In dein Herz geschrieben
sich für so schön und perfekt hält. Hab ich recht, Evelyn?«
Alle sahen Evelyn an, die schließlich nickte. »Das stimmt. Es geht um wahre Liebe. Um die unsterbliche Liebe.«
»Mir gefällt es, wenn Anne mit Captain Harville redet und Captain Wentworth den Brief an sie dalässt, damit sie ihn liest.« Mehr wollte Cassandra nicht in Chesters und Skeeters Gegenwart sagen. Es war zu peinlich.
Annie Laurie nahm das Buch von ihrem Schoß und reichte es Cassandra. »Zeig mir doch mal die Stelle«, bat sie.
Cassandra schlug die Seite im hinteren Teil des Buches auf und reichte es Annie Laurie zurück.
»Wieso liest du es uns nicht vor?«, schlug Chester vor. »Du könntest uns ein wenig Kultur näherbringen, während wir darauf warten, dass unsere Kartengeberin zurückkommt.«
»Nein«, wehrte Cassandra ab und spürte, wie sie rot wurde. »Hier, lies selber.«
»Tu es für Skeeter. Er würde es gern hören, stimmt’s, Skeeter?«
Skeeter hatte sich ein paar Schokoladenbonbons in den Mund gesteckt und konnte nicht antworten, also nickte er nur.
»Evelyn, lesen Sie vor«, schlug Annie Laurie vor.
»Nein, ich glaube nicht«, wehrte Evelyn ab.
»Genau«, stimmte Cassandra zu. »Sie haben die schönere Stimme für so was.« Sie schob das Buch Evelyn zu, wobei sie den Finger zwischen die Seiten hielt, um die Stelle zu markieren. »Es ist gegen Ende, wo Anne und Captain Harville sich darüber unterhalten, dass Männer zwar so tun, als wären sie gefühllos, in Wahrheit aber genauso weichherzig sind wie Frauen. Captain Wentworth hört sie und schreibt daraufhin den Brief.«
Evelyn betrachtete einen Moment lang das Buch, ehe sie zu lesen begann, fast wie unter Zwang. Cassandra wurde das Gefühl nicht los, dass sie den Brief mit derselben Hingabe wie Anne Elliot selbst las und die Anwesenden förmlich in die Geschichte hineinzog. Selbst Skeeter hörte auf, seine Schokoladenbonbons zu lutschen, und lauschte.
Als sie zu der Stelle kam, wo Captain Wentworth schrieb: »Sie allein haben mich nach Bath gelockt. Für Sie allein denke und plane ich«, hörten sie Schritte auf der Treppe. Die Tür ging auf, und Hector trat ein. Cassandra hatte das Gefühl, als ruhe sein Blick eine halbe Ewigkeit auf ihr, ehe er sich am Tisch umsah. »Wo ist meine Mutter?«, fragte er.
»Sie und May versöhnen sich«, antwortete Chester.
»Meine Güte, das schon wieder.« Er trat an die Spüle, um
sich die Hände zu waschen, dann kehrte er an den Tisch zurück und setzte sich neben Annie Laurie. Er beugte sich vor und küsste sie auf den Scheitel. »Hallo, Sonnenschein.«
Annie Laurie rümpfte die Nase. »Du stinkst nach Fisch.«
»Unsinn«, widersprach Hector. »Das ist der Duft des Geldes. Und da du bald Geburtstag hast, solltest du froh sein, dass ich so penetrant stinke. Was spielen wir?«
»Evelyn gibt uns gerade eine literarische Kostprobe«, meinte Chester. »Los, lassen Sie uns auch den Rest hören.«
»Ich finde, ich habe genug vorgelesen«, meinte sie und fing Cassandras Blick auf. Sie sah ein wenig traurig aus, und Cassandra ahnte, dass sie an Alastair und Donald dachte, der eine jung und voller Vitalität, der andere alt und distinguiert. Es war besser, geliebt und den Menschen verloren zu haben, als überhaupt nicht geliebt zu haben. Oder nicht? Cassandra riskierte einen kurzen Blick hin zu Hector und war Evelyn dankbar, dass sie nicht fortfahren wollte. Sie ertrug die Vorstellung nicht, wie er direkt gegenüber von ihr am Tisch saß, während diese Worte im Raum schwangen. »Sie durchbohren meine Seele.«
»Lassen Sie mich mal sehen.« Hector nahm Evelyn das Buch aus der Hand. »Was ist denn das?«
»Ein Liebesbrief«, antwortete Evelyn.
Hector sah von Evelyn zu Cassandra, ehe er den Blick auf das Buch richtete.
»Und noch dazu ein ziemlich guter«, warf Chester ein. »Ich habe vergessen, wo sie aufgehört hat, also lies ihn ruhig noch mal ganz vor.«
»Ist das die Stelle, wo er anfängt? ›Ich kann nicht länger schweigend zuhören?‹«
»Genau, das ist es.« Chester faltete die Hände hinterm Kopf und lehnte sich zurück. Nicht zum ersten Mal konnte Cassandra nur staunen, wie in einem so bodenständigen Mann wie Chester ein solcher Romantiker schlummern konnte.
Hector fing an zu lesen, und aus irgendeinem Grund hatte sein Ocracoke-Zungenschlag fast etwas Englisches. Cassandra war außerstande, den Blick von ihm zu lösen. Er verhielt sich so, als sei er tatsächlich fasziniert von den Worten, bis er zu der
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