihr Pflichtgefühl hatte sie an Ort und Stelle ausharren lassen, bis Pompeius schließlich vom Feld geflohen war.
Der alte Senat Roms hatte sich in schweigenden Reihen auf der Hauptstraße des Lagers aufgestellt. Julius sah sie nicht an. Seine Augen ruhten auf dem Prätoriumszelt, in dem Pompeius heute Morgen erwacht war. Davor angekommen, stieg Julius vom Pferd und knüpfte die Laschen auf, die den Wind draußen hielten. Zwei Männer seiner Zehnten traten vor, um ihm zu helfen. Sie warfen das schwere Leder zurück und befestigten es, während er in das Halbdunkel eintrat.
Julius blickte sich verunsichert im düsteren Halbdunkel um. Er kam sich vor wie ein Eindringling und wartete, bis seine Männer die Lampen und Kohlenbecken entzündet hatten und gleißendes Gold den Raum erleuchtete. Es war bitterkalt. Er zitterte.
»Wartet draußen«, sagte er zu ihnen und war kurz darauf allein. Er schob einen Trennvorhang zur Seite und sah, dass Pompeius’ Bett gemacht worden war und seiner Rückkehr harrte. Alles zeugte von Ordnung, zweifellos das Werk der Sklaven nach dem Aufbruch der Armee. Julius nahm eine mit einer weißen Paste verkrustete Tonschale in die Hand und roch daran. Dann öffnete er eine Kiste und sah den Inhalt schnell durch. Er war nervös, als könne Pompeius jeden Moment hereinkommen und ihn fragen, was er da tue.
Julius durchsuchte weiterhin die privaten Habseligkeiten des Diktators und schüttelte schließlich den Kopf. Entgegen jeder Wahrscheinlichkeit hatte er gehofft, der Siegelring des Senats wäre zurückgeblieben, aber es gab keine Anzeichen dafür und keinen Grund für ihn, länger hier zu bleiben.
Als er über den festgestampften Boden ging, fiel sein Blick auf einen Packen privater Schriftstücke auf Pompeius’ Schreibtisch. Einem Impuls folgend, griff er nach dem roten Seidenband, das sie zusammenhielt, und seine Finger zupften an dem Knoten, während er nachdachte. Er wusste, dass er sie lesen sollte, denn das Tagebuch und die Briefe würden das Bild des Mannes vervollständigen, den er quer durch Griechenland bekämpft hatte. Sie würden seine Fehler aufzeigen wie auch die von Julius, Pompeius’ geheimste Gedanken offenbaren. Und irgendwo in diesem sauberen Stapel war auch sicher etwas über Brutus aufgezeichnet, Details, die Julius gerne erfahren würde.
Das Knistern der Flammen in einem Kohlenbecken drang in sein Bewusstsein, und er handelte, bevor seine umherschweifenden Gedanken sich in Widersprüchen und Zweifeln verfingen. Er nahm das ganze Paket und warf es in die Flammen. Fast augenblicklich streckte er die Hand aus, um es wieder herauszuziehen, doch er beherrschte sich und sah zu, wie das rote Band versengte, sich kräuselte und braun wurde, als die Flammen schließlich ganz darum herumleckten.
Obwohl nicht viel Rauch entstand, spürte Julius, als er wieder hinaus ins Sonnenlicht trat, ein Stechen in den Augen. Die tausend Soldaten der Zehnten hatten sich in Reih und Glied aufgestellt. Ihre Haltung erfüllte ihn mit Stolz. Sie erwarteten jetzt, dass er sie zurück nach Dyrrhachium führte, um mit Pompeius’ Senat nicht auf dem Schlachtfeld, sondern in der Stadt zu verhandeln. Ein Teil von ihm wusste, dass er diese Aufgabe zu Ende bringen sollte. Es gab tausend Dinge zu erledigen. Die Legionen mussten ausbezahlt werden, und mit Schrecken fiel
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