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In deinen Augen

In deinen Augen

Titel: In deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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klebte Hundekot, weswegen sie wahrscheinlich überhaupt da draußen gestanden hatten) und schlenderte so lässig die Straße hinunter, als wäre ich dort zu Hause. Mithilfe meiner Wolfssinne, auf die ich mich nun ganz einließ, wie Sam es mir vor so langer Zeit gezeigt hatte, konnte ich in meinem Kopf ein wesentlich detaillierteres Bild meiner Umgebung schaffen, als ich mit bloßem Auge sah. Zwar lieferten mir auch all diese Informationen keine Vorstellung davon, wo ich war, aber eins wusste ich sicher: Ich war weit entfernt von Mercy Falls.
    Zumindest aber hatte ich so etwas wie einen Plan. Raus aus dieser Gegend, bevor noch jemand sein Kleid oder seine Schuhe davonspazieren sah. Ich musste ein Geschäft oder sonst einen Punkt finden, anhand dessen ich mich orientieren konnte, hoffentlich bevor ich mir in den Clogs Blasen lief. Und dann: irgendwie zurück zu Sam.
    Es war nicht gerade ein überragender Plan, aber er war alles, was ich hatte.

KAPITEL 2
ISABEL
    Ich maß die Zeit, indem ich Dienstage zählte. Drei Dienstage, bis die Sommerferien anfingen.
    Sieben Dienstage, seit Grace aus dem Krankenhaus verschwunden war.
    Fünfundfünfzig Dienstage, bis ich meinen Schulabschluss machen und endlich aus diesem verdammten Mercy Falls, Minnesota, rauskommen würde.
    Sechs Dienstage, seit ich Cole St. Clair zum letzten Mal gesehen hatte.
    Der Dienstag war der schlimmste Tag der Woche im Hause Culpeper. Krachtag. Na ja, theoretisch konnte bei uns jeder Tag zum Krachtag werden, aber der Dienstag war eine sichere Bank. Es war nun fast ein Jahr seit dem Tod meines Bruders, Jack, vergangen und nach einem gepflegten Schreimarathon, der drei Stockwerke, zwei Stunden und eine Scheidungsandrohung seitens meiner Mutter umfasst hatte, ging mein Vater tatsächlich wieder mit uns zur Therapie. Was bedeutete, dass der Mittwoch immer gleich ablief: Meine Mutter legte Parfüm auf, mein Vater hing ausnahmsweise mal nicht am Telefon und ich saß in Dads riesigem blauem Geländewagen und tat so, als stänke es darin nicht immer noch nach totem Wolf.
    Mittwochs zeigten sich alle von ihrer besten Seite. In den paar Stunden nach der Therapiesitzung – Abendessen in einem Restaurant in St. Paul, ein bisschen herrlich stumpfsinniges Shopping oder Kino – herrschte Friede, Freude, Eierkuchen. Und dann, Stunde um Stunde, entfernte sich jeder wieder langsam von diesem Ideal, bis es am nächsten Dienstag erneut Mord und Totschlag gab.
    Normalerweise versuchte ich, dienstags gar nicht erst zu Hause zu sein.
    Aber an diesem speziellen wurde ich zum Opfer meiner eigenen Unentschlossenheit. Nachdem ich von der Schule nach Hause gekommen war, konnte ich mich einfach nicht dazu überwinden, Taylor oder Madison anzurufen und mich mit ihnen zu verabreden. In der Woche zuvor war ich mit den beiden und irgendwelchen Jungs, die sie kannten, in Duluth gewesen und hatte für zweihundert Dollar Schuhe für meine Mom gekauft, für hundert ein Oberteil für mich und schließlich die Jungs dazu gebracht, uns für etwa ein Drittel dieser Summe Eis zu spendieren, das wir dann noch nicht mal aßen. Schon an dem Tag hatte ich keinen Sinn in der ganzen Aktion gesehen, außer vielleicht, Madison mit meinem lockeren Umgang mit der Kreditkarte zu schocken. Und auch heute sah ich noch keinen, da die Schuhe unbeachtet vor Moms Bett standen, das Oberteil vor meinem eigenen Spiegel zu Hause irgendwie komisch saß und ich mich nicht mal an die Namen der Jungen erinnern konnte, außer einer vagen Idee, dass der eine mit J angefangen hatte.
    Blieb noch mein anderer Zeitvertreib, mich in meinen eigenen Geländewagen zu setzen und irgendwo in einer verschwiegenen Einfahrt zu parken, um Musik zu hören, meine Gedanken abdriften zu lassen und mir vorzustellen, ich wäre irgendwo anders. Normalerweise kriegte ich damit genügend Zeit rum, um erst nach Hause zu kommen, wenn meine Mom gerade ins Bett ging und die schlimmsten Streitereien vorbei waren. Ironischerweise hatte ich damals in Kalifornien ungefähr eine Million mehr Möglichkeiten gehabt, aus dem Haus zu kommen. Damals, als ich sie noch nicht gebraucht hatte.
    Alles, was ich wollte, war Grace anrufen und mit ihr durch die Stadt schlendern oder bei ihr auf der Couch sitzen, während sie Hausaufgaben machte. Ich wusste nicht, ob das jemals wieder möglich sein würde.
    Ich wägte meine Optionen so lange gegeneinander ab, dass ich schließlich die Gelegenheit zur Flucht verpasste. Ich stand in der Eingangshalle, mein Handy, das

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