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In deinen Augen

In deinen Augen

Titel: In deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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drinnen nichts kaputt.
    »Gott sei Dank«, stieß mein Vater hervor, als hätte ich überhaupt nichts gesagt. »Warum zum Teufel gehst du nicht an dein Handy?«
    Ungläubig sah ich ihn an. Ich ließ meine Eltern doch andauernd auf die Mailbox sprechen. Und dann rief ich sie zurück. Irgendwann. Nur weil ich heute auch ein paarmal nicht ans Telefon gegangen war, würden sie doch wohl nicht gleich Magengeschwüre kriegen.
    Mom kam ins Zimmer geschlichen, die Augen blutunterlaufen und ihr Make-up eine mittlere Katastrophe. Angesichts der Tatsache, dass sie es normalerweise schaffte, Tränen wie ein edles Accessoire aussehen zu lassen, war ich ziemlich beeindruckt. Zuerst hatte ich gedacht, dass es vielleicht um den Polizisten ging, der mich angehalten hatte, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass Mom deswegen so neben der Spur wäre.
    Argwöhnisch fragte ich: »Warum weint Mom so?«
    Die Stimme meiner Mutter klang fast wie ein Knurren. »Isabel, wir haben dir dieses Handy nicht ohne Grund gekauft!«
    Jetzt war ich doppelt beeindruckt. Nicht übel, Mom. Normalerweise überließ sie den guten Text immer meinem Vater.
    »Trägst du es denn nicht bei dir?«, fragte mein Vater.
    »Das Tragen übernimmt freundlicherweise meine Handtasche«, entgegnete ich. Mein Vater warf meiner Mutter einen Blick zu. »Ich erwarte, dass du von jetzt an immer rangehst«, sagte er dann zu mir. »Wenn du nicht gerade in der Schule sitzt oder irgendwelche wichtigen Gliedmaßen verloren hast, will ich, dass du auf Annehmen drückst und dir das Telefon ans Ohr hältst, wenn du siehst, dass wir anrufen. Ansonsten kannst du dich gleich davon verabschieden. Ein Handy ist ein –«
    »Privileg. Ja, schon klar.« Aus dem Klavierzimmer hinter mir drangen leise Geräusche; ich fing an, in meiner Handtasche zu wühlen, um sie zu übertönen. Als sie verstummten, zog ich mein Handy hervor, um zu beweisen, dass ich es dabeihatte. Es zeigte zwölf verpasste Anrufe von meinen Eltern an. Und keinen einzigen von Cole, was nach über einem Monat mit mindestens einem verpassten Anruf von ihm zu jeder Tages- und Nachtzeit irgendwie komisch war. Ich runzelte die Stirn. »Was ist denn bitte schön überhaupt los?«
    Mein Vater sagte: »Travis hat angerufen und gesagt, dass die Polizei eine Leiche im Wald gefunden hat. Ein Mädchen, und sie haben es noch nicht identifizieren können.«
    Gar nicht gut. Plötzlich war ich ziemlich froh, dass Grace hinter mir im Klavierzimmer war und seltsame Kratzgeräusche machte. Dann fiel mir auf, dass Mom mich immer noch bedeutungsvoll anstarrte; es wurde wohl eine Reaktion von mir erwartet.
    »Und da seid ihr gleich davon ausgegangen, dass irgendeine Tote auf jeden Fall ich sein muss?«, entgegnete ich.
    »Isabel, du gehst doch ständig im Wald joggen!«, fauchte Mom.
    Dann sprach mein Vater aus, womit ich schon die ganze Zeit gerechnet hatte. »Sie ist von Wölfen getötet worden.«
    Mit einem Mal wallte entsetzliche Wut in mir auf, Wut auf Sam und Cole und Grace, weil sie nichts unternommen hatten, obwohl ich ihnen gesagt hatte, dass sie es verdammt noch mal mussten.
    Aus dem Klavierzimmer ertönten noch mehr Geräusche. Ich sagte schnell etwas. »Tja, ich war den ganzen Tag erst in der Schule und dann hier. Ist einigermaßen schwierig, sich in der Schule umbringen zu lassen, was?« Und dann, weil mir klar wurde, dass ich fragen musste, damit ich mich nicht verdächtig machte: »Wann können sie denn sagen, wer es ist?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte mein Vater. »Sie haben gesagt, sie sei in einem ziemlich schlechten Zustand.«
    Mom sagte abrupt: »Ich muss mich umziehen.« Zuerst begriff ich den Grund für ihren hastigen Rückzug nicht. Dann aber kapierte ich, dass sie an den Tod meines Bruders gedacht haben musste, sich vorgestellt haben musste, wie Jack von Wölfen zerfleischt worden war. Das Problem hatte ich nicht, ich wusste ja, wie Jack wirklich gestorben war.
    Genau in diesem Moment erklang ein Rumpeln aus dem Klavierzimmer, deutlich genug, dass mein Vater misstrauisch die Augen zusammenkniff.
    »Tut mir leid, dass ich nicht ans Telefon gegangen bin«, sagte ich laut. »Ich wollte nicht, dass Mom sich so aufregt. Hey. Auf dem Nachhauseweg bin ich mit dem Auto über irgendwas drübergefahren. Kannst du dir das mal angucken?«
    Ich wartete darauf, dass er Nein sagte, dass er nach nebenan stürmte und Grace fand, die sich gerade in einen Wolf verwandelte. Stattdessen aber seufzte er und nickte, schon auf dem Weg in

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