In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)
Boyd – wandte der Kamera den Rücken zu.
Sie drehte lauter.
»Jetzt kommt das Gute«, warnte Hayden vor.
»Na schön« – Willard wischte sich mit einem blutverschmierten Handrücken die Nase ab -, »ich hab Hunger, und ich will heim.« Er machte ein Gesicht wie ein vom Jäger überraschtes Kaninchen.
»Sag uns, was wir wissen wollen, und wir lassen dich gehen«, behauptete der Polizist. »Dann muss deine Mama auch nicht ins Gefängnis.«
»Na schön, ich hab Eileen Randall umgebracht. Ich hab sie am Strand getroffen und totgestochen.«
»Und was hast du noch gemacht?« Ein bartloser Charlie Boyd klopfte mit dem Stift auf die Tischplatte.
»Ich hab meinen Penis in sie reingesteckt.«
»Du meinst, du hast sie vaginal vergewaltigt?«
»Ja, oder so.«
Charlie Boyd hielt Datum und Zeitpunkt von Willards Geständnis fest.
Bevor er das Band abstellen konnte, fragte Willard: »Darf ich jetzt heim? Ich hab gesagt, was Sie wollten.«
Anya hielt das Band an. Das war kein Geständnis. Hier sprach ein eingeschüchterter Jugendlicher nach, was man ihm vorgesagt hatte. Er hatte Angst und verstand wahrscheinlich nicht einmal, was geschehen war.
»Der Schluss wurde im Prozess nicht abgespielt«, sagte Hayden. »Dieser Polizist hat alles richtig machen wollen. Und hat Riesenmist gebaut.«
Das Geständnis hätte vor Gericht niemals gezeigt werden dürfen. Es genügte den elementarsten Grundregeln der Polizeiarbeit nicht.
»Nachdem ich das gesehen hatte, habe ich beschlossen, selbst ein wenig nachzuforschen. Nick Hudson ist kein Unschuldslamm. Er war Anfang der Neunziger in Queensland hinter Gittern, wegen tätlichen Angriffs. Im Polizeiregister stehen diverse Bagatellvergehen, aber keine weiteren Verurteilungen.«
»Nette Familie.« Das würde bedeuten, dass Nick nicht zusammen mit Gloria Havelocks Vergewaltigern eingesessen und also auch keinen Zugang zu Melanies Foto gehabt hatte. Blieben noch drei Fragen: Wieso befanden sich auf zwei von Geoffs Hemden kleinere Mengen Bluts, wer hatte ihm den Brief geschrieben und wie war er an Melanies Foto gekommen.
»Hast du überprüft, wo Nick in der Nacht, in der Liz Dorman ermordet wurde, gewesen ist?«
Das Telefon klingelte, Anya hob ab und machte Hayden Zeichen, er möge sie einen Moment allein lassen. Er schlenderte in den Flur, während sie mit der Hausärztin eines Opfers sprach. Als das Gespräch zu Ende war, kehrte Hayden an die Tür zurück.
»Hudson arbeitet in einem Pub in der Nähe. Nicht angemeldet, nur bar auf die Kralle. Er behauptet, an dem Abend wären die Besitzer fortgegangen und hätten ihn gebeten, die Bar solange zu übernehmen. Das haben die Wirte auch bestätigt. Jeder Penner aus Fisherman’s Bay ist Stammgast in dem Laden, also hat er ein hieb- und stichfestes Alibi.« Er lehnte den Kopf an die Tür. »Die kennen alle einen Mann, der Leute für den Hühnerfleischbetrieb da unten einstellt. Das ist der reinste Magnet für die Typen.«
Anya fragte sich, ob Hayden Rückenschmerzen hatte und sich im Stehen wohler fühlte.
»Es ist gut möglich«, sagte er, »dass es noch viel schlimmere Fälle gibt, die uns aber nicht auffallen, weil Willard zu der Zeit hinter Gittern saß. Ich bin überzeugt, dass unser Mörder auch vorher schon zugeschlagen hat.«
»Komisch, dass du das sagst.« Anya drehte sich auf dem Stuhl nach dem leeren Faxgerät um. »Genau denselben Gedanken hatte ich auch schon.«
»Verdammt!«, sagte er und zog sich den Stuhl zwischen die Beine. »Du weißt etwas.«
So viel zur Rückenschmerztheorie, dachte sie.
Er stieß mit dem Fuß gegen Braunauge, den sie vorübergehend unter dem Tisch deponiert hatte. »Uäh, bring das zurück. Das ist ja widerlich.« Er rümpfte die Nase. »Und wegen dem Vieh stinkt’s hier drin noch übler.«
»Besten Dank.« Sie fragte sich, welchen Geruch er meinte, wenn Braunauge nicht da war. »Den bringe ich heute noch zurück. Ich geh mir nur schnell ein Paracetamol holen und nach dem anderen Faxgerät schauen. Bin gleich wieder da.«
Kurz darauf kam Anya mit einem Blisterstreifen Tabletten und einem Glas Wasser zurück. Unter dem Arm hatte sie einige Blatt Papier. »Das kam eben rein, dein Timing ist wirklich beeindruckend.« Sie zwängte sich an dem Polizisten vorbei zu ihrem Stuhl und legte die Blätter an ihrem Ende des Tisches ab. »Ein Freund hat das Nationale Coroner-Informationssystem durchsucht. Ich habe von hier aus keinen Zugriff darauf.«
Das NCIS war 1998 gegründet worden, um
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