In dein Herz geschrieben
Restaurant?«
»Genau.«
Mittlerweile hatten sie den kleinen Strand neben dem Sund erreicht und sahen nun die Lichter, die drüben in Atlantic Beach funkelten. Wellen schwappten ans Ufer, und Cassandra sehnte sich danach, sich die Sandalen von den Füßen zu streifen und ins Wasser zu waten, doch sie fürchtete, dass der Boden hier eher aus Schlamm als aus Sand bestand. In diesem Augenblick dämmerte es ihr.
Sie wandte sich Dennis zu, um ihm ins Gesicht zu sehen, doch die Straßenlaternen waren zu weit entfernt, um etwas zu erkennen. »Du meinst also, du verlässt die Bestattungsbranche? Was hat denn dein Vater dazu gesagt?«
»Na ja, er weiß es noch nicht. Ich habe mit Mama geredet. Sie ist sehr aufgeregt deswegen und will, dass ich ihr Café übernehme. Sie sagt, sie sei bereit, ein bisschen kürzerzutreten.«
Cassandra lachte. Der Tag, an dem diese Frau kürzertrat, wäre der Tag, an dem sie auf der Totenbahre lag.
»Ich weiß.« Dennis stimmte in ihr Lachen ein. »Aber es ist ein guter Anfang, und dann sehe ich ja, wie es weitergeht.«
»Was wirst du deinem Vater sagen?«
Dennis schüttelte den Kopf. »Die Wahrheit, schätze ich. Zumindest teilweise. Er braucht nicht zu erfahren, dass ich eigentlich nie Bestatter werden wollte. Ich sage ihm nur, dass ich nicht mehr so weiterarbeiten will.«
Dennis nahm ihre Hand, und sie gingen weiter. Sie versuchte dabei, diese Neuigkeit zu verdauen. So stolz sie auf ihn war, fürchtete sie doch, es gehe alles vielleicht zu schnell. Andererseits - sie war genau die Richtige, die so etwas sagte.
Glühwürmchen waren aus dem Gras aufgestiegen, tanzten unter den Bäumen in den Gärten umher und erinnerten sie an die Zeit, als sie noch ein kleines Mädchen war. An Tage, als es ihre einzige Sorge war, dass ihre Mutter ihr erlaubte, möglichst lange draußen zu bleiben und zu spielen.
»Aber eigentlich ist es nicht mein Verdienst.«
»Wie?« Cassandra war so in Gedanken versunken, dass sie nicht mitbekam, wovon er redete.
»Ich meine, wäre es nach mir gegangen, hätte ich wahrscheinlich nie den Mut dafür aufgebracht.«
»Das kannst du doch nicht wissen«, meinte Cassandra, obwohl es ja wahrscheinlich stimmte. Er war kein Mensch, der aus eigenem Antrieb seine Routine durchbrach. Wahrscheinlich hatte er zu viele Jahre im Schatten seines Vaters gestanden.
Er lachte leise. »Oh doch, das tue ich. Wäre Hazel nicht gewesen,
würde ich wahrscheinlich noch jetzt auf dem Sofa sitzen und mich wie ein Vollidiot fühlen.«
»Hazel?« Wovon sprach dieser Mann? Cassandra bemühte sich um einen ruhigen Tonfall, doch ihr Herz schlug plötzlich etwas schneller. »Deine Nachbarin?«
»Sie wusste, dass ich den Augenblick, dich endlich anzurufen, nur hinausgezögert habe. Es war ihre Idee, mich auf die Harley zu setzen und einfach rüberzufahren. Sie wollte, dass ich es einfach tue, statt immer nur zu grübeln.«
Hatte er Hazel von ihrer beider Krise erzählt? Und sie um ihren Rat gebeten? »Wer ist sie? Das hiesige Empfangskomitee?«
»Nein«, erwiderte Dennis lachend. »Am ersten Tag nach meinem Einzug ist sie herübergekommen. Sie sei losgeschickt worden, um den neuen Fremden auszukundschaften und anschließend Bericht zu erstatten.«
»Bericht erstatten? Wem?«
»Ihrer Familie, den Nachbarn. Offenbar ist sie mit der halben Stadt verwandt. Sie hat allein drei Cousinen erwähnt, die hier in der Gegend wohnen. Habe ich dir schon erzählt, dass die Gegend hier Promise Land heißt?«
Nett, dachte Cassandra. Dennis und seine Retterin lebten zusammen im Gelobten Land. Wofür brauchte er sie dann noch?
»Viele Leute hier haben früher in Shackleford Banks und Cape Banks gewohnt.« Dennis deutete mit dem Arm in Richtung Sund. »Da drüben, wo Fort Macon liegt. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts sind die Hurrikane so schlimm geworden, dass sie etwas finden mussten, wo sie sicherer sind. Deshalb bezeichnen sie das Viertel hier als Promise Land. Manche Häuser sind sogar auf Booten hier rübergebracht worden. Kannst du dir das vorstellen? Ich meine, wahrscheinlich haben sie sie vorher auseinandergenommen, aber trotzdem.«
Cassandra blickte zum Sund hinüber. Nein, das konnte sie sich nicht vorstellen. Aber ehrlich gesagt pfiff sie auf schwimmende Häuser und Hurrikane. Seit wann war er eigentlich zum Experten für Lokalgeschichte geworden? Er könnte glatt Führungen veranstalten.
Beruhige dich, sagte sie sich, es bringt nichts, voreilige Schlüsse zu ziehen. Hazel war
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