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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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war.
    »Die Sonne scheint noch«, schnarrte er. »Komm nicht zu Grant.«
    »Und Cribari?«, fragte ich ihn. Ich zitterte immer noch und war fast atemlos. »Kannst du ihn erreichen?«
    Zee fauchte und hieb seine Faust durch den Boden des Zeltes. Er grub den Arm bis zum Ellbogen in die gefrorene Erde. »Hab es versucht. Außerhalb meiner Reichweite. Hat noch Sonne.«
    Rohw und Aaz schmiegten sich tiefer in meinen Schoß, öffneten jedoch die Augen und schoben die Schirme ihrer Mützen zurück, um ihren wütenden Bruder zu beobachten. An meiner Kehle schnurrten Dek und Mal Bon Jovis Wanted Dead Or Alive . Ich kraulte ihre Köpfe und sah Jack an. »Sag mir, was hier vorgeht.«
    »Ich war einfach etwas leichtsinnig.« Seine Offenheit überraschte mich. In der Vergangenheit war er eher verschlagen und rätselhaft gewesen. »Ich habe nicht vergessen, dass Ahsen Verbündete auf dieser Welt hat, aber ich habe ihre Fähigkeit unterschätzt, einige von ihnen zu befreien.«
    »Und das hat sie getan.«
    »Schon vor Monaten. Es muss das Erste gewesen sein, was sie getan hat, nachdem sie freigekommen ist.«
    »Ich dachte, Ahsen wäre die Einzige von deiner Art gewesen, die im Schleier eingekerkert gewesen war.«
    »Das war sie auch«, erwiderte er nach kurzem Zögern. »Aber es gibt noch andere Gefängnisse auf der Erde.«

    Ich starrte ihn verblüfft an. »Wie viele?«
    Jack sah zur Seite und rieb sich das Kinn. Der Schatten unter seinem Bart ähnelte plötzlich verdächtig einem blauen Fleck. »Eine Handvoll. Deshalb bin ich auch verschwunden. Ich hatte das Gefühl, dass eines der Siegel gebrochen wurde. Die letzten Monate habe ich damit verbracht, die anderen zu verstärken.«
    »Sind es Avatare oder auch Dämonen, die auf der Erde gefangen sind?«
    »Beides«, gab der alte Mann zu, ohne mich anzusehen. »Trotzdem war nie beabsichtigt, aus dieser Welt eine Strafkolonie zu machen, Liebes. Ganz gleich, was du denken magst.«
    Ich hatte gar nicht viel gedacht … außer vielleicht: Heilige Scheiße! Aber als ich mir diesen Planeten jetzt als ein einziges riesiges Gefängnis für Nichtmenschen vorstellte, erweiterte ich den Gedanken zu Heilige verfluchte Scheiße! Ich sah Zee und die anderen an. Rohw und Aaz starrten Jack an, während sie sich in der Nase bohrten und die Krallen leckten. Ihre Baseballcaps saßen immer noch keck auf ihren Köpfen. Zee dagegen wirkte sehr ruhig. Eindringlich, ruhig und nachdenklich zugleich. Und sehr gefährlich.
    »Wusstest du das?«, fragte ich den kleinen Dämon.
    Zee zuckte mit den Schultern. »Es ist kein Schaden entstanden. Spielt keine Rolle.«
    Was ein eindeutiges Ja bedeutete. Das Problem mit den Jungs war, dass sie einem einfach nichts erzählten, wenn sie es nicht wollten. Wenn sie der Meinung waren, dass etwas kein Problem für ihr Jägerleben war, würden sie auch keins daraus machen. Und wenn eine Jägerin nicht die richtigen Fragen stellen konnte, würde es auch niemals eine Antwort geben. Rätsel waren eben ihr Spiel. Meines musste die Geduld sein.
    »Nur ein … Siegel?« Ich sah Jack an, weil ich nicht genau
wusste, was das bedeutete, obwohl ich bereits eine Ahnung hatte. »Es ist nur ein Avatar ausgebrochen?«
    Jack musterte seine sehr menschlichen Hände. »Einer genügt bereits. Vor allem dieser. Er war Ahsens Protégé. Ebenfalls ein Meister des Göttlichen Organischen, obwohl er sich eher als einen Künstler des Fleisches sah, und nicht als einen Realisten. Er schuf … Kreaturen, die nicht hätten existieren sollen.«
    »Was für Kreaturen?«
    »Kreaturen mit einem besonderen Instinkt zu töten«, antwortete er kurz angebunden und sah Zee an. »Du kennst sie. Die Gorgo und die Harpyien. Alle Arten von Vampiren, Werwölfe, Todesfeen. Mehr als ich zählen oder mir merken kann. Erinnere dich an die finsteren Mächte der Legenden, Liebes, und du kannst die Verantwortung für alle diesem einen Avatar zuschieben.«
    Mein Kopf schmerzte. »Ich dachte …«
    »… dass Mythen nicht real sind?«, unterbrach der alte Mann unfreundlich. »Mein süßes Kind. Alles, was man sich vorstellen kann, trägt doch die Möglichkeit der Realität in sich. Wir bestehen aus lauter Möglichkeiten.«
    Von mir aus. Ich hatte keine Zeit, mich der Ungläubigkeit zu stellen, die ich bei der Vorstellung empfand, dass Vampire auf dieser Welt frei herumliefen. Herr im Himmel! Ich hatte auch so schon genug Probleme. Ich beugte mich vor und hätte fast Jacks Handgelenk umklammert. Meine Finger schwebten

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