In dein Herz geschrieben
Chester wissen.
»Samstag«, antwortete Annie Laurie. »Und Sonntag nimmt er mich mit raus zum Fischen.«
Etwas krachte gegen das Haus, und alle erstarrten und blickten einander an. Walton kam gelaufen und sah zum Küchenfenster raus. »Nur ein Ast«, sagte er, blieb aber trotzdem am Küchenfenster stehen.
»Meine Güte«, meinte Cassandra, »wenn ein Hurrikan noch schlimmer ist als das hier, kann ich mich nur fragen, wie ihr das aushaltet.«
»Man gewöhnt sich an den Wind, wenn man hier unten lebt«, erklärte May. »Ich mag Hurrikane eigentlich ganz gern. Sie erinnern uns daran, wem dieser Ort in Wahrheit gehört. Natürlich sind die Immobilienhaie anderer Ansicht. Sie bauen einfach immer weiter. Ich habe schreckliche Angst, dass es in Carteret County eines Tages genauso aussieht wie in Myrtle Beach oder Dare County. Ich meine, Dare County haben sie schlicht und einfach kaputt gemacht.«
»Und Ocracoke auch«, warf Doris ein. »Alles dort ist inzwischen in Touristenhand. Wäre nicht jemand klug genug gewesen und hätte ein paar Verordnungen erlassen, stünden auf der ganzen Insel nur noch Hochhäuser. Aber nur das und die nationale Küstenschutzbehörde haben verhindert, dass Ocracoke zu einem zweiten Myrtle Beach wurde.«
»Oh je«, meinte Walton. »Wir sind also mal wieder so weit. Chester, wie ist es jetzt schon wieder dazu gekommen?«
Chester hob die Hände. »Ich war’s nicht. Cassandra hat damit angefangen.«
»Hey«, rief Cassandra. »Ich habe nur etwas über Hurrikane gesagt.«
»Alle lieben das Meer«, meinte May. »Und sie lieben die Inseln. Aber sie leben nun mal nicht hier. Für sie ist es nun mal nicht dasselbe wie für uns.«
»Tja«, meinte Chester, »lasst mich für einen Moment den Advokaten des Teufels spielen. Brauchen wir die Touristen nicht, um zu überleben? Ich brauche sie jedenfalls am Pier. Hector braucht sie, um seine Boote zu vermieten, und auf der Fähre auch. Das Crab Shack braucht Gäste, die zum Essen kommen. Und sogar Annie Laurie braucht sie, damit sie ihren Schnickschnack kaufen.«
»Schildkrötenengel«, gab Annie Laurie zurück und sah von ihren Karten auf. Das muss sie sich ständig anhören, dachte Cassandra.
»Ja, aber was unternehmen wir wegen der Immobilienhaie?«, fragte May. »Sie kommen einfach her und sagen, das Land sei so viel wert, wenn sie ein paar Apartmentkomplexe hinstellen könnten. Und wir sagen, nein, danke, uns gefällt es besser, wenn alles so bleibt, wie es ist, aber jetzt ist es zu spät. Die Regierung hat von dem Geld Wind bekommen, also sagen sie, oh toll, und heben die Steuern an, so dass wir uns unser eigenes Land nicht mehr leisten können. Und wer steht schon da und wartet darauf, dass er es sich unter den Nagel reißen kann? Diese gierigen Typen, die den Hals nicht vollkriegen können! Wir können nur verlieren.«
»Ich wünschte so, dass wir was tun können, um den Iron Steamer Pier zu retten«, sagte Cassandra.
Walton trat neben Chester. »Der alte Willis redet also immer noch davon, alles zu verkaufen?«
Chester nickte. »Mit dem Laden lassen sich noch nicht mal die Unkosten decken, sagt er, und er sei es leid, sich deswegen ständig Sorgen machen zu müssen. Ich habe ja schon versucht, Cassandra zu überreden, es zu kaufen, aber sie meint, ihre Millionen seien in Öl angelegt.«
»Also wirklich«, sagte Cassandra. »Ich kann nicht glauben,
dass sich der Laden nicht trägt. Es muss doch Mittel und Wege geben, um mehr Leute anzulocken.«
»Ich wünschte, du könntest das dem alten Willis mal sagen und sehen, was er dazu meint.«
»Genau so, Cassandra«, sagte Annie Laurie.
Skeeter legte den Kopf schief und lauschte wie ein Hund auf ein leises Geräusch.
»Was ist los, Junge?«, fragte Chester.
Skeeter neigte den Kopf auf die andere Seite. »Hört ihr das?«, fragte er.
Im ersten Moment hörte Cassandra gar nichts, doch dann nahm sie etwas wahr, das klang, als komme ein Fahrzeug die Straße entlang, ein Kipplaster oder was anderes mit einem schweren Motor.
Chester lauschte ebenfalls. »Ein Motorrad. Das muss ein Tourist sein. Ich kenne niemanden in der Straße hier, der ein Motorrad hat.«
Regen und Wind hatten nachgelassen, und das Dröhnen wurde lauter. Es klang, als wäre das Fahrzeug in die Einfahrt gebogen. Chester, Skeeter und Walton gingen ins Wohnzimmer. Als Cassandra ihnen folgte, standen sie am Fenster und sahen hinaus. Ein Mann mit einem schwarzen Helm und in Lederkleidung saß auf einem großen Motorrad mitten
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