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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Kracht
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aus einer Koprapaste kochen?) sowie deren Vermarktung weitere Gedanken zu machen. Auf einen passenden Namen für das neue Produkt werde man auf Kabakon schon gemeinsam kommen. Ja, in der Tat, man sei die ganze Zeit über zusammen nackt.
    Halsey, um es kurz zu machen, lehnte alles ab, befremdet und leicht verstört. Es tue ihm leid, aber sein Vegetarismus sei aus einer eher puritanischen Tradition erwachsen und würde in einem pragmatischen und vor allem dem Kapitalismus zugewandten Realismus münden. Der eigene Körper sei nicht eine Essenz seiner Philosophie, sicher, er existierte, aber deshalb müsse man sich nicht nackt an einen Strand legen, damit sei nun wirklich niemand zu überzeugen. Sein Gegenüber schien ihm, wenn er es so sagen dürfe, wie alle Romantiker lediglich ein Egoist Schopenhauerscher Prägung.
    Engelhardt saß eine Weile ganz still ihm gegenüber, zerriß dabei Halseys mit möglichen Namen versehenes Stück Papier in immer kleinere Schnipsel und begann dann, den armen Yankee seinerseits mit Vorwürfen zu überziehen (denn es zerfleischt sich bekanntlich niemand so ausführlich wie Menschen, deren Ideen sich ähnlich sind). Er sei ein calvinistischer Lebensfeind, und überhaupt, wer solle sich denn Würzpaste aufs Brot schmieren, er, Halsey, werde schon sehen, wo er lande, nämlich im Armenhaus, er werde scheitern mit seiner Phantasmagorie, die im Grunde nur auf Ausbeutung aufgebaut sei, denn er wolle ja industriell fertigen, statt vorzufinden, was die Natur biete, um damit im Einklang zu leben.
    So, so, aha, Kommunist, Idiot, entfuhr es Halsey, der erregt aufstand, seinen Hut vom Tische nahm und zum Ausgang der Pension eilte. Verräter unserer heiligen vegetarischen Sache, rief ihm Engelhardt hinterher, und: prüder, frühvergreister Philister. Dies aber hörte Halsey nicht mehr, da er schon längst auf der vom Regen schiefergrau gefärbten Hauptstraße von Cairns in der Menge verschwunden war, ein paarmal noch an dieser oder jener Ecke auftauchend, bis nichts mehr von ihm zu sehen und übrig war außer dem zerrissenen Papier mit den zehn, zwölf möglichen Namen für den Brotaufstrich, das Engelhardt unter den Tisch geworfen hatte und welches am Abend, unser Held war schon abgereist, vom Pensionsbesitzer zusammengekehrt und gemeinsam mit dem von Engelhardt in seinem Zimmer absichtlich vergessenen Paket Heilerde in den Küchenofen geworfen wurde. Fortan, schwor unser Freund sich, werde er sich ausschließlich von Kokosnüssen ernähren. Und die Zettel Papier, die im Augenblick ihres Verglühens schwarzen Rosen glichen, deren Blütenränder weißgelb strahlten? Vegetarians Delitz war dort auf den Schnipseln zu lesen gewesen, dann einige durchgestrichene Namen, darunter Veggie’s Might, Yeastie und Beast-Free und dann noch, klar und deutlich, zweimal unterstrichen und mit kantigen Ausrufezeichen versehen, das Wort Vegemite.
     
    ZWEITER TEIL
     
    VII
     
    Wir wollen nun über die Liebe sprechen. Es war eine betrübliche, regnerische Rückfahrt. Der Ozean lag eine deprimierende Woche grau und bleiern, erst kurz vor Sichtung der Neupommerschen Küste erschien Engelhardt die erhoffte Sonne wieder. Noch am Herbertshöher Anlegekai empfing ihn sein junger Bursche Makeli, der von Kabakon herübergesegelt war, um in der Hauptstadt der Rückkehr seines Herrn zu harren. Engelhardt ging resigniert und unglücklich von Bord. Ihm entgegen, also zum Reichspostschiff hin, marschierte ein mindestens ebenso grimmig dreinschauender, korpulenter Mann im weißen Anzug (Hartmut Otto war es, der unmanierliche Vogelhändler, der unter Flüchen Neupommern zum x-ten Male wieder verließ, en route nach Kaiser-Wilhelmsland, da man ihn erneut auf hinterlistigste Weise um eine Ladung Paradiesvogelfedern betrogen hatte). Sie nahmen voneinander keinerlei Notiz.
    Makeli spannte indes einen löchrigen Regenschirm über Engelhardts Kopf auf, um ihn vor der stechenden Sonne zu schützen, nahm ihm den kleinen Reisekoffer ab und lief eine Weile schweigend nebenher, wohl spürend, daß sein Herr unter einer großen Niedergeschlagenheit litt. Hin und her sinnierend, wie er ihn nur wieder aufmuntern könnte, entsann er sich unwillkürlich des jungen Deutschen, der im Hotel Fürst Bismarck auf Engelhardt wartete. Er solle doch nicht so traurig sein, radebrechte Makeli, schließlich habe er doch Besuch aus Deutschland. Wie, Besuch? Ja, ein junger blonder Mann (der im übrigen keinen Bissen Fleisch oder Fisch anrühre) sitze dort seit

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