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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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nicht unbedingt die wohlhabendste oder auch die mit den besten Beziehungen sein. Eher ist es die Person, die am stärksten an sich glaubt, diejenige mit der größten Selbstsicherheit. Und manchmal ist es auch eine Person, die bewirken kann, dass sich alle anderen unsicher fühlen.«
    »Meine Mutter hatte keine Ahnung von der Manipulation der Emotionen«, erwiderte ich, während das Eisentor hinter uns vernehmlich zuschlug. »Sie hatte nur eine bestimmte … Qualität.«
    »So wie du auch.«
    »Ich habe vorhin nicht geblufft.«
    »O doch, das hast du. Du warst eben eine wunderschöne Frau, die nicht die geringste Ahnung hatte, was los ist. Das ist eine weit bessere Vorstellung gewesen als meine.«
    Er neckte mich, aber seine Worte kamen der Wahrheit näher, als mir lieb war. Trotzdem lächelte ich und versuchte so zu tun, als hätte ich den Scherz verstanden. Mein Gesicht fühlte sich jedoch an, als bestünde es aus Plastik und Gummi.
    Grant sah mich forschend an, dann erlosch sein Humor und schlug in Mitgefühl und Sorge um. Er schlang mir den Arm um die Taille und senkte den Kopf, um mich zärtlich zu küssen. Ich fasste seinen Kopf zwischen meinen Händen und drängte
mich an ihn, sehnte mich jetzt fast gierig nach ihm. Plötzlich hatte ich Angst, dass ich nie wieder die Chance bekäme, ihn zu schmecken.
    Dann hörte ich gedämpfte Stimmen. Grant unterbrach unseren Kuss und legte seine stoppelige Wange an meine. Wir atmeten schwer, und seine schweißnasse Handfläche lag an meinem Nacken. Dek und Mal glitten über seine Hand und drückten sie gegen mich.
    »Später«, murmelte mir Grant ins Ohr - und der Griff seiner Finger verstärkte sich, während das Schnurren in meinen Ohren lauter wurde. »Wir schaffen das, Maxine. Wir stehen das hier gemeinsam durch.«
    Dann drehte er sich ein Stück zur Seite. Vater Cribari stand neben uns und beobachtete uns, fast wie ein Voyeur. Mir drehte sich der Magen um.
    »Haben Sie zufällig ein bestimmtes Ziel, zu dem Sie unterwegs sind?«, fragte er Grant.
    Der lächelte kalt. »Ich glaube, es gibt da einen Mann, der nach meiner Anwesenheit verlangt hat. Es sei denn Sie hätten gelogen und mich aus einem anderen Grund hierhergelockt.«
    Vater Lawrence runzelte die Stirn. Sein ganzer Körper geriet in eine Art Wackeln, als er auf den Zehen wippte. Sein Blick streifte mich kurz: Es war ein merkwürdig bedeutsamer Blick, als hätte er mir gern etwas unter vier Augen gesagt. Doch dann kehrte das merkwürdige Funkeln in seine Augen zurück, und er wurde wieder zu dem etwas unbeholfenen und weichen Priester. »Vater Ross ist noch nicht bereit«, murmelte er. »Er war …«
    »Er redet nicht«, unterbrach ihn Vater Cribari schnell. »Ich bezweifle ernsthaft, dass er überhaupt noch dazu in der Lage ist.«

    Ein tödlicher Ausdruck flammte in Grants Augen auf. »Was haben Sie ihm angetan, Antony?«
    »Gar nichts.«
    »Vor zehn Jahren haben Sie auch gesagt, es wäre gar nichts, als Sie versucht hatten, die anderen zu überreden, mich zu exekutieren. Oder mich zumindest einzusperren. Wie sagten Sie noch? Im Vatikan gibt es Keller, die bis zur Hölle führen .«
    »Das bilden Sie sich bloß ein«, gab Cribari zurück. »Sie führen lediglich den halben Weg zur Hölle.«
    Vater Lawrence zischte gereizt. »Bitte - und ich meine Sie beide -, das hier ist unnötig. Keiner von uns würde jemals einem anderen schaden …«
    »Die verschiedenen Offizien im Vatikan arbeiten unabhängig voneinander«, unterbrach ihn Grant barsch. »Das wissen Sie selbst, Vater Lawrence. Es gibt dort Bürokratie, und es gibt da gelegentlich auch eine stümperhafte Bürokratie, aber es gibt nur selten Verschwörungen und nur sehr wenige Geheimnisse. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil in einer Bürokratie niemand ein Geheimnis bewahren kann. Dennoch gibt es Ausnahmen. Habe ich recht, Antony?«
    Der Blick des Priesters glitt von Grant zu mir. »Ganz wie Sie meinen.«
    Grant trat ein Stück zur Seite, so dass er mich vor Cribaris Blick schützte. »Bringen Sie uns zu Vater Ross!«
    Cribari starrte Grant nach wie vor in die Augen und gab nicht nach. »Meine Einschätzung Ihrer Person hat sich bestätigt, Grant Cooperon. Und zwar erst recht aufgrund des Umgangs, den Sie pflegen.«
    »Genau.« Ich lächelte drohend. »Darüber sollten wir beide uns mal unterhalten.«
    Vater Cribari wurde blass, doch er wich weder zurück, noch
zuckte er zusammen. Grant drückte meine Hand. »Keine Spielchen, Antony. Sie haben mich aus

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