In deiner Hand
ging stoßweiße und bei jedem Zug zischte er wie ein Dampfkessel. Dabei hielt er die dunklen Augen unverwandt auf mich gerichtet. Sein Blick verursachte mir Übelkeit.
„Bist du zufrieden?“, krächzte ich und stützte mich an meinem Bett ab, um wieder auf die Beine zu kommen. Er sprach kein Wort, starrte mich einfach nur mit diesem unergründlichen Ausdruck in den Augen an. Nun, da ich schwankend dastand, fiel es mir erstaunlich leicht die Bilderflut in meinem Kopf zurückzudrängen. Sie durfte einfach keine Macht über meine Psyche haben, das wusste ich. Sonst wäre all das mein sicherer Untergang. Man würde mich in die Klapse stecken und mich mit Tabletten ruhigstellen. Dann wäre ich aus dem Weg und Malik würde sich Mum holen. Ich kämpfte mit zusammengebissenen Zähnen gegen meine inneren Dämonen. Allmählich ließ das Toben in meinem Kopf nach und ich atmete etwas befreiter. Meine Kehle war wie ausgedörrt und ich tapste zum Bett und angelte die Wasserflasche vom Boden. Allerdings zitterten meine Hände noch immer so heftig, dass ich den verdammten Deckel einfach nicht aufbekam. Dass Gadget aufgestanden war, hatte ich gar nicht bemerkt. Er nahm mir die Flasche aus der Hand und öffnete sie. Als er sie mir hinhielt, konnte ich nichts weiter tun als seine Finger anzustarren, die den Flaschenhals umfassten. Seine Nägel waren so sauber und perfekt geschnitten, dass ich mich fragte ob er zur Maniküre ging.
„Ich muss gehen“, meinte er dann so leise, dass ich nicht sicher war, ob er überhaupt etwas gesagt hatte. Ganz automatisch umfasste ich sein Handgelenk und sah auf. „Du gehst jetzt nirgendwo hin!“ Er machte sich los und wich einen Schritt zurück.
„Er wird dir nie wieder wehtun, Verry!“ Ich unterdrückte einen Aufschrei und stürzte mich auf ihn. Mit aller Kraft trat ich ihm die Füße weg. Gadget krachte laut auf den Boden. Beide hielten wir die Luft an und lauschten. Im Haus blieb es ruhig. „Du bleibst hier“, zischte ich und fummelte nach dem Gürtel, den ich über den Türgriff gehängt hatte. Der Plan war, ihn zu fesseln und einfach in irgendeine Ecke zu rollen, bis er sich beruhigt hatte. Oder ich mich. Wir wussten beide, wohin er gehen würde, wenn er jetzt verschwand. Dieses Risiko konnte ich einfach nicht eingehen! Kurz dachte ich an diesen kranken Psychofilm, in dem eine Frau ihren Lieblingsautoren im Keller festgehalten und die Beine gebrochen hatte, damit er nicht flüchtete.
„Er bekommt was er verdient“, zischte Gadget.
„Das ist nicht deine Aufgabe. Du hast hier überhaupt nichts zu melden, Freundchen!“ Für meinen Geschmack sah ich die Sache ein wenig zu klar. Zudem rangelte ich noch mit einem Vampir am Boden meines Zimmers, als hätten wir sonst nichts Besseres zu tun. Vielleicht drehte ich ja doch durch?
„Warum bist du nicht wütend?“, flüsterte er. „Du nimmst es einfach hin.“ Ich hockte rittlings auf meinem Lehrer! Wäre Annie dabei gewesen, hätte sie mich wieder angeschrien und mir gesagt, dass ich nicht mehr alle Latten am Zaun hatte. Seine Hände drückte ich fest auf seinen Bauch. Natürlich entging mir nicht, dass der erstaunlich muskulös war. „Ich komme damit klar.“
„Du verdrängst es!“, grummelte er. „Und irgendwann bricht es einfach aus dir heraus … und wir wissen wohin das führt!“ „Keine Ahnung wovon du redest!“ Endlich gelang es mir, den Gürtel zu fassen. Hochkonzentriert wickelte ich ihn um seine Handgelenke und zog die Schnalle fest.
„Suizid!“
Ich ignorierte ihn einfach und überlegte, was ich benutzen könnte, um seine Füße festzubinden. „Früher oder später wirst du daran zerbrechen, Verry!“
„Alles klar! Bleibst du mal kurz liegen?“ Ich kletterte von ihm runter und flitzte zu meinem Schreibtisch. Dort hatte ich den schwarzen Seidenschal entdeckt, den ich von Mum geschenkt bekommen hatte. Perfekt! Irgendwo in meinem Hinterkopf flüsterte mir ein Stimmchen zu, dass ich gerade dabei war, vollkommen durchzudrehen. Auch die wurde ignoriert. Ich drehte mich schwungvoll zu Gadget um und wedelte feierlich mit dem Schal. Er spielte natürlich die Spaßbremse! Den Gürtel legte er gerade neben sich auf den Boden, als ich beleidigt eine Schnute zog. „Das funktioniert so nicht, Gadget. Du sollst doch liegen bleiben!“
„Warum nennst du mich immer so?“ Er verzog verstimmt das Gesicht und stemmte die Handflächen auf den Teppich. Kaum hatte er sich ein Stück zur Seite gedreht und ein Bein angewinkelt, damit er
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