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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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krallte meine Hände fest in sein Shirt, versuchte ihn zurück ins Zimmer zu zerren. „Du kannst auf keinen Fall zu ihm!“ Gadget seufzte und schob mich am ausgestreckten Arm von sich. „Jemand muss ihn aufhalten.“
„Ich habe alles im Griff! … Bitte! Halt dich da raus!“, flehte ich. „Du hast keine Ahnung, was du anrichtest!“
„Ich weiß was ich tue!“
„Das weißt du nicht!“, rief ich schrill. „Er wird Mum töten!“
„Soweit wird es nicht kommen!“ Er biss die Zähne fest aufeinander und seine Kiefer stachen unter der Haut scharf hervor. Als er sich erneut zum Fenster wandte, begannen die Zimmerwände nach innen zu drängen. Unaufhaltsam kamen sie auf mich zu, raubten mir den Sauerstoff, den ich zum Überleben benötigte. Ich schnappte entsetzt nach Luft.
„Bitte nicht!“, flüsterte ich tonlos. Tränen quollen heiß aus meinen Augen. „Ich flehe dich an!“ Ich ging vor ihm auf die Knie. „Bitte … Brian … tu das nicht! Du hast keine Ahnung, welche Konsequenzen das für Mum haben wird!“
Er schloss die Augen, beugte sich zu mir und lächelte traurig. „Wenn nicht ich … wer dann?“ Bevor ich etwas erwidern konnte, war er gesprungen. Gadgets Gestalt wurde sofort von den nächtlichen Schatten verschluckt. „Gott … Bitte nicht! Du machst alles nur noch schlimmer …“, rief ich, krallte mich mit allerletzter Kraft an das Fensterbrett und starrte nach draußen in die Finsternis. „KOMM ZURÜCK!“, schrie ich. „DU KANNST IHN NICHT AUFHALTEN!“

Fünfter Streich
    Meine Zimmertür wurde aufgerissen. „Verry? Was ist los?“ Mum stand da, mit einem süßen, burgunderroten Nachthemd bekleidet, dass ihr feminine Seite auf eine wunderschöne Art unterstrich. Ihre Augen blickten gehetzt vom offenen Fenster zu mir und wieder zurück. „Ich … bin … ich weiß auch nicht“, murmelte ich und gab mir große Mühe so verwirrt wie möglich auszusehen. Dass ich bis zu meinem neunten Lebensjahr schlafgewandelt war, kam mir gerade gelegen. Mum holte tief Luft. „Das ist sicher nur der Stress!“ Sie trat ans Fenster und verschloss es. „Du kannst bei mir schlafen!“ Mehr als ein leichtes Nicken brachte ich nicht zustande. Mein Herz raste wie verrückt und ununterbrochen musste ich an Gadget denken und daran, was passieren würde, wenn er Malik fand. Zu meiner großen Erleichterung hatte ich keine Ahnung, wo dieser sich wirklich aufhielt, wo er lebte, arbeitete. Wir trafen uns einmal in der Woche – Samstagnacht – in einer alten Fabrik, etwas außerhalb der Stadt, wo er sich an mir gütlich tat und mich dann wieder nach Hause schickte. Wo diese Fabrik jedoch genau lag, konnte ich nicht sagen, da ich immer von einer Limousine abgeholt wurde, deren Scheiben so dunkel waren, dass ich weder einen Blick ins Wageninnere, noch einen von drinnen nach draußen werfen konnte. In diesen Momenten fühlte ich mich immer wie lebendig begraben.
Mum zog mich hinter sich her. Mir schien, als hätte sie es verdammt eilig. Sobald wir ihr Schlafzimmer betraten schlug mir ihr warmer Duft von allen Seiten wie ein Hammer entgegen. Ich taumelte unter der Wucht des Potpourris von kuscheliger Bettwäsche, Waschmittel, Rosen- und Lavendelöl und der Kakaobuttercreme mit der sie sich Hände und Füße einschmierte, ehe sie zum Schlafen Baumwollhandschuhe und die dazugehörigen Socken überzog. Ihre Hände und Füße waren deswegen immer seidenweich und sie drängte mich öfter als nötig dazu, es ihr gleich zu tun. Bisher hatte ich mich immer geweigert und würde auch weiterhin standhaft bleiben. Mum schlüpfte unter die Bettdecke und klopfte auf das Kissen neben sich. Dass sie ihr altes Ehebett behalten hatte, lag schlichtweg daran, dass es wahnsinnig groß war und wir noch Jahre nach dem Weggang ihres ersten Mannes dort zusammen geschlafen hatten und gegenseitige Nähe und Frieden suchten. Der einzige Ort in diesem Haus, in dem ich mich in diesem Augenblick zuhause fühlte. Wie in alten Zeiten kroch ich unter die Decke und wärmte meine frierenden Füße an ihren Waden. Wir lagen beide auf der Seite und betrachteten uns schweigend. „Wie früher, als du noch ganz klein warst“, flüsterte sie und streichelte mir über die Wange. Sofort versteifte ich mich. Zwar war meine Wange immer noch stark gerötet und die frischesten Kratzer unübersehbar mit Schorf überzogen. Doch die Verletzungen vom Mittwoch waren ausnahmslos verschwunden. „Du bist so schnell erwachsen geworden.“ Sie machte ein unglückliches

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